In der adventistischen Taksim Kirche im Istanbuler Stadtteil Beyoğlu finden nach 54 Jahren wieder Gottesdienste statt. In dem Gebäude mit Panoramablick auf den Bosporus nahmen laut Adventist News Network (ANN) etwa 300 Besucher an der Wiedereröffnung teil. Wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse war die Kirche von den Behörden geschlossen worden.

Laut Karnik Doukmetzian, Leiter der Rechtsabteilung der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung) der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, hätten die Adventisten das Anwesen mit einem vierstöckigen Mehrzweckgebäude bereits 1927 gekauft. 1958 entstand auf dem Gelände eine Kirche ohne Turm, die von der Stadt Istanbul als Gebetshaus anerkannt worden sei. Da Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht vom Staat anerkannt seien, existierten sie juristisch nicht. Sie könnten deshalb auch keinen Besitz haben. Ihre Gottes- und Wohnhäuser dürften nur über private Stiftungen ins Grundbuch eingetragen werden.

Erben beanspruchen Immobilie

Das Eigentum sei deshalb unter dem Namen eines ausländischen kirchlichen Mitarbeiters registriert worden. Dieser kehrte wegen Krankheit in seine Heimat zurück, wo er verstarb ohne den Besitz auf seinen Nachfolger übertragen zu können. Mit dem Tod des Mitarbeiters hätten die Auseinandersetzung um das Eigentum zwischen der Familie und der Kirche begonnen, da die Familie behauptete, das Eigentum habe eher ihrem Vater als der Kirche gehört, obwohl es seit 1927 nur von Adventisten genutzt worden sei, so Doukmetzian.

2015 hätten die verbliebenen Familienmitglieder des kirchlichen Mitarbeiters entschieden, das Eigentumsrecht nicht wie vereinbart auf die Kirche zu übertragen, sondern es in Istanbul zu verkaufen. Am selben Tag, als es der adventistischen Regionalleitung in Westasien gelungen war, eine Stiftung als Rechtsgrundlage in der Türkei zu gründen, sei ein Besucher im Regionalbüro erschienen und habe erklärt, dass er als Käufer die Immobilie von den Erben erworben habe.

Da der Käufer einen Rechtsstreit mit den Adventisten vermeiden wollte, bot er die Immobilie auf dem freien Markt an. Makler seien gekommen, um das Anwesen anzusehen und zu fotografieren. Sie hätten auch bei der benachbarten römisch-katholischen Kirche wegen der Immobilie nachgefragt. Doch deren Antwort habe immer wieder gelautet, dass das Grundstück mit den Gebäuden den Adventisten gehöre und niemand anderem. „Wir schulden unserem Nachbarn Dank, der die Makler entmutigte“, sagte Denny Rumambi, Finanzvorstand der Westasien-Regionalleitung.

Der Rechtsabteilung der adventistischen Weltkirchenleitung sei es durch schnelles Handeln gelungen, das Problem zu lösen, sodass am 9. Oktober 2018 eine adventistische Stiftung als rechtmäßiger Eigentümer der Immobilie ins Grundbuch eingetragen wurde. Nach einer Renovierung konnte die Taksim Kirche wiedereröffnet werden.

Seit 1889 Adventisten in Istanbul

1889 kam mit Theodore Anthony der erste adventistische Missionar nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Er gründete 1893 eine kleine Gemeinde in Alexandretta (Iskenderun). Unter den ersten Gläubigen war auch der Armenier Zadour G. Baharian. Er wurde 1894 als erster einheimischer Pastor ordiniert. 1893 entstanden weitere adventistische Gemeinden in Konstantinopel (20 Mitglieder) sowie in Ovajuk und Bardizag (je 30 Mitglieder). 1904 gründete der aus den USA stammende Arzt Dr. A. W. George eine kleine Klinik in Istanbul. 1909 entstand in Bardizag ein theologisches Seminar. Eine Zahnklinik unter Leitung des Franzosen Dr. Girou kam 1912 in Smyrna (Izmir) hinzu. Bereits im Jahre 1909 schufen die Adventisten in Konstantinopel eine eigene Kirchenleitung, die 1910 von den osmanischen Behörden registriert wurde. Direktor des „Champ Missionaire Ottoman des Adventistes du Septième Jour“ war der aus Hamburg entsandte Schweizer Missionar Emil Eduard Frauchiger.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges gab es auf dem Gebiet der heutigen Türkei rund 350 Adventisten, die hauptsächlich armenischer Herkunft waren. Von ihnen verloren in den nachfolgenden Jahren 167 ihr Leben. Einige traten zum Islam über, um sich zu retten. Eines der ersten Opfer war der als „adventistische Vater“ bekannt gewordene Pastor Zadour G. Baharian. Er wurde 1915 während einer Missionsreise bei Sivas von türkischen Soldaten getötet. Der Geistliche sollte seinem christlichen Glauben abschwören und auf der Stelle zum Islam konvertieren. Als er sich weigerte und die Hände zum Gebet faltete, wurde er erschossen. Ihm folgten sieben weitere adventistische Pastoren, zum Teil mit ihren Familien. Zuletzt auch Diran Tcherakian.

Wer nicht gleich umgebracht wurde, starb auf Todesmärschen. Der bekannte armenische Lyriker und Hochschullehrer Tcherakian wurde 1915 Adventist. Als Wanderprediger durchzog er 1921 Anatolien, um die bedrohten und verängstigten adventistischen Gemeindemitglieder zu trösten. In Konya wurde er festgenommen und vor Gericht gestellt, da er nicht zum Widerruf seines Glaubens bereit war. Seine mitangeklagten beiden Brüder wurden gleich erschossen. Tcherakian musste monatelang zu Fuß und in Ketten, von türkischen Milizionären geschlagen und gefoltert, durch das karge Bergland Anatoliens ziehen. Nach etwa eintausend Kilometern kamen die Gefangenen Anfang Juni 1921 in der Stadt Diyarbakir am Ufer des Tigris an. Die todbringende syrische Wüste lag nun vor ihnen. Dort starb Tcherakian an Erschöpfung.

1923 hatten die meisten überlebenden Adventisten die Türkei verlassen. Die Kirchenleitung wurde bereits 1916 aufgelöst, die Kliniken und das Seminar bestanden schon seit dem Ersten Weltkrieg nicht mehr. 1948 hatten die Adventisten in Istanbul wieder 70 Mitglieder, hauptsächlich armenischer Herkunft. Für sie wurde 1958 die Taksim Kirche gebaut. Von 1964 bis 1973 gab es in Istanbul auch wieder eine kleine Klinik. 1993 existierte auch eine englische Sprachschule. Doch immer mehr armenische Adventisten wanderten aus, sodass sich ab 1994 nur noch rund 15 Gläubige in Istanbul zum Gottesdienst versammelten. Laut dem „Annual Statistical Report 2018“ der Generalkonferenz der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten gibt es in der Türkei 284 erwachsen getaufte Mitglieder.

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