Die sogenannte genomweite Assoziationsstudie (GWAS) des JKI brachte aber noch mehr zum Vorschein: „Wir haben erstmals QTL bestimmen können, die mit geringen Ertragsverlusten durch das Virus assoziiert waren“, erklärt Anne-Kathrin Pfrieme, die am JKI-Fachinstitut für Resistenzforschung und Stresstoleranz ihre Doktorarbeit zum Thema anfertigt. QTL (engl. quantitative trait loci) sind Abschnitte im Genom, die mit quantitativen Merkmalen in Verbindung stehen – Eigenschaften wie Größe, Gewicht oder eben Krankheitsresistenz. Diese graduell messbaren Eigenschaften sind das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedener Gene. Von den 35 zuerst identifizierten Gen-Orten blieben nach Tests 14 übrig, die sich konstant mit geringen Ertragsverlusten durch Infektionen mit dem Weizenverzwergungsvirus in Verbindung bringen ließen. „Mit Hilfe genetischer Marker könnten diese QTL künftig in Eliteweizenlinien eingekreuzt werden, um so resistente Sorten zu erzeugen“, beschreibt Pfrieme die Bedeutung ihrer Forschungsergebnisse für die Praxis. Das Interesse verschiedener Züchtungsunternehmen, welche gemeinsam mit der Gesellschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e.V. an der Forschung beteiligt waren, sei groß, zumal das Virus nicht bekämpft werden kann und gegen die Zikade, die es überträgt, innerhalb der EU kein Pflanzenschutzmittel zugelassen ist.
Hintergrund
Viele Zikaden- und Blattlausarten profitieren vom Klimawandel, weil die höheren Temperaturen ihnen eine längere Aktivitätszeit und zum Teil eine zusätzliche Generation von Nachkommen ermöglichen. Das hat jüngst eine Erhebung mit einer Insektensaugfalle am JKI-Standort Quedlinburg erneut belegt (zur Presseinformation). Gerade die Region des westlichen Sachsen-Anhalts ist hierbei besonders vom Klimawandel in Form von Temperaturanstieg und Trockenheit getroffen. Dabei nehmen auch die von diesen Vektoren übertragenen Viruskrankheiten zu.
Das Weizenverzwergungsvirus breitete sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in ganz Europa aus. Es befällt neben Weizen auch Gerste und andere Getreide. Heute zählt es zu den bedeutenden Getreidekrankheiten in Europa, Asien und Afrika. Übertragen wird es im Herbst durch erwachsene Wandersandzirpen (Psammotettix alienus). Eine Sekundärinfektion durch Nymphen der Zikade ist im Frühjahr möglich. Eine Infektion äußert sich durch gestreifte Einfärbung der Blätter, Chlorose, verringerte Zahl an Ähren, reduzierte Winterfestigkeit und das Absterben von Pflanzen in frühen Entwicklungsstadien.
Da Viren sich nicht mit Pflanzenschutzmitteln bekämpfen lassen und zum Teil auch Wirkstoffe für einen umweltverträglichen Einsatz gegen die Vektoren fehlen, bekommt die Züchtung von Sorten, die resistent gegen die Krankheitserreger sind, eine zunehmende Bedeutung.
Publikation
Pfrieme A-K., Ruckwied B., Habekuß A., Will T., Stahl A., Pillen K. und Ordon F. (2022): Identification and Validation of Quantitative Trait Loci for Wheat Dwarf Virus Resistance in Wheat (Triticum aestivum). Front. Plant Sci. Doi: https://doi.org/10.3389/fpls.2022.828639
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