Unser Sehsinn vermittelt uns eine Vielfalt an Eindrücken, vorausgesetzt, die Augen sind gesund. Augenkrankheiten können sich ganz verschieden auswirken – und dabei möchte man doch auf keine Facette des Seheindrucks verzichten. Dr. Bernhard Bambas, 2. Vorsitzender des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands, erläutert aus Anlass der Woche des Sehens vom 8. bis 15. Oktober, welche Arten schlechten Sehens es gibt und weshalb Früherkennungsuntersuchungen so wichtig sind.

„Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Meer und schauen den Strand entlang mit bunten Strandkörben und bunten Segeln auf dem Wasser“, nennt Dr. Bambas ein Beispiel. „Wenn Ihnen das Farbsehen fehlt oder wenn es eingeschränkt ist, dann ist der Gesamteindruck ein ganz anderer. Und wenn es Ausfälle im Gesichtsfeld gibt, dann fehlen einfach Stücke des schönen Bildes.“

Unscharfes Sehen

Probleme mit der Sehschärfe fallen in der Regel leicht auf, etwa wenn ein Kind in der Schule nicht lesen kann, was an der Tafel steht. Gründe für eine mangelnde Sehschärfe sind zum einen Fehlsichtigkeiten, etwa Kurz- oder Weitsichtigkeit oder eine Hornhautverkrümmung (Astigmatismus). Aber auch der meist altersbedingte Graue Star, bei dem die Linse des Auges trüb wird, sorgt für unscharfes Sehen. Eine Fehlsichtigkeit lässt sich in der Regel gut durch eine Sehhilfe korrigieren. Der Graue Star kann durch eine Operation geheilt werden, bei der die trübe körpereigene Linse gegen ein Kunststoffimplantat ausgetauscht wird.

Farbsehschwächen oder Farbenblindheit

Farbsehschwächen wie die Rot-Grün-Schwäche, die vor allem Männer betrifft, sind oft angeboren. Eine echte Farbenblindheit ist  selten und ebenfalls meist genetisch bedingt. Angeborene Probleme mit dem Farbensehen sind bisher nicht behandelbar. Bestimmte Farbsehschwächen können aber auch mit Augenkrankheiten wie dem Glaukom verbunden sein oder durch die Einnahme von Medikamenten verursacht werden. Auch bei altersbedingten Krankheiten wie der Makuladegeneration oder dem Grauen Star verblassen die Farben. Hier gilt es, rechtzeitig die richtige Therapie zu finden.

Gesichtsfeldausfälle

Das beidäugige Gesichtsfeld eines Erwachsenen deckt normalerweise in der horizontalen Ebene etwa 180 Grad unserer Umgebung ab, in der vertikalen Ebene 60 bis 70 Grad nach oben und 70 bis 80Grad nach unten. Augenkrankheiten können ganz unterschiedliche Ausfälle im Gesichtsfeld verursachen. So geht beim Glaukom (Grüner Star) nach und nach das äußere Gesichtsfeld verloren, das zentrale Sehen bleibt aber lange erhalten. Ähnlich wirkt sich eine ererbte Netzhautdegeneration, die Retinitis Pigmentosa aus, bei der das Gesichtsfeld sich immer weiter einengt. Umgekehrt verlieren Menschen mit einer fortgeschrittenen Makuladegeneration das Sehvermögen in der Mitte des Gesichtsfelds: Dort, wohin man schaut, erkennt man gar nichts mehr. Das periphere Sehen bleibt dagegen lange erhalten. Schließlich können Schlaganfälle zu halbseitigen Gesichtsfeldausfällen führen. Augenkrankheiten wie das Glaukom, die Makuladegeneration und auch diabetische Augenkrankheiten lassen sich im Frühstadium gut behandeln, so dass es gar nicht erst zu diesen Ausfällen kommen muss – vorausgesetzt, die Krankheit wird rechtzeitig erkannt.

Fehlendes 3D-Sehen

Aus den Seheindrücken unserer beiden Augen errechnet das Gehirn einen dreidimensionalen Seheindruck. Das räumliche Sehen entwickelt sich in den ersten Lebensjahren, wenn die Augen und das Gehirn ihr Zusammenspiel mehr und mehr perfektionieren. Das kann aber nur gelingen, wenn beide Augen „gute“ Bilder an das Gehirn liefern. Schielt ein Kind oder besteht eine Sehschwäche, so dass beide Augen Bilder unterschiedlicher Qualität erzeugen, dann kann das Gehirn sie nicht zu einem Seheindruck zusammenfügen. Das schlechtere Auge wird schließlich unterdrückt, so dass eine einseitige Sehschwäche (Amblyopie) entsteht. Eine augenärztliche Untersuchung vor dem vierten Geburtstag stellt sicher, dass dies vermieden wird: Fehlsichtigkeiten lassen sich korrigieren, Schielen kann behandelt werden und auch eine bereits beginnende Amblyopie kann, wenn sie rechtzeitig erkannt wird, meist erfolgreich therapiert werden.

Die Gesundheit der Augen im Blick behalten

Damit bei der Augengesundheit „alles im Blick“ bleibt, empfiehlt Dr. Bambas, dass Kinder spätestens bis zu ihrem vierten Geburtstag in einer Augenarztpraxis untersucht werden sollten, auch wenn es keine Auffälligkeiten bei ihrem Sehvermögen gibt. Erwachsene sollten sich dessen bewusst werden, dass sich mit zunehmendem Alter schleichend Krankheiten einstellen können, deren Auswirkungen zunächst subjektiv kaum oder gar nicht wahrnehmbar sind. Deshalb ist es ab dem fünften Lebensjahrzehnt sinnvoll, regelmäßig die Chancen der Früherkennung in der Augenheilkunde zu nutzen.

Woche des Sehens

Die „Woche des Sehens“ findet bundesweit vom 8. bis 15. Oktober statt. In diesem Jahr lautet das Thema „Alles im Blick?!“. Unter der Schirmherrschaft der bekannten Fernsehjournalistin Gundula Gause machen Initiatoren und Unterstützer der Aktionswoche auf die Bedeutung eines guten Sehvermögens, die Ursachen vermeidbarer Blindheit sowie die Lage von blinden und sehbehinderten Menschen in Deutschland und den Entwicklungsländern aufmerksam. Getragen wird die Kampagne von der Christoffel-Blindenmission, dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, dem Deutschen Komitee zur Verhütung von Blindheit, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, dem Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf sowie der PRO RETINA Deutschland. Unterstützt wird sie zudem von der Aktion Mensch und ZEISS. www.woche-des-sehens.de

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