Die große Ausstellung im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) widmet sich einer faszinierenden Künstlerinnenpersönlichkeit: Vom 6. März bis 6. Juni zeigt das MKK in der großen Halle „Werde, die du bist! Ruth Baumgarte – Lebenskunst“. Die Übersichtsschau leitet in vier thematischen Kapiteln mit circa 180 Zeichnungen, Gemälden und historischen Dokumenten durch das Leben und Werk einer deutschen Künstlerin. Zudem findet vom 2. Dezember 2022 bis zum 5. März 2023 in der renommierten Albertina in Wien die nächste Ausstellung „Ruth Baumgarte“ statt.

In einer von radikalen Umbrüchen geprägten Zeit schuf Ruth Baumgarte (1923 – 2013) ein künstlerisches Lebenswerk, in dem sie den Menschen und dessen fragiles Dasein im 20. Jahrhundert ins Zentrum stellt. Hellsichtig und präzise gegenüber den sozialen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen ihrer Zeit reicht ihr Werk von einfühlsamen Portraits über Darstellungen von Theater- und Arbeitswelten bis hin zu kritischen Reflexionen umweltpolitischer und sozialer Fragen am Ende des 20. Jahrhunderts. Ihr Werk kulminiert in einem etwa 100 Zeichnungen und Gemälde umfassenden Afrika-Zyklus, Ergebnis ihrer 40 Reisen auf dem Kontinent. Die Ausstellung im MKK stellt Baumgarte als gegenständlich arbeitende Künstlerin mit starkem Bezug zur Gegenwart vor – etwa, wenn es um ihr Selbstverständnis als emanzipierte Frau geht, um Themen wie Umweltzerstörung oder – in ihrem Afrika-Zyklus – um Vertreibung, Migration und Flucht. Solche Themen behandelte sie lange, bevor dazu ein kunsthistorischer Diskurs in der westlichen Welt einsetzte. Ruth Baumgartes Arbeiten wurden seit 1947 in nationalen und internationalen Galerien und Institutionen gezeigt, zuletzt im Ludwig Museum Koblenz (2017/18), im State Russian Museum, St. Petersburg (2018) und im Städtischen Museum Braunschweig (2019).

Werdegang einer Künstlerin

Ruth Baumgarte stammt aus einer alten Theaterfamilie. 1923 in Coburg geboren, wuchs sie in Berlin auf und entschied sich für ein Kunststudium an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste in Berlin. Noch während ihres Studiums entwickelte sie sich zu einer genauen Beobachterin des Menschen und seiner Wirklichkeit und griff auch unbequeme Themen auf. Nach ihrer Heirat verfolgte sie 1945 das Kriegsende in Berlin, wo sie kurz als Pressezeichnerin für die von den sowjetischen Besatzern herausgegebene Berliner Zeitung arbeitete. Auf der Basis ihrer facettenreichen Ausbildung, gepaart mit einem unbestechlichen Blick für ihr Gegenüber und ihrer Neugier auf Begegnungen mit Menschen, entstanden ab 1943 lebendige, unmittelbar ansprechende Portraits. Mit Distanz und Empathie zugleich zeichnet und malt sie sich selbst, Menschen in ihrer Umgebung, ihre Familie, Freunde und Bekannte.

Arbeiter und Außenseiter im Blick

Während ihres Studiums in Berlin zeichnete Ruth Baumgarte bereits Außenseiterfiguren wie die von den Nationalsozialisten verfolgten und in Auschwitz ermordeten Sinti und Roma oder erforschte das Arbeitermilieu ihrer unmittelbaren Umgebung. Es sind erste tastende, aber auch mutige Versuche, einen eigenständigen Blick auf ihre Umwelt zu finden. Eine Werkgruppe widmet sich der Theaterwelt, die Ruth Baumgarte von Kindesbeinen an durch ihre Eltern, die beide Schauspieler waren, vertraut war: Kostümentwürfe, Illustrationen zu berühmten Theaterstücken oder Schauspielerporträts. In der Nachkriegszeit, in der Künstlerinnen nur wenig wahrgenommen wurden, setzte sie sich bei ersten Ausstellungen von Bielefeld aus, ihrem neuen Lebensmittelpunkt, durch und verdiente sich ihren Lebensunterhalt mit zahlreichen Aufträgen als Illustratorin.

