Der 22. Mittelstandstag des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) wird heute in Gravenbruch in Hessen eröffnet. Unter dem Leitmotiv „Den Standort Deutschland zukunftsfest machen“ geht es vor allem um die Themen Transformation und Nachhaltigkeit sowie um die Stabilisierung und Diversifikation automobiler Lieferketten.

„Die aktuellen Umstände könnten kaum herausfordernder sein: Der andauernde schreckliche Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine führt, die Politik der harten Corona-Lockdowns in China und die Knappheiten bei Halbleitern, weiteren Vorprodukten und Rohstoffen strapazieren unsere Lieferketten in nie gekanntem und nicht vorhersehbarem Ausmaß. Hinzu kommen die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland. Sanktionen, die wir aus voller Überzeugung und mit ganzer Kraft unterstützen – und die uns natürlich aber auch selbst treffen", so VDA-Präsidentin Hildegard Müller anlässlich der Eröffnung des Mittelstandstages.

„Sinkende Produktionszahlen ebenso wie massive Energie- und Rohstoffpreisanstiege belasten insbesondere den automobilen Mittelstand und stellen ihn vor große Schwierigkeiten, wenn es um die Sicherung von kurzfristiger Liquidität und Investitionen in die Transformation geht", so die VDA-Präsidentin weiter.

Hinzu kommt das generell herausfordernde Umfeld des Standorts Deutschland: eine im Vergleich der OECD-Staaten überdurchschnittliche hohe Steuerbelastung der Unternehmen, die weltweit höchsten Arbeitskosten in der Automobilindustrie und der höchste Industriestrompreis einer EU-Automobilnation. Die Corona Pandemie hat zudem einmal mehr den großen Nachholbedarf bei der Digitalisierung der Verwaltung aufgezeigt.

Hildegard Müller betont: „Für eine nachhaltige und erfolgreiche Transformation sind die Rahmenbedingungen entscheidend. Die Standortbedingungen müssen Weltspitze sein, wenn wir die Zukunft meistern wollen. Das gilt bei einem international wettbewerbsfähigen Steuer- und Abgabensystem, beim Bürokratieabbau, beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, bei der Fachkräfteausbildung, der digitalen Infrastruktur, bei der Ladeinfrastruktur oder bei der bürokratiearmen Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Wir brauchen zudem schnellere und effektivere Planungs- und Genehmigungsprozesse. Die Probleme liegen auf dem Tisch. Die Politik muss nun endlich Entscheidungen treffen."

Wichtig sei es zudem, aus den Krisen zu lernen. Nicht nur bei Gas und Öl zeige sich die Abhängigkeit Deutschlands. "Wir brauchen eine aktive Rohstoffaußenpolitik und mehr Energiepartnerschaften. Wir sehen, dass andere Staaten sehr aktiv sind und sich Zugänge sichern. Deutschland muss hier mehr als nur ein Zaungast sein." Müller gibt zu bedenken: „Wenn die Produktion aus Deutschland abwandert, ist nichts gewonnen – weder für den Wohlstand und den sozialen Frieden noch für den Klimaschutz."

Die VDA-Präsidentin betont: „Wandel durch Handel, das ist noch immer der richtige Weg. Gerade Russlands Bruch des Völkerrechts zeigt, dass wir unsere Zusammenarbeit mit anderen Ländern verstärken müssen. Wir brauchen in Deutschland und der EU eine neue, mutige und offensive Handelspolitik. Unvollendete Handels- und Investitionsabkommen wie TTIP, CETA oder Mercosur dürfen und können wir uns nicht erlauben."

„Ohne den Mittelstand geht es nicht" 

Arndt G. Kirchhoff, Vorsitzender des Beirats der KIRCHHOFF Gruppe, VDA-Vizepräsident und Vorsitzender des VDA-Mittelstandskreises, hebt hervor: „Der Mittelstand ist Jobmotor, er sichert Arbeitsplätze und Wohlstand in unserem Land. Er ist tief verwurzelt vor Ort und prägt die Identität ganzer Regionen. Und der Mittelstand ist Innovations- und Transformationstreiber. Eines ist sicher: Ohne den Mittelstand geht es nicht."

Kirchhoff weiter: „Der automobile Mittelstand steht zum Standort Deutschland. Wir haben in den zurückliegenden Jahren zahlreiche neue Produktions- und Entwicklungsstandorte in Deutschland geschaffen und tragen maßgeblich zu Ausbildung und guter Arbeit in den Regionen bei.  Was wir jetzt brauchen, ist eine flexible und weitsichtige Politik, die es uns ermöglicht, die Transformation aus eigener Kraft im Einklang mit unseren Kunden und Beschäftigten zu gestalten.“

Ungeachtet der Herausforderungen treibt die deutsche Automobilindustrie die Transformation zur Elektromobilität voran. Dafür tätigt sie gewaltige Investitionen: Allein in den Umbau von Werken in Deutschland wird sie bis 2030 mindestens 100 Milliarden Euro investieren. Und im Bereich Forschung und Entwicklung wird die deutsche Automobilindustrie allein in den Jahren 2022 bis 2026 weltweit über 220 Mrd. Euro investieren, vor allem in die Elektromobilität und die Digitalisierung. „Die großen Investitionen sind Ausdruck unseres Willens, schnellstmöglich klimaneutrale Mobilität zu ermöglichen", so Müller.

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