Wer sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreiben möchte, kann viel falsch machen. Das beginnt beim Lebensmitteleinkauf: Ist nun der bodenständige deutsche Apfel aus monatelanger Lagerung klimafreundlicher als das knackige neuseeländische Jetset-Obst oder umgekehrt? Ideal scheinen beide Lösungen nicht zu sein; Energieverbrauch bei der Kühlung hier, CO2-Ausstoß beim Transport da – Eine eindeutige Antwort fällt selbst den Experten in diesem Fall nicht leicht. Ähnlich verhält es sich mit Hobbies: Wandern zum Beispiel scheint auf den ersten Blick eine geeignete Option zu sein; kaum erfolgt aber die Anreise ins Naturschutzgebiet mit dem SUV, ist die ganze schöne Ökobilanz sofort wieder dahin. Musizieren und Sporteln erfordern häufig eine gewisse, sich mit der Zeit abnutzende oder wartungsintensive Ausrüstung, beim Handarbeiten und Basteln entsteht als Nebenprodukt – oder gar als Hauptresultat – zumeist Abfall unterschiedlichster Kategorien, und über Hund und Katze braucht im Zusammenhang mit „Nachhaltigkeit“ erst gar nicht nachgedacht zu werden. Das schränkt die Liste möglicher Hobbies schon ein wenig ein.

Die Lösung kommt in Gestalt einer Freizeitbeschäftigung, die zwar etwas aus der Mode gekommen ist, die jedoch an Attraktivität und Potenzial für Umwelt und Gesellschaft an nichts eingebüßt hat: Das klassische Aus-dem-Fenster-Gucken. Neulinge aller Altersstufen können jederzeit und ohne vorherige ärztliche Untersuchung einsteigen, da die Risiken einer körperlichen Überlastung klein und typische Verletzungen selten sind. Anfänger brauchen keine teure Spezialausstattung und haben auch in Sachen Bekleidung völlig freie Hand. Praktiziert werden kann allein ebenso wie zu zweit oder in der Gruppe und ohne zeitliche Einschränkungen. Auch Lichtverhältnisse und Wetter spielen nur eine untergeordnete Rolle; lediglich im Winter ist zu beachten, dass das Fenster unbedingt geschlossen bleiben sollte, um nicht eine energieintensive Temperaturregulierung in den Wohnräumen erforderlich zu machen. Abgesehen davon aber ist das Aus-dem-Fenster-Gucken ein interessantes Hobby, das im Grunde nur Vorteile bietet und zudem lehrreiche Einblicke in heimische Tier- und Pflanzenwelt, menschliches Wohl- und Fehlverhalten im Straßenverkehr sowie das soziale Miteinander im Allgemeinen gibt.

Wem die Rolle des Beobachters nicht ausreicht, der kann auch aktiv werden in diesem vielseitigen Zeitvertreib und Andere zu nachhaltigerem Verhalten ermutigen. Durch gezielte Hinweise des Fenster-Guckers an seine Mitmenschen, etwa zur Mülltrennung oder zum Sinn und Zweck von Halteverbotsschildern, können nicht nur neue Kontakte geknüpft werden, sondern wird auch ganz praktisch zu einer Verbesserung des ökologischen und sozialen Miteinanders beigetragen. Echte Profis geben sich im Übrigen durch an Fensterbank und Körpergewicht angepasste Kissen oder durch taktisch angebrachte Spiegel, die auch vom Sofa aus stets freien Blick auf die Straße gewähren, zu erkennen. Die Anschaffung passenden Zubehörs ist also nicht ausgeschlossen und zwar nicht notwendig, auf Wunsch aber durchaus möglich.

Einziger Wermutstropfen ist das gelegentliche Unverständnis, auf das besonders engagierte Aus-dem-Fenster-Gucker hin und wieder stoßen. Hier hilft die Orientierung an nachhaltig agierenden Unternehmen, die weniger durch externalisierte Handlungsanweisungen auffallen als vielmehr durch eigenes, ökologisch vorbildliches Verhalten. Welche Unternehmen sich dadurch einen Ruf als besonders nachhaltig aufbauen konnten, haben wir in unserer Studie „Nachhaltigkeits-Champions“ in Kooperation mit WELT untersucht und in ein Ranking übersetzt. Falls also vor dem eigenen Fenster gerade nichts Interessantes zu sehen ist, können Sie ihr neues Hobby vielleicht noch ein wenig verschieben und vorher kurz vorbeischauen unter: www.nachhaltigkeits-champions.de

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