Zum 1. Oktober 2022 soll der gesetzlich vorgegebene Mindestlohn in Deutschland auf 12 Euro pro Stunde steigen. Der Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V. (VPKA) sieht dies kritisch. Die Erhöhung sei ein fragwürdiger Eingriff in die Tarifautonomie. Sie löse womöglich eine Kettenreaktion quer durch alle Lohngruppen aus. Dies könnte in vielen Tarifwerken zu einer spürbaren Verteuerung führen und damit die ohnehin problematische, hohe Inflationssituation verstärken. Die im Krisenmodus befindlichen Kliniken würden mit weiteren Kosten belastet, vor allem im Bereich der Reha- und Vorsorgeeinrichtungen, mahnt der Geschäftsführer des Verbandes, Michael Strobach.

„Tarifautonomie bedeutet, dass Unternehmen das Recht auf eine eigenständige Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen anhand von Tarifverträgen haben. Wir sehen die neuen Vorgaben als Einschnitt in dieses Recht“, erklärt Michael Strobach und betont, der VPKA Bayern habe seit Jahren ein etabliertes und funktionierendes Tarifsystem mit ver.di und dem Marburger Bund. Auch die Arbeit der ständigen unabhängigen Mindestlohnkommission der Bundesregierung habe bislang bestens funktioniert. Deren Aufgabe ist es zu prüfen, welche Höhe des Mindestlohns geeignet ist, um einerseits einen angemessenen Schutz der Arbeitnehmer:innen zu gewährleisten und andererseits auf faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen für die betroffenen Arbeitgeber zu achten. Die Kommission hatte zuletzt am 30. Juni 2020 eine mehrstufige Anhebung des Mindestlohns beschlossen, die als vorerst letzten Schritt zum 1. Juli 2022 einen Anstieg auf brutto 10,45 Euro vorsieht. „Warum der Gesetzgeber jetzt noch eine weitere Erhöhung im Oktober draufsattelt, ist uns angesichts der kritischen wirtschaftlichen Lage, in der sich viele Branchen seit Beginn der Pandemie befinden, nicht erklärlich“, kritisiert Strobach.

Das zentrale Problem bei der geplanten Erhöhung des Mindestlohns ist laut Strobach aber, dass diese zu Forderungen nach Lohnanstiegen quer durch alle Entgeltstufen führen kann. „Es werden bereits jetzt Forderungen laut, den Verdienstabstand zwischen den einzelnen Lohngruppen zu wahren. Konkret bedeutet dies, dass die Anhebung des Verdienstes in Entgeltstufe 1 eine Anhebung in allen folgenden Lohngruppen entlang der gesamten Gehaltstabelle nach sich ziehen könnte – die Folge ist ein deutlicher Anstieg der Personalkosten insgesamt.“

Die Kliniken hätten seit zwei Jahren mit coronabedingten Einnahmeausfällen und steigenden Kosten für Medizin- und Hygieneprodukte zu kämpfen. Hinzu kämen aktuelle Rückforderungen staatlicher Unterstützungsleistungen. „In diesen sehr angespannten Zeiten bedeutet ein spürbarer Anstieg der Personalkosten ein enormes finanzielles Problem“, befürchtet er. Das gelte gleichermaßen für Krankenhäuser wie auch für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen. „Denn sie können steigende Löhne nicht durch höhere Umsätze oder Anhebung der Preise erwirtschaften. Eine freie Preisgestaltung im Gesundheitswesen ist im Gegensatz zur freien Wirtschaft nicht möglich.“

Der VPKA schließt sich daher der Forderung des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken e.V. (BDPK) an den Gesetzgeber an. Zudem müsste zumindest die Refinanzierung der Personalkostensteigerungen gewährleistet werden.

Über den Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V.

Der Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA) setzt sich als dynamischer und praxisnaher Verband seit mehr als 70 Jahren bayernweit für die inhaltlichen Belange der privaten Akut- und Rehakliniken ein. Er vertritt als größter Landesverband rund 170 Einrichtungen mit knapp 30.000 Betten. Sein Ziel ist eine qualitativ hochwertige, innovative und wirtschaftliche Patientenversorgung in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken. Neben der Beratung seiner Mitglieder vertritt er die Belange der Privatkrankenanstalten in gesellschaftlichen, sozialpolitischen und tariflichen Angelegenheiten.

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