Wer die Werke von Ivan Zozulya betrachtet, hat das Gefühl, bei dessen Formsuche- und -findung unmittelbar dabei zu sein. Dem Künstler vertraute Menschen, Orte und Objekte verdichten sich zu Gedankenbildern. Mittels sich widersprechender Perspektiven, unrealistischen Größenverhältnissen und grellen Farben lotet Zozulya die Grenzen gegenständlicher Malerei aus. Die an menschliche, pflanzliche und artifizielle Formen (oft gleichzeitig) erinnernden Formen scheinen buchstäblich ineinander zu fließen und sich teils gegenseitig aus dem Bild zu drängen. Große Köpfe und ausgestreckte Hände tauchen aus dem Farb- und Form-Strudel auf, um im nächsten Moment wieder darin unterzutauchen. Muster, Schlieren und Strukturen verfestigen sich zu temporär benennbaren Motiven, lösen sich aber alsbald (wie Erinnerungen) wieder auf.
Wer von Künstlern eindeutige Aussagen erwartet, wird hier keine wirkliche Freude haben. Ivan Zozulya fragt sich und die Betrachter, wie weit die innere Logik der Bildwelt ausgeweitet werden kann, ohne dass der Bezugspunkt zur ursprünglichen Fragestellung verloren geht. Die Auseinandersetzung mit dem Bildraum, die Korrespondenz zwischen Linie, Fläche und Farbigkeit, erlauben es ihm, den abbildhaften Charakter hinter sich zu lassen.
"Kippbilder" bzw. "Kippfiguren" haben eine über 200 Jahre alte Geschichte. Sehr bekannt sind die zu spontanen Wahrnehmungswechseln führenden Bilder "Junge Frau, alte Frau", 1888 erstmals abgebildet auf einer Postkarte, und der "Hasen-Enten-Kopf" aus den "Fliegenden Blättern" von 1892. Ivan Zozulya transferiert diese alte Tradition mit seiner modernen, eigenen, eigenwilligen Bildsprache in die Gegenwart. Ähnlich wie die Inversionsfiguren motivieren die Arbeiten von Ivan Zozulya zu Perspektiv-Wechseln und dazu, das Gesamtbild in Schichten zu zerlegen. Auch, aber eben – wie der Ausstellungstitel sagt – nicht nur. Im Gegensatz zu den klassischen "Kippbildern" erlauben es einem die Kreationen Zozulyas, verschiedene Motive gleichzeitig zu sehen und das Bild als ganzes bzw. das Bild als Thema wahrzunehmen.
Oft stehen selbst geschossene Fotos und Screenshots von Filmen am Anfang der Bildfindung. Ivan Zozulya verzerrt die Abbildungen, abstrahiert und ergänzt sie mit iPad-Zeichnungen, bringt sie als Siebdruck auf die ungrundierten Leinwände und bearbeitet sie mit Tusche, Öl- und/oder Acrylfarbe und Aquarellstift.
Ergänzend sind unter dem Titel "All Your Moving Concepts" gefundene, digital bearbeitete Filme zu sehen.
Ivan Zozulya – Nicht nur Kippbilder
Im Projektraum: Film-Installation „All Your Moving Concepts” von Ivan Zozulya
Schacher – Raum für Kunst, Galerienhaus 3.0, Breitscheidstr. 48, Stuttgart-West
Soft Opening: Fr 18.03.2022, 19-23 Uhr; Worte: Marko Schacher
Dauer: 19.03. – 14.05.2022, Di-Fr 14-19, Sa 11-16 Uhr und nach Vereinbarung
Es gelten die aktuellen Corona-Regeln für den Einzelhandel.
Galerienrundgang Art Alarm (Spring Edition): Sa 09.04., 11-20 Uhr; So 10.04., 11-18 Uhr
Soundscapes von Ivan Zozulya: Sa. 09.04, 18-20 Uhr, ohne Anmeldung, Eintritt frei
Infos und Bilder: www.galerie-schacher.de und www.galerienhaus-stuttgart.de
Galerienhaus Stuttgart
Forststraße 189 A
70193 Stuttgart
Telefon: +49 (711) 650082
http://www.galerienhaus-stuttgart.de