„Die deutsche Bauwirtschaft spürt aktuell massiv die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die verhängten Sanktionen gegen Russland. Nach den bereits erheblichen Preissteigerungen für Baumaterialien infolge der Coronapandemie stehen die deutschen Bauunternehmen jetzt vor dem Problem, dass die Preise für Baustoffe, Treibstoffe, Logistik- und Transportleistungen in Zusammenhang mit der Ukrainekrise geradezu explodieren. „Die Situation spitzt sich auch mit Blick auf die Verfügbarkeit von Materialien täglich noch weiter zu“, warnt Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB) e.V. Es drohten Stillstände auf Baustellen. Für Baufirmen bestehe vielfach eine existenzielle Bedrohung. Zusammen mit weiteren Bauverbänden hat sich die BVMB jetzt in einem Brandbrief an mehrere Bundesminister gewandt und eine gerechte und faire Verteilung der Auswirkungen des Ukrainekriegs gefordert.

„Die Lage ist dramatisch für die deutsche Bauwirtschaft“

„Die Lage ist für die deutsche Bauwirtschaft aktuell dramatisch“, bringt es Gilka auf den Punkt. Zulieferer der Bauwirtschaft geben für ihre Produkte, die die Bauunternehmen dringend als Grundlage für ihre Bauleistungen benötigen, allenfalls noch Tagespreise an die Baufirmen ab und schließen inzwischen eine Garantie für die Lieferungen zunehmend aus. Das gilt für Asphalt und Bitumen, für Bau- und Konstruktionsstahl, für Spundwände, Rohre, Roheisen, Aluminium, Kupfer, Kraftstoffe, Energie und viele weitere Baustoffe und Stoffe, die entweder in der Ukraine oder in Russland produziert werden oder von dort geliefert werden bzw. zur Weiterverarbeitung von Baustoffen notwendig sind.

Für Bauunternehmen stellt das laut Gilka eine vielfach existenzielle Bedrohung dar: Sie sind grundsätzlich erst einmal vertraglich an die ursprünglich vereinbarten Preise gegenüber den Auftraggebern gebunden und auf deren Fairness und Bereitschaft angewiesen, diese völlig überraschende Preisexplosion mitzutragen. Genau dazu ruft die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V. jetzt gemeinsam mit weiteren führenden Bauverbänden wie dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, dem Verband der Bahnindustrie und weiteren Organisationen mehrere Bundesminister auf.

Konkret wenden sich die Verbände an Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing, Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck, Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesbauministerin Klara Geywitz.

Runder Tisch gefordert

„Wir appellieren an die Minister, jetzt schnell einen Runden Tisch einzuberufen, an dem neben den Ministerien auch wichtige öffentliche Auftraggeber wie die Autobahn GmbH, die DEGES und die DB AG teilnehmen, um eine partnerschaftliche Abstimmung zu erreichen, welche praktikablen Maßnahmen und Vereinbarungen kurzfristig getroffen werden können, um für alle Beteiligten die Risiken und Belastungen aus dem Krieg in Europa gerecht und fair zu verteilen“, erklärt BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka.

Die Probleme beträfen nicht nur künftige Ausschreibungen, sondern insbesondere auch laufende Bauprojekte und Vergabeverfahren. Sollten sich die Lieferengpässe zuspitzen, besteht laut Gilka die Gefahr, dass es zu Stillständen auf laufenden Baustellen kommt. Darüber hinaus müsse sich die öffentliche Hand drauf einstellen, dass bei künftigen Vergabeverfahren keine Angebote mehr von Bauunternehmen eingereicht werden, wenn nicht von vornherein sichergestellt ist, dass unkontrollierbare Preissteigerungen nicht nur auf den Schultern der Bauunternehmen lasten bleiben.

Signalwirkung auch für Länder und Kommunen erwartet

Vor diesem Hintergrund fordert die BVMB zusammen mit den weiteren Bauverbänden eine faire Risikoverteilung, um die laufenden und geplanten Projekte nicht zu gefährden. Von dem Runden Tisch erwartet sich Gilka auch eine Signalwirkung: „Die Länder und die Kommunen warten auf den Bund, wie sie sich in dieser Situation verhalten und wie sie weiter verfahren sollen.“ Die Folgen einer ausbleibenden fairen Risikoverteilung sei, dass Bauunternehmen Angebote nur mehr mit erheblichen Risikozuschlägen abgeben könnten, wenn sie denn überhaupt in der Lage seien, ein Risiko im Hinblick auf die volatilen Preise einzugehen. Das wiederum führe dazu, dass entweder die öffentlichen Haushalte über Gebühr mit Kosten belastet würden oder Ausschreibungen aufgehoben werden müssten. Das würde laut Gilka dazu führen, dass die Baukonjunktur ins Stocken gerät und Unternehmen vom Markt verschwinden würden. „Das kann nicht das Ziel der öffentlichen Hand sein. Insoweit ist sie gefragt, jetzt schnell und effektiv Maßnahmen zu ergreifen, um diese Gefahren einzufangen“, so Gilka.

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