Das Schleimhautpemphigoid ist eine chronisch verlaufende, Blasen bildende Autoimmunerkrankung, die überwiegend die Schleimhäute betrifft. Am Körper können mitunter einzelne Blasen und oberflächliche Hautwunden auftreten, die mit Narbenbildung abheilen. Am häufigsten manifestiert sich die Erkrankung an der Mundschleimhaut, aber auch der Rachen, die Speiseröhre, die Genitalschleimhaut und die Schleimhaut am After können betroffen sein. Bei etwa zwei Drittel der Betroffenen sind die Bindehäute der Augen betroffen, was zur Einschränkung des Sehvermögens und im schlimmsten Fall zur Erblindung führt. Unter Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) ist nun eine Sk2-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Schleimhautpemphigoids entstanden.

Das Schleimhautpemphigoid (SHP) ist mit ca. 1-2 Neuerkrankungen auf 1 Million Menschen/Jahr eine seltene bullöse Autoimmundermatose, die überwiegend die Schleimhäute betrifft, vor allem die Mundschleimhaut, die Augen, Rachen, Luft- und Speiseröhre sowie die Genitalschleimhaut. Aufgrund seiner Seltenheit wird das Schleimhautpemphigoid häufig nicht oder zu spät erkannt.

Es erkranken vor allem ältere Menschen zwischen 60 und 80 Jahren. Bei dieser bullösen Dermatose richtet sich das eigene Immunsystem gegen Bestandteile der Haut. Spezielle Eiweißstoffe (Autoantikörper) bilden sich, die Proteine innerhalb der Basalmembran – der Verbindungsschicht zwischen Oberhaut und Lederhaut – angreifen und zu Entzündungen mit Blasenbildung führen. „Bei diesen Patientinnen und Patienten droht eine Vernarbung der Schleimhäute, die mit einer bleibenden Sehschädigung oder sogar Erblindung einhergehen kann. Vernarbungen des Kehlkopfs oder der Luft- und Speiseröhre gehen mit Beschwerden beim Sprechen, Schlucken oder Atmen einher“, erläutert Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Enno Schmidt, Oberarzt an der Universitätshautklinik Lübeck. Aus diesem Grund sei eine sehr schnell einsetzende und intensive Therapie notwendig, die das überreagierende Immunsystem unterdrücken soll.

Es gibt nur wenige Therapiestudien zum SHP, so dass die Therapie zwischen den verschiedenen Kliniken unterschiedlich ist. Auch die Diagnostik der Erkrankungen wird uneinheitlich gehandhabt, da einige Untersuchungsmethoden nicht breit verfügbar sind. Bisher lag keine Leitlinie für das Schleimhautpemphigoid im deutschsprachigen Raum vor. Ziel der Leitlinie ist, das klinische Bild einschließlich Schweregrad und Scoring-Systeme darzustellen sowie eine Anleitung für die Diagnosestellung und Therapie dieser komplexen Erkrankung zu geben. „Anders als bei den anderen bullösen Autoimmundermatosen ist beim Schleimhautpemphigoid eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zentral“, sagt Schmidt, der die Leitlinienarbeit koordinierte. Für die weitere Prognose und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten sind eine korrekte Diagnosestellung und rasche Therapieeinleitung entscheidend, um eine irreversible Vernarbung mit gravierenden Konsequenzen für die Patienten zu vermeiden.

Die Leitlinienexpertinnen und -Experten empfehlen als „diagnostischen Goldstandard“ eine direkte Immunfluoreszenzuntersuchung. Hierfür wird anhand einer Gewebeprobe aus der Umgebung der geschädigten Schleimhaut oder von der Wangenschleimhaut mittels fluoreszierender Farbstoffe analysiert, ob im Gewebe Autoantikörper nachweisbar sind. Sollte das Ergebnis negativ sein, wird die Entnahme mindestens einer weiteren Probe, und falls diese ebenfalls negativ ist, eine dritte Biopsie empfohlen. Weiterhin werden Serumantikörper gegen Basalmembranproteine wie die Pemphigoidantigene untersucht, wobei Antikörper gegen Laminin 332 von besonderer Bedeutung sind, da sie mit einem deutlich erhöhten Karzinomrisiko einhergehen.

