Die Not ist groß – bei Trägern von Kindertagesstätten, Gemeinden und Städten und vor allem bei den Eltern. Die Corona-Situation hat den Fachkräftemangel beim Kita-Personal extrem verstärkt. Immer wieder müssen Krippen- und Kindergartengruppen geschlossen werden, weil das Personal fehlt. Am oberbayerischen Ammersee konnte dank des Einsatzes von Eltern, Gemeinde, Träger und Presse eine Kinderkrippe in allerletzter Sekunde vor dem Aus gerettet werden. Dass die dort dazugewonnenen Fachkräfte jedoch an anderer Stelle fehlen, ist ein grundsätzliches Problem, welches dringend von Politik, Gesellschaft und Unternehmen gelöst werden muss.

Die gemeinnützige FortSchritt-Konduktives Förderzentrum gGmbH, als Träger der Kita in Buch am Ammersee, hatte bereits im vergangenen Sommer eine Gruppe aus Personalnot schließen müssen. Zum Ende des Monats Februar stand die Schließung der zweiten Krippengruppe an. Vorangegangen waren eine intensive Personalsuche, sehr kooperative Gespräche mit der betroffenen Gemeinde und der Einsatz von Aushilfskräften. Nicht nur der Träger war in Not, vor allem die berufstätigen Eltern der Krippenkinder fühlten sich in ihrer Existenz bedroht. Schließlich halfen Presseartikel, die auf die Situation aufmerksam machten, den Erhalt der zweiten Krippengruppe zu sichern. Das Fachkräfte-Problem ist damit allerdings nicht gelöst. Im Gegenteil: „Wo bei einem Träger ein Loch gestopft wird, wird bei einem anderen Träger gleichzeitig ein Loch aufgerissen”, bedauert FortSchritt-Geschäftsführerin Tatijana von Quadt.

Bekannt ist das Problem des Fachkräftemangels schon lange. In ihrem „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2021“ stellt die Bertelsmann Stiftung für Bayern fest, „dass aufgrund des hohen Personalbedarfs eine kindgerechte Bildungspraxis nach wissenschaftlichen Empfehlungen wahrscheinlich nur langfristig erreicht werden kann.“ Sollten bis 2030 bei gleichbleibenden Angebotskapazitäten „gleiche Teilhabechancen mit kindgerechter Qualität und professioneller Leitungsausstattung“ erreicht werden, sei bis 2030 allein in Bayern eine Fachkräftelücke von 46.000 Personen zu erwarten, so die Bertelsmann Berechnung vom vergangenen Jahr. Die Politik hat zwar Anstrengungen wie das Gute-Kita-Gesetz von 2019 unternommen, einige Maßnahmen liefen jedoch ins Leere. In Bayern bleib der zielführende Fokus aus. Die für einkommensschwache Familien gedachte Beitragsbefreiung wurde beispielsweise mit dem Gießkannenprinzip auf alle Elternhäuser angewendet. Das kostete viel Geld schaffte aber keine einzige neue Fachkraft. Ein besserer Personalschlüssel wäre zudem ein gutes Signal, um die Kita-Qualität und vor allem Fachkräfte bei wachsenden Herausforderungen in den Kitas zu halten.

Deshalb hat sich der Träger FortSchritt nun mit anderen Trägern überregional in Bayern vernetzt, um das Problem gemeinschaftlich anzugehen. Als eine mögliche Lösung schlägt der Träger dem bayerischen Familien- und Sozialministerium vor, auch qualifizierte Tagespflegepersonen in den sogenannten Betreuungsschlüssel für Kindertagesstätten aufzunehmen sowie die schnellere Zulassung von ausländischen Abschlüssen zu erleichtern und zu beschleunigen. Eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung sollte in der Verantwortung der Träger liegen.

Einen weiteren Lösungsvorschlag richtet der Träger an die jeweils zuständigen Landkreisbehörden. Diese greifen auf eine Berufeliste zurück, die beschreibt zu welchen Konditionen die jeweiligen Berufsgruppen gemessen an ihren Ausbildungsabschlüssen in einer Kita arbeiten können. Da es sich bei dieser Liste um eine Empfehlung handelt, liegt bei den Landkreisbehörden ein gewisser Spielraum, die Berufeliste zu erweitern und somit Anreize für Personen aus anderen Berufsgruppen oder mit weiteren Abschlüssen zu schaffen. Derzeit darf beispielsweise eine Sonderpädagogin mit abgeschlossenem Magister-Hochschulabschluss oder erstem Staatsexamen Sonderpädagogik als Ergänzungskraft in einer Regel-Kita oder im einem Hort arbeiten. Auch multiprofessionelle Teams in der Kita wären denkbar. So könnten Kinder einer Natur-Kita durchaus von der Expertise einer Gärtnerin als ergänzende Kraft profitieren.

Verkürzung der Ausbildungszeiten und finanzielle Unterstützungen während der Ausbildungszeit für Kita-Fachpersonal böten weitere Möglichkeiten, der Fachkräfte-Not entgegen zu wirken. Andere gut vergütete dreijährige praxisintegrierte Ausbildungen kommen – übrigens auch bei Männern – besser an, als klassische Ausbildungen mit Vollzeitschule und ohne Gehalt.

Neben den Lösungsvorschlägen und der Vernetzung mit anderen Trägern stellt FortSchritt Ausbildungsplätze zur Verfügung. „Wir sind für alle dankbar, die sich bei uns für eine Ausbildung entscheiden und mit ihrer Arbeit die Zukunft unserer Kinder mitgestalten”, sagt Tatijana von Quadt.

Wer mehr über eine Ausbildung zur pädagogischen Fachkraft bei FortSchritt wissen will, kann sich bei Claudia Oertle (pädagogisches Team) und/oder Ingrid Henkel (Personal) melden. Kontaktdaten unter: https://www.fortschritt-bayern.de/ueber-uns/ansprechpartner.

Über FortSchritt-Konduktives Förderzentrum gGmbH

Die FortSchritt-Konduktives Förderzentrum gemeinnützige GmbH setzt sich für die Inklusion und die individuelle Förderung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne Behinderung sowie ihre Familien ein. Die gGmbH ging 2001 aus dem FortSchritt Verein zur Verbreitung der Konduktiven Förderung e.V. hervor. Dieser wurde 1994 als Elterninitiative gegründet. In rund 36 Kindertagesstätten und Inklusionseinrichtungen kümmern sich fast 450 FortSchritt-Mitarbeitende um gut 1200 Kinder-, Jugendliche sowie Menschen mit Behinderungen. Die Ziele des Kinder- und Jugendhilfeträgers sind, die ihm anvertrauten Kinder partnerschaftlich mit den Eltern zu mündigen, mitfühlenden und eigenständigen Persönlichkeiten zu erziehen, eine umfassende Teilhabe und Inklusion sowie die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in Deutschland. Mehr: www.fortschritt-bayern.de.

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