Zum 1. Mai 2022 soll die Photovoltaik-Pflicht für den Wohnungsneubau in Kraft treten und ab 1. Januar 2023 schließlich auch bei grundlegenden Dachsanierungen gelten. Dass Dach- und Fassadenflächen in Zukunft stärker zur erneuerbaren Energiegewinnung genutzt werden müssen, ist unstrittig. Es kommt dabei weniger auf das „ob“, sondern vielmehr auf das „wie“ an. Das baden-württembergische Dachdeckerhandwerk ist bereit, die Energiewende im Gebäudesektor maßgeblich voranzutreiben. Doch der jetzt vorgelegte Verordnungsentwurf stellt dafür eine denkbar ungeeignete Grundlage dar.

„Nachdem im vergangenen Monat die Verbändeanhörung zum Referentenentwurf der geänderten PV-Pflicht-Verordnung bereits in Rekordtempo durchgepeitscht wurde, soll nun in Kürze der offizielle Kabinettsbeschluss folgen“, erklärt Karl-Heinz Krawczyk, Landesinnungsmeister des Landesverbands des Dachdeckerhandwerks Baden-Württemberg. Der Verordnungsentwurf lasse bislang mehr als nur eine Frage offen. Insbesondere das Verständnis des Umweltministeriums, welche baulichen Maßnahmen einer grundlegenden Dachsanierung entsprächen, hinterlassen große Fragezeichen.

Landesinnungsmeister Krawczyk: „An der Fassung der geänderten PV-Pflicht-Verordnung, die kurz vor der Verabschiedung steht, ist sehr gut zu erkennen, was geschieht, wenn die entsprechenden Fachgewerke nicht ausreichend einbezogen und angehört werden.“

Im Gebäudebestand soll die Pflicht zur Installation einer PV-Anlage künftig nicht pauschal, sondern erst im Falle einer grundlegenden Dachsanierung ausgelöst werden. Als problematisch erweist es sich jedoch, dass laut des vorgelegten Verordnungsentwurf unter einer „grundlegenden Dachsanierung“ alle Baumaßnahmen zu verstehen sind, bei denen die Abdichtung oder die Eindeckung eines Daches vollständig erneuert wird. Eine Erneuerung der unter der Abdichtung oder Eindeckung eines Daches liegenden Lattungen, Schalungen oder Dämmschichten wird nicht vorausgesetzt. Unabhängig davon, ob sich dies aus anderen Rechtsvorschriften wie dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ergibt.

„Die bisherige Begriffsbestimmung einer grundlegenden Dachsanierung lässt den Schluss zu, dass in Zukunft jede klassische Umdeckung ausreichen könnte, um den Tatbestand der PV-Pflicht auszulösen. Das ist weder aus ökologischer noch aus ökonomischer Sicht sinnvoll“, hebt Karl-Heinz Krawczyk hervor.

Ein wichtiger Aspekt, der bei der Installation von PV-Anlagen auf Bestandsdächern immer berücksichtigt werden muss, ist die Feuchtigkeit im Dachpaket und der Zustand des Daches. Der Status Quo des aktuellen Daches ist anfangs zwingend zu ermitteln. Je nach ermitteltem Dachzustand kann es nämlich Sinn machen, eine Sanierung vorzuziehen und erst dann die PV-Anlage zu installieren.

Krawczyk abschließend: „Es darf insgesamt nicht so weit kommen, dass wir nun damit anfangen, flächendeckend auf energieineffizienten Dächern ohne energetische Dämmung massenhaft PV-Anlagen zu installieren, die bereits nach wenigen Jahren wieder demontiert werden müssen, weil die Dämmung ausgetauscht werden muss. Wenn das jedoch die verfolgte Zielsetzung der grün-schwarzen Landesregierung ist, haben wir definitiv eine grundsätzlich andere Auffassung davon, was Nachhaltigkeit ist“.

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