Die europaweit größte telemedizinische Studie mit insgesamt 17 weiteren angebundenen Krankenhäusern im ländlichen Raum lief in den Jahren 2017 bis 2020 unter Führung der beiden Konsortialpartner RWTH Aachen und UKM (Universitätsklinikum Münster) im Projekt TELnet@NRW. Dabei schloss das Innovationsfonds-Projekt mehr als 150.000 Patientinnen und Patienten ein. Jetzt wurden die Ergebnisse von TELnet@NRW im Journal of Medical Internet Research erstveröffentlicht. Fazit: Telemedizinische Visiten bieten einen Fortschritt für die Behandlungsqualität, und das sowohl Einrichtungs- als auch Sektor-übergreifend.

Eine digitale Infrastruktur, die die Vernetzung der verschiedenen beteiligten Sektoren und Einrichtungen im Gesundheitswesen über die Distanz ermöglicht, soll perspektivisch die Patientenversorgung nicht nur im ländlichen Raum verbessern. Mit dem Ziel, in den Modellregionen Aachen und Münster ein sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk in der Intensivmedizin und Infektiologie aufzubauen, ging TELnet@NRW im Februar 2017 an den Start. Via telemedizinischen Visiten standen dabei drei Jahre lang die beiden Konsortialpartner RWTH Aachen und UKM den 17 beteiligten peripheren Krankenhäusern und zwei Hausärztenetzwerken beratend zur Seite.

Für das UKM als Konsortialpartner waren die Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie sowie die Stabsstelle Telemedizin maßgeblich an dem Projekt beteiligt. Prof. Christian Juhra, Leiter der Stabsstelle Telemedizin am UKM, ordnet das Projekt als grundlegend für die weitere medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten in einer Region ein: TELnet@NRW hat den Grundstock gelegt und uns geholfen, unsere Leistungen weiter auszubauen. Jeder tut gut daran, sich Rat einzuholen. Telekonsile bringen über die Distanz bestes medizinisches Wissen zusammen – ohne Reibungs- oder Zeitverluste. Sollte eine heimatnahe Behandlung einmal nicht möglich sein, weil der Patient eine besondere Versorgung benötigt, wird dies zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkannt und dementsprechend gemeinschaftlich gehandelt.

Über datensichere Verbindungen werden in den Telekonsilen die medizinische Expertise zum einen intersektoral zwischen Krankenhaus und Niedergelassenen, zum anderen Einrichtungs-übergreifend zwischen Maximalversorgern und peripheren Krankenhäusern ausgetauscht. Die Behandlungsaussichten für den Patienten verbessern sich dadurch nachhaltig, weiß. Dr. Kathrin Sperling, Oberärztin der Anästhesiologie und Intensivmedizin. „Die Telemedizinischen Visiten bilden einen echten Mehrwert für den Patienten. Das konnte TELnet@NRW beispielsweise für die Sepsis und die Lungen-protektive Beatmung zeigen. Und bei der Behandlung von Infektionen mit Staphylococcus aureus zum Beispiel konnte man sehen, dass wir in 34 Prozent der Fälle gemeinsam eine optimale leitliniengerechte Behandlung hinbekommen haben. Das heißt, der Patient wurde in einem Drittel der Fälle besser versorgt, als ohne gemeinsame telemedizinische Visiten.“

Die durch TELnet@NRW entstandene digitale Infrastruktur wird am UKM weiterhin für andere telemedizinische Projekte eingesetzt. „In der UKM Geburtshilfe, in der Palliativmedizin und in der Unfallchirurgie sehen wir da sehr gute Erfolge. Und auch bei der konsiliarischen Mitbegleitung von mit Covid-19 infizierten Intensivpatienten beraten wir NRW-weit innerhalb des Projekts Virtuelles Krankenhaus.“

Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des UKM, Univ.-Prof. Alex W. Friedrich ist deshalb sicher, dass Telekonsile zukünftig ein wesentlicher Schlüssel zur Vernetzung innerhalb von Gesundheitsregionen sind. „Wir haben ja in der Pandemie gelernt, wie wichtig es ist, miteinander in Kommunikation zu sein, ohne immer im selben Raum zu sein. Wir sehen, dass die Zukunft der Medizin vor allem in der regionalen Versorgung liegt. Eine Versorgung, in der wir alles in einer Region machen, aber eben nicht mehr jeder alles. Das bedeutet, dass es weiter verschiedene Expertisen gibt. Aber der Patient braucht die Experten an der Stelle und für den Moment, wo er gerade ist. Diese Experten können jetzt zum Patienten herangeholt werden und der Patient muss nicht mehr zum Experten gehen. Das ist ganz im Sinne des Virtuellen Krankenhauses und Teil unserer Versorgungszukunft.“

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