Auch wenn die Haut nur in ca. 30 Prozent betroffen ist, kommt einer Hautbeteiligung eine zusätzliche diagnostische Bedeutung zu. „Das Schleimhautpemphigoid erfordert ein umfassendes klinisches differentialdiagnostisches Wissen. Für die Behandlung wird daher ein interdisziplinäres Team benötigt“, sagt Schmidt. Expertinnen und Experten aus der Dermatologie, Augenheilkunde, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Gynäkologie, Urologie, Zahnheilkunde und Gastroenterologie sollten die Betroffenen in spezialisierten Zentren gemeinsam behandeln.

Ziel der Behandlung ist die Unterdrückung der Bildung der Autoantikörper oder deren Reduktion im Blut und Gewebe sowie der Entzündung der Schleimhäute. Dabei werden im Akutfall Kortisonpräparate in Kombination mit weiteren Medikamenten eingesetzt. In den letzten Jahren wurde zudem über die erfolgreiche Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper Rituximab berichtet. Bei sehr ausgedehnten klinischen Formen kommen Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid, intravenöse Immunglobuline oder auch eine „Blutwäsche“ zum Einsatz. Sind die Bindehäute beteiligt, sollten zusätzlich pflegende und antientzündliche Augentropfen angewendet werden.

Durch die heute möglichen modernen Behandlungsverfahren kann für die meisten Patientinnen und Patienten eine langfristige Erscheinungsfreiheit erreicht werden. „Eine regelmäßige Betreuung der Erkrankten in spezialisierten Sprechstunden und je nach Organbeteiligung einem interdisziplinären Team ist entscheidend“, ergänzt Professor Dr. med. Silke Hofmann, Beauftragte für die Öffentlichkeitsarbeit der DDG und Koautorin der Leitlinie.

Die Leitlinie richtet sich an Dermatologinnen und Dermatologen in Klinik und Praxis und alle Behandelnde von Schleimhautpemphigoid-Patientinnen und -Patienten aus den Bereichen Ophthalmologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Gynäkologie, Gastroenterologie und Zahnmedizin.
An der S2k-Leitlinie waren insgesamt sieben Fachgesellschaften und die Pemphigus Selbsthilfegruppe beteiligt. Es liegt eine Zusammenfassung der Leitlinie für Patientinnen und Patienten vor.

Literatur:

Schmidt E et al. S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Schleimhautpemphigoids“ (AWMF-Register-Nr.: 013-102), 2022.

Informationen für Patientinnen und Patienten:

Patientenleitlinie „Diagnostik und Therapie des Schleimhautpemphigoids“ (AWMF-Register-Nr.: 013-102), 2022.

Patientenorganisation: Pemphigus und Pemphigoid Selbsthilfe e. V.

Über Deutsche Dermatologische Gesellschaft

Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) e. V. ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft der deutschsprachigen Dermatologinnen und Dermatologen. Als eine gemeinnützige Organisation mit mehr als 3.800 Mitgliedern fördert sie Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Dermatologie und ihrer Teilgebiete. Die DDG setzt sich für die Förderung der klinischen und praktischen Dermatologie, Allergologie und Venerologie sowie ihrer konservativen und operativen Teilgebiete ein. Mit der Durchführung von wissenschaftlichen Veranstaltungen und Kongressen engagiert sie sich in der Fort- und Weiterbildung, sie entwickelt Leitlinien und unterstützt Forschungsvorhaben durch Anschubfinanzierungen und Förderungen. Darüber hinaus vergibt die DDG zusammen mit der Deutschen Stiftung für Dermatologie Forschungsgelder und Stipendien an vielversprechende Nachwuchsmedizinstudierende und an namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

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