Illustrationen aus dem industriellen Innenleben

1952 heiratete die Künstlerin den Bielefelder Unternehmer Hans Baumgarte. In dessen Eisenwerk fand sie in der Zeit des Wirtschaftswunders Inspiration für ihren Industriezyklus. Nun setzte sie ihr Talent für die genaue Erfassung ihrer Umwelt dort ein, wohin in dieser Zeit kein Künstler und schon gar keine Künstlerin in Westdeutschland einen Fuß gesetzt hat: in die Montagehallen mit den Werkbänken in den Fabriken.

Ihre Illustrationen aus dem Innenleben der Industrieanlagen werden in der Ausstellung mit der zeitgleich aufkommenden Industriefotografie aus der Sammlung des MKK präsentiert.

Vom Kalten Krieg bis Tschernobyl

Ende der 1960er Jahre erlebte die Bundesrepublik ihren ersten Konjunktureinbruch. Die Studentenbewegung, die „Grenzen des Wachstums“, das Wettrüsten im Kalten Krieg, später AIDS oder die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl waren nun ihre Themen. Zugleich blieb Ruth Baumgarte ihrem Blick für Außenseiter treu. Es dominieren kontrastreiche, auch dunkle Farbtöne, die Darstellung entfernt sich von einer nüchternen Abbildung hin zu symbolistischen und teils surrealen Kompositionen.

Utopie Afrika

Aus der angstverstrickten bundesrepublikanischen Welt der 1980er Jahre entfernte sich Ruth Baumgarte immer häufiger zu ihrem schon lange anvisierten Sehnsuchtsziel Afrika, das sie erstmals 1957 bereiste. Zwischen 1984 und 2004 erkundete sie fast vierzig Mal auf eigene Faust den afrikanischen Kontinent auf oft monatelangen Reisen. Überwältigt von den Menschen, den gesellschaftlichen Brüchen der afrikanischen Kulturen sowie den intensiven Farbakkorden, die sich ihr in den Landschaften und im sozialen Leben der Dörfer und Städte darboten, entschied sie sich jetzt wieder für die Ölfarbe. Mit diesem Bilderzyklus begann eine Ausstellungskarriere, mit der sie national und international bekannt wurde.

Bebilderte Dokumentation über sieben Jahrzehnte

Mit der Ausstellung „Werde, die du bist! Ruth Baumgarte – Lebenskunst“ bekommt das MKK die seltene Möglichkeit, ein in dieser Konzeption noch nicht gezeigtes künstlerisches Gesamtwerk aus über sieben Jahrzehnten auszustellen, das mehr oder weniger sämtlichen Zeitströmungen unterworfen war. Im Zentrum der Ausstellung steht Ruth Baumgarte als Künstlerinnenpersönlichkeit, genauso aber auch ihr Werk: eine bebilderte Dokumentation der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

„Ruth Baumgartes Lebensweg ist so bewegt wie ihr künstlerisches Schaffen, das in seiner Gesamtschau Kultur- und Zeitgeschichte schreibt“ DR. JENS STÖCKER, DIREKTOR DES MKK

Zur Ausstellung erschien im Hirmer Verlag eine reich bebilderte Publikation in Deutsch und Englisch mit einem einführenden Essay des Kurators der Ausstellung Dr. Eckhart J. Gillen. (264 Seiten, exklusiver Verkaufspreis im Museum 30 Euro). Die arte-Regisseurin Sabine Carbon erstellte zudem eine 25-minütige Filmdokumentation über Ruth Baumgartes Leben und Werk. Der Film ist zu sehen unter: www.ruth-baumgarte.com/…

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