Fleischermeister Lukas Lay ist auf dem Sprung. Er will noch drei Mangalica-Schweine zerlegen. Ein neues Geschäftsfeld: „Wir wollen eine eigene Zucht aufbauen“, erzählt der Chef der Schlachterei und Fleischerei Lay in Veenhusen an der Moormerlandstraße 2. Mit wir meint er Gerd-Lüken Janßen vom Fuddenhof in Holtrop. Der Landwirt scharrt schon mit den Füßen. Bei der ersten Verarbeitung der Bio-Schweine will er dem Meister über die Schulter schauen. „Es ist sehr edles, leckeres Fleisch. Viel dunkler als das Bekannte. Normalerweise wird es an Sterneküchen verkauft“, erzählt der Hofbesitzer von den seltenen Wollschweinen.

Das ist eine der vielen Veränderungen, die Lukas Lay als neuer Geschäftsführer eingeführt hat. Gemeinsam mit seiner Frau Wiebke, gelernte Lebensmittelfachverkäuferin, haben sie das Ruder des Traditionsunternehmens im Januar 2021 übernommen. „Ich wollte das jetzt. Nicht erst, wenn ich 40 bin und mein Vater 70 Jahre alt ist“, sagt der 31-jährige Familienvater von drei Kindern. Jetzt könne er noch von den Erfahrungen seiner Eltern profitieren und noch einiges angehen.

Antje und Gerhard Lay haben die Naturschlachterei vor 35 Jahren gegründet, mit einem Haupthaus in Veenhusen und einer Filiale in Leer-Loga. Von ihren vier Kindern kristallisierte sich früh heraus, dass Lukas in ihre Fußstapfen treten wird. „Ich bin in die Firma reingewachsen. Als kleiner Junge habe ich schon vor dem Geschäft Bratwürstchen verkauft“, erzählt er. Mit seinem jüngeren Bruder Andreas, gelernter Konditormeister, einigte er sich vor der Lehrzeit, dass er in die Fleischerbranche einsteigen wird. Sein Bruder Focko betreibt als Zweiradmechanikermeister ein Fahrradgeschäft in Uplengen/Remels und seine Schwester Theresa ist Ergotherapeutin in Papenburg. „Wenn ich rufe, kommen alle. Wir helfen uns gegenseitig“, so Lay.

Zwistigkeiten wurden von Anfang an aus dem Weg geräumt. „Die Familie ist das Wichtigste. Bei der Nachfolgeregelung müssen sich alle einig sein. Niemand darf sich benachteiligt fühlen oder unzufrieden sein. Wenn man sich wegen Erbfragen streitet, hat das alles keinen Sinn“, erzählt Lukas Lay von der Übernahme, die von langer Hand geplant war. Dafür nahm er die Beratungsleistung der Handwerkskammer für Ostfriesland in Anspruch. Gespräche mit Steuerberatern, Rechtsanwälten, Banken und Notaren standen an, um „alles rechtlich und finanziell auf sichere Beine zu stellen“, sagt er.

Die Nachfolge in einer Fleischerei anzugehen, ist keine Selbstverständlichkeit. „Viele Betriebe schließen momentan“, wirft sein Vater Gerhard ein, der aus dem Verkaufsraum kommt und sich kurz ins Gespräch einbringt. Zwei seien es derzeit in Rhauderfehn und einer in Varel. Es sei schwierig, Interessenten zu finden. Denn „den Fleischerberuf muss man lieben und leben. Für mich ist es keine Arbeit, sondern eine Berufung“, betont Lukas Lay. Besonders zu Feiertagen, in der Vorweihnachtszeit und zum Jahreswechsel sei das Arbeitspensum enorm. Aber die Mühe sei es Wert, sagt er und zeigt auf seinem Smartphone eine Whatsapp-Nachricht. Darin bedankt sich ein Kunde für die leckeren Steaks und lobt ihn für seine Arbeit. „Es macht mich glücklich, wenn sich die Menschen genauso über das gute Produkt freuen wie ich.“

Bei der Herstellung der umfangreichen Fleisch- und Wurstwaren legt der Fleischdesigner – wie er seinen Beruf auch nennt – sehr viel Wert auf hohe Qualität, Handarbeit und Liebe zum Detail. Dabei werden auch ostfriesische Traditionen gewahrt und historische, regionale Rezepte verwendet. Beliebt sind Spezialitäten wie über Buchenrauch geräucherte Würste und Schinken, ostfriesischer Landschinken, eine große Auswahl an Wurst- und Fertiggerichten im Glas sowie Steak- und Grillgewürze. In der Schlachterei mit zehn Mitarbeitern werden die Weiderinder, Lämmer, Schweine und Geflügel „verantwortungsbewusst geschlachtet und traditionell handwerklich weiterverarbeitet“.

Bei allem, so betont Lay, stehe das Tierwohl im Vordergrund. Bereits seine Eltern hätten die Tiere nur von ausgesuchten Familienbetrieben aus der Umgebung bezogen, „die unser Vertrauen genießen“. Eine Philosophie, die Lay beibehält und mit einer eigenen Bio-Linie von zertifizierten Höfen ausgebaut hat. Aber auch im Gebäudebestand ist er umtriebig. Zukünftig möchte er die komplette Produktion auf den neuesten Stand der Technik umstellen. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und eine Wärmerückgewinnungs-Anlage für die Kühlhäuser hat er bereits installieren lassen, um sich auch energetisch selbst zu versorgen. „Wir sind einer der wenigen Fleischereien, die zu 100 Prozent alles selbst produzieren und verwerten. Und das wollen wir auch mit unseren nachhaltigen Umbaumaßnahmen erreichen.“

Handwerksbetriebe, die die Nachfolge regeln wollen, können sich kostenfrei an die Betriebsberatung der Handwerkskammer für Ostfriesland wenden. Ansprechpartnerin ist Svea Janssen, erreichbar unter Tel. 04941 1797-29 oder E-Mail s.janssen@hwk-aurich.de

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