Kuratiert von Viktor Neumann

Die VIDEONALE.scope #9 widmet sich an vier Abenden historischen und zeitgenössischen Bewegtbildarbeiten, die das Verhältnis zwischen Wahnsinn und Gesellschaft und die normative Konstruktion von „Krankheit“ und „Gesundheit“ untersuchen.

Themenschwerpunkte sind u.a. die Verhandlung von gelebten Erfahrungen von psychischen Erkrankungen und neuronalen Differenzen; historische und zeitaktuelle Analysen der Stigmatisierung und Pathologisierung von Krankheit; selbstermächtigende Sichtbarkeitspolitiken im Kontext jüngerer Bewegungen für Autonomie und Zugang. 

Der Titel der Videoreihe ist Michel Foucaults gleichnamigem Werk Wahnsinn und Gesellschaft: Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft entlehnt. In seiner ersten bedeutenden Theorieschrift aus dem Jahr 1961 spricht sich der französische Philosoph gegen die Diagnose von psychischen Erkrankungen als festgeschriebene medizinische Fakten aus. Er beleuchtet vielmehr, inwiefern sich das Konzept des Wahnsinns im Laufe der Geschichte verändert hat und auf welchen sozialen und politischen Prozessen diese Konstruktionen beruhen. Das Werk gilt als eine der zentralen Theorien für die Forderungen der antipsychiatrischen Bewegung.
Spätestens seit den Antipsychiatrie- und der Behindertenrechtsbewegung finden sich auch im Feld der Bewegtbildproduktion zahlreiche Positionen wieder, die emanzipatorische Praktiken mitproduzieren und Verletzlichkeit und Ermächtigung zusammendenken.

Mit Arbeiten von:
Panteha Abareshi, Mel Baggs, Stan Brakhage, Tony Cokes, Thirza Cuthand, Heinz Emigholz, Luke Fowler, Coco Fusco, Barbara Hammer, William E. Jones, Carolyn Lazard, Karin Michalski und Ann Cvetkovich, Rory Pilgrim, Jacolby Satterwhite, P. Staff, Imogen Stidworthy und Martine Syms.

VIDEONALE.scope ist eine jährliche Filmreihe der Videonale Bonn an der Schnittstelle zwischen Experimentalfilