Die Europäische Union soll bis 2050 klimaneutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, strebt die EU-Kommission im Rahmen des sogenannten Fit-for-55-Pakets die Umsetzung des neuen Klimaziels bis 2030 an, u.a. mit einer Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (ETS). Am Dienstag stimmt der Umweltausschuss des Europaparlaments über die sogenannte ETS-Revision ab.

„Das Europaparlament hat jetzt die einmalige Chance, richtig abzustimmen,“ sagt Juliette de Grandpré, WWF-Referentin für europäische Klima- und Energiepolitik. Sie verweist darauf, dass die Emissionen in der Industrie im Emissionshandel seit Jahren stagnieren. „Jetzt kann endlich gehandelt werden, denn selbst wenn die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten nicht abgeschafft wird, sollten zumindest Fehlanreize korrigiert werden.“

Aus Sicht des WWF Deutschland sollte das Ziel der Revision sein, dass das ETS endlich die richtigen Preissignale an die Industrie sendet und deren Transformation einleitet. Denn:  Durch die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten entstehen falsche Anreize für Unternehmen, ihre Emissionen zu reduzieren und sich stärker in Richtung Klimaneutralität zu bewegen. Die Behebung dieses Problems sieht der Entwurf der EU-Kommission nicht vor. Deshalb hat das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in einer Studie im Auftrag des WWF ermittelt, wie diese Fehlanreize beseitigt und ein richtiges Preissignal gesendet werden kann.

„Die Weitergabe des Preissignals würde eine Lenkungswirkung entfalten und der Industrie Planungssicherheit geben, langfristig die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen und sich an das neue Paradigma der Klimaneutralität anzupassen“, sagt de Grandpré. „Die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips wird dazu führen, dass der Verursacher für die Emissionen zahlt und nicht die Gesellschaft als Ganzes.“

Dies tritt allerdings nicht ein, wenn die CO2-Grenzausgleichsabgabe (CBAM) und die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten sich in einer Übergangszeit von zehn Jahren überschneiden. CBAM soll sicherstellen, dass in die EU importierte Produkte die gleichen CO2-Kosten aufweisen wie in der EU hergestellte Produkte. „Die Überschneidung zwischen CBAM und freier Zuteilung im ETS muss beseitigt werden“, fordert de Grandpré. Die WWF-Expertin verweist dazu auf konkrete Vorschläge der FÖS-Studie.

Diese schlägt drei Maßnahmen vor, wie die Fehlanreize durch die kostenlose Zuteilung im ETS reduziert werden können und die Industrie schneller klimaneutral wird:  

  • Die Überschneidung zwischen dem CBAM und freier Zuteilung im ETS in einer Übergangszeit von zehn Jahren, wie es die Kommission vorschlägt, muss beseitigt werden. Der WWF fordert, dass die kostenlose Zuteilung ab 2023 ganz eingestellt wird.
  • Die kostenlose Zuteilung sollte an Bedingungen geknüpft werden. Unternehmen, welche die kostenlose Zuteilung erhalten, sollten nachweisen, dass sie in Energieeffizienz und Klimaschutzmaßnahmen investieren. Setzen Unternehmen diese Maßnahmen nicht um, sollte die kostenlose Zuteilung um 80 Prozent gekürzt werden. 
  • Unternehmen, die ihre Industrieanlagen bereits auf klimaneutrale Verfahren umgestellt haben, sollten die kostenlose Zuteilung als Anreiz und zur weiteren Finanzierung ihrer Dekarbonisierung erhalten. 
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