Der NABU Schleswig-Holstein kritisiert die Praxis des „Aalutsettens“ (Aale aussetzen) in Schleswig-Holstein: Deutliche Warnungen von Wissenschaftler*innen in Deutschland und der EU werden von der Politik in den Wind geschlagen. Der NABU wirft dem Fischereiministerium erneut vor, wider besseres Wissen weiterhin zum Aussterben des Aals beizutragen.

Die Situation ist bedrohlich: Der Bestand des Europäischen Aals ist um 99 % geschrumpft. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES), dem auch das renommierte deutsche Thünen-Institut angehört, hat im Herbst 2021 deshalb gefordert, dass in der EU jegliche Aalfischerei eingestellt werden müsse, wobei ausdrücklich auch Besatzmaßnahmen, wie es das „Aalutsetten“ darstellt, als nicht zielführend benannt wurden. Ende Mai 2022 hat ICES zusätzlich die von den Mitgliedstaaten im Jahr 2021 eingereichten Berichte ausgewertet und festgestellt, dass auf EU-Ebene durch Besatzmaßnahmen kein Fortschritt beim Schutz des Aals erzielt wurde. Die Abwanderung von Blankaalen in ihre Laichgebiete nimmt nicht zu und ist seit 2012 in mehreren Gebieten sogar rückläufig.

Aale lassen sich nicht züchten. Sie werden als junge Glasaale u.a. vor der französischen und spanischen Küste abgefangen und dann u.a. in Millionen-Anzahl nach Deutschland weiterverkauft. Es existiert jedoch ein reger illegaler Schwarzmarkt für Glasaale, der den Bestand zusätzlich schwächt, und dem nur durch einen vollständigen Fangstopp Einhalt geboten werden kann.

Das Aussetzen von Glasaalen ist ein gescheiterter Rettungsversuch der EU, zuvor geknüpft an die Bedingung, dass mind. 40 % der ausgesetzten Tiere in das Laichgebiet in der Sargassosee vor der Küste Floridas abwandern, um so den Bestand zu stabilisieren. Die Abwanderungsquote aus der deutschen Nordsee ins Laichgebiet ist jedoch verschwindend gering und bewegt sich im einstelligen %-Bereich. Für die Ostsee konnte bei Untersuchungen gar nicht nachgewiesen werden, dass Besatzaale in nennenswerter Zahl den Weg zurück in die Sargassosee finden. Die ausgesetzten Aale sind damit für den Bestand verloren.

Während die Wissenschaft diesen Versuchsballon als gescheitert ansieht, feiert man in Schleswig-Holstein – von der Regionalpolitik bis zum Ministerpräsidenten – diesen Beitrag zum Verschwinden des Aals durch jährlich mehrfache Besatzaktionen wie ein Volksfest. Fischer rühmen sich, angeblich den Bestand stabilisiert zu haben – ohne jegliche wissenschaftliche Grundlage.

Der NABU fordert das Land auf, den Empfehlungen des ICES sowie dem guten Beispiel anderer EU-Staaten folgend die bestandsgefährdende Fischerei auf den aussterbenden Europäischen Aal sowie die kritischen und für den Arterhalt unnützen Besatzmaßnahmen endlich einzustellen und sich in Bund und EU für ein entsprechendes EU-weites Verbot einzusetzen.

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