Alle 90 Sekunden verschwindet allein für EU-Importe wie Futtermittelsoja, Rindfleisch oder Kautschuk eine Waldfläche in der Größe eines Fußballfeldes. Das wollen die EU-Umweltminister:innen mit einem Gesetzesvorschlag stoppen, den sie morgen im EU-Umweltrat weiter konkretisieren. Im Vorfeld der wegweisenden Diskussion fordert der WWF Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf, sich für ein starkes Gesetz ohne Schlupflöcher einzusetzen.
 
Susanne Winter, Programmleiterin Wald beim WWF Deutschland kommentiert: „Wird das Gesetz zum Game Changer oder landet weiter Naturzerstörung in unseren Supermarktregalen? Das haben die Umweltminister und -ministerinnen jetzt in der Hand. Noch hat das Gesetz gravierende Mängel. Der Anbau von Mais, Zuckerrohr oder Kautschuk führt beispielsweise oft zu massiver Entwaldung. Diese Rohstoffe fehlen neben vielen Holzprodukten allerdings noch im Gesetzesentwurf. Um EU verantwortete Entwaldung wirklich zu stoppen, müssen alle Produkte und Waren erfasst sein, die mit Naturzerstörung in Verbindung stehen.”
 
Über eine Send-a-Message-Aktion im Rahmen der Kampagne #Together4Forest hatten im Vorfeld des Umweltministertreffens mehr als 30.300 Unterstützer:innen Nachrichten an Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir gesendet. Darin forderten sie die die Beiden auf, sich in Brüssel für ein wirksames Gesetz zum Stopp der EU verantworteten globalen Waldzerstörung einzusetzen. Özdemir hat bereits reagiert und sich dafür eingesetzt, dass nun neben Wäldern auch wertvolle Ökosysteme wie Savannen, Grasland und Feuchtgebiete vor Naturzerstörung durch EU-Handel geschützt werden sollen.  
 
Die EU-Umweltminister:innen diskutieren am Donnerstag ebenfalls zwei Vorschläge der EU-Kommission zum Klimaschutz bis 2030, die unter das Paket "Fit für 55" fallen. Dazu gehören die Einführung eines zweiten Emissionshandels („ETS 2“) für die Sektoren Gebäude und Verkehr sowie der Klimasozialfonds, der darauf abzielt, einen sozialen Ausgleich für die potenziellen negativen Auswirkungen des neuen Systems zu etablieren.
Allerdings sind damit wichtige Punkte von der Agenda des Umweltrates gefallen: Die Debatten um das Emissionshandelssystem für die Sektoren Strom, Industrie, und Flugverkehr („ETS 1“), um die nationalen Ziele der Mitgliedsstaaten (Entscheidung zum Effort-Sharing) um die Anrechnung von natürlichen CO2-Senken und Flächennutzung (LULUCF) und um CO2-Grenzwerte für Autos.
 
"Es ist sehr kritisch, dass ‚ETS 2‘ wichtigen Debatten zu den anderen Bausteinen von ‚Fit for 55‘ überschattet und verzögert", kritisiert Juliette de Grandpre, WWF-Expertin für europäische Klimapolitik. "Gerade jetzt muss ein starkes ‚Fit for 55‘-Paket aus der Abhängigkeit von fossilen Energien führen, den Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie die Steigerung der Energieeffizienz beschleunigen und schwächere Bevölkerungsgruppen vor steigenden Preisen schützen. Deswegen muss auch die Bundesregierung Zugeständnisse in Richtung Klimasozialfonds machen, und nicht immer nur auf die Bedeutung von “ETS 2” beharren."
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