• Neue Form der Ausbildung lässt kaum Zeit für Beziehungsaufbau und Vertiefung
  • Altenpflege hat fachlich und zeitlich das Nachsehen
  • Verbände und Politik sind dringend zum Nachjustieren aufgerufen

„Die vermeintlichen Vorteile einer generalistischen Berufsausbildung in der Altenpflege haben sich für uns schon zwei Jahre nach deren Einführung schlichtweg entzaubert“, vermerkt Kaspar Pfister, Geschäftsführender Gesellschafter der bundesweit tätigen BeneVit Gruppe.

„Die Azubis sind ja kaum noch bei uns in den Pflegeheimen anzutreffen, da die Ausbildung in Krankenhäusern, Ambulanten Diensten, Psychiatrien und Berufsschulen einen Großteil der Ausbildungszeit in Anspruch nimmt. Das Selbstverständnis der Ausbildung wird dadurch ausschließlich auf den späteren Einsatz außerhalb der Pflege alter und hilfebedürftiger Menschen ausgerichtet. Die Altenhilfe spielt berufsfachlich und von der Haltung her keine große Rolle mehr und wird das Nachsehen haben. Dabei bedürfen junge Menschen einer mentalen Begleitung, Orientierung und Führung durch die Ausbildung hindurch“, ist sich der BeneVit Chef sicher.

„Ich investiere viel Zeit und Geld, damit ich Fachkräfte für meine Einrichtungen gewinne. Im derzeitigen System ist es kaum noch möglich die Azubis kennen zu lernen, geschweige denn ihnen das zu vermitteln, was sie für ihre künftige Fachkrafttätigkeit im BeneVit Hausgemeinschaftskonzept brauchen “, so Pfister weiter.

Diese Form der Ausbildung lasse die Entstehung von menschlichen Beziehungen – eine grundlegende Voraussetzung einer guten Altenpflege – gar nicht zu, nimmt die BeneVit Gruppe wahr.

„In der Akutpflege, bei Krankenhausaufenthalten von wenigen Tagen, braucht es den Beziehungsaufbau weniger als in der Langzeitpflege. Unsere Bewohnerinnen und Bewohner leben aber durchschnittlich über drei Jahre bei uns, einige auch bis zu 10 Jahren und mehr. Da benötigt es neben pflegefachlichen Themen Zeit für Zuwendung, mentale Stärke, Teamfähigkeit und eine konzentrierte und ruhige Form des Erlernens und Ausführens; ein menschliches Miteinander. Durch das unruhige „Gehopse“ durch die Module der Ausbildung, hindurch, ist das schlichtweg nicht möglich. Wir haben uns mit dieser Form der Ausbildung einen Bärendienst erwiesen und trauern bereits heute dem bisherigen Ausbildungsgang nach. Wenn die Auszubildenden heute eines lernen, dann ist es das: Altenpflege ist weniger spannend als Krankenhaus. Und bezahlt wird dort auch besser“, macht Kaspar Pfister seinem Unmut Luft.

Die BeneVit Gruppe hatte von je her größtes Augenmerk auf eine qualifizierte und umfassende Ausbildung gelegt und viele Praxisanleiter herangebildet. Ein bedeutender Teil aller Fach- und Führungskräfte der Unternehmensgruppe wurde zudem innerhalb der BeneVit Gruppe ausgebildet und hatten dann die eigene Karriere im Unternehmen begründet. Weit mehr als 1.200 Auszubildende absolvierten in den letzten 10 Jahren eine Berufsausbildung bei der BeneVit Gruppe.

Mit dem Pflegeberufegesetz entstand im Jahr 2020 ein neues Berufsbild durch die Zusammenführung der drei bisherigen Pflegefachberufe in den Bereichen der „Altenpflege“, „Gesundheits- und Krankenpflege“ und „Gesundheits- und Kinderkrankenpflege“. Die neue, generalistische Pflegeausbildung befähige, so der Ansatz des Gesetzes, die Auszubildenden zur Pflege von Menschen aller Altersstufen in allen Versorgungsbereichen. Damit stünden diesen Auszubildenden im Berufsleben bessere Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten offen. Aufgrund der automatischen Anerkennung des generalistischen Berufsabschlusses gilt dieser auch in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, so das Gesetz.

BeneVit Gruppe überdenkt Starts von weiteren Ausbildungsgängen

„Wir überlegen sehr intensiv, ob wir als Unternehmensgruppe im Jahr 2023 die Berufsausbildung gänzlich einstellen. Zwei Drittel meiner Pflegedienstleitungen würden diesen Schritt befürworten. Derzeit befinden sich insgesamt gut 230 junge Menschen bei uns in der Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann. Erst im Jahr 2026 will die Politik die neuartige Ausbildung der Pflegeberufe und deren Auswirkungen für die Branche evaluieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass muss früher geschehen. Es braucht zumindest ein zügiges Nachjustieren der Inhalte und Modulzeiten. Es ärgert mich zunehmend, dass bei allen Reformen und Neustrukturierungen immer die Unternehmen der Altenpflege das Nachsehen haben. Gerade wo doch dort jede pflegende Hand so nötig gebraucht wird“, so Pfister.

Über die Benevit Holding GmbH

Die BeneVit Gruppe erbringt seit dem Jahr 2004 Dienstleistungen für ältere, pflege- und betreuungsbedürftige Menschen. Die Unternehmensgruppe ist bundesweit an 29 Standorten tätig und betreibt 26 stationäre Pflegeeinrichtungen mit rund 1.700 Plätzen in fünf Bundesländern. Dies über­wiegend nach dem BeneVit-Hausgemeinschaftskonzept, in Wohngruppen mit 10-15 Bewohnern. In den ambulanten Diensten der Gruppe werden rund 900 pflegebedürftige Menschen versorgt. Zusätzlich wird teilstationäre Pflege eingestreut und in 4 solitären Tagespflegeeinrichtungen angeboten, ebenso barrierefreie und betreute Wohnformen. Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten bundesweit für die BeneVit Gruppe.

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