Forschung und Wissenschaft zählen zu den Kernaufgaben moderner wissenschaftlich geführter zoologischer Gärten. Allerdings finden Forschungsarbeiten oftmals eher unbemerkt von den Besuchern statt. Hellabrunn hat sich mit seinem Luchsweibchen jüngst an zwei Studien beteiligt. Diese verdeutlichen die Relevanz von wissenschaftlichen Untersuchungen in zoologischen Gärten sowohl für die Optimierung des Tiermanagements in menschlicher Obhut, als auch den Schutz gefährdeter Arten in ihrem natürlichen Lebensraum.

Das Hellabrunner Luchsweibchen Mia stand zuletzt unter besonderer Beobachtung: Eine Wildkamera war in ihrer Anlage aufgehängt und machte jedes Mal Bilder, wenn Mia an dieser vorbeilief. Es handelt sich dabei um ein Forschungsprojekt der Artenschutzorganisation Snow Leopard Trust, das sich Schneeleoparden, Luchsen und weiteren Katzenarten widmet. Diesen Arten ist gemeinsam, dass sie in der Natur aufgrund einer sehr heimlichen Lebensweise nur sehr schwierig zu beobachten sind. Um das Vorkommen solcher Arten in einem Gebiet festzustellen und ihre Populationen zu überwachen, kommen daher meist selbstauslösende Wildkameras zum Einsatz. Die Herausforderung ist aber, die exakte Anzahl an Tieren der entsprechenden Art zu bestimmen – schließlich könnte auch immer wieder dasselbe Individuum an der Kamera vorbeigekommen sein. Katzenarten wie etwa der Luchs besitzen individuelle Fellmuster, die dabei helfen können.

Ein Computerprogramm muss dafür erkennen können, welche Bilder dasselbe Tier zeigen – und das unabhängig von Tageszeit oder Aufnahmeperspektive. Hier kommen die Zoos ins Spiel: „Anders als im natürlichen Lebensraum können wir uns bei allen Bildern der Wildkamera in der Luchsanlage sicher sein, dass sie immer dasselbe Tier zeigen, nämlich unsere Mia“, erklärt Jonas Homburg, zoologischer Volontär in Hellabrunn. Als Mitglied der AG Wissenschaft und Forschung des Verbands der Zoologischen Gärten (VdZ) betreut und unterstützt er Forschungsvorhaben im Tierpark und hat auch die Kamera in der Luchsanlage platziert. „Wenn viele Zoos auf diese Weise Bilder ihrer Luchse aufnehmen, entsteht eine Referenzdatenbank, mit der der Computer-Algorithmus lernen kann, Individuen zuverlässig zu unterscheiden. Dies ist ein deutliches Beispiel für eine Forschungsarbeit, die ausschließlich in zoologischen Gärten durchgeführt werden kann, aber absolut wesentliche Erkenntnisse für den Schutz der Tiere im natürlichen Lebensraum liefert.“, so Homburg weiter.

Diese Verbindung von Ex-situ- und In-situ-Projekten besteht auch in einer weiteren Forschungsarbeit, an der Hellabrunn sich beteiligt. Im Rahmen des Zuchtprogramms für den Eurasischen Luchs wird ein genetisches Screening der in Zoos gehaltenen Luchse durchgeführt. Dafür wurde frischer Kot von Tierpark-Luchs Mia gesammelt und in Ethanol konserviert, damit daraus am Senckenberg Forschungsinstitut die DNA untersucht werden kann. Mit den Ergebnissen der Analyse wird es z.B. möglich sein, die geografische Herkunft der Luchse zu bestimmen, neue Zuchtpaare bestmöglich zusammenzustellen oder besonders geeignete Tiere für Auswilderungsprojekte auszuwählen. Der Luchs war in Teilen seines europäischen

Verbreitungsgebiets vollständig ausgerottet und konnte z.B. im Harz mit zoogeborenen Tieren wiederangesiedelt werden.

Tierparkdirektor Rasem Baban freut sich über die Beteiligung Hellabrunns an den Studien und betont die besondere Relevanz der Forschung in zoologischen Gärten: „Zoos und Tierparks machen auf diese Weise schwer durchführbare wissenschaftliche Untersuchungen möglich. Daraus werden nicht nur neue Erkenntnisse gewonnen, sie leisten auch wichtige Beiträge für den Erhalt bedrohter Arten in ihren Lebensräumen.“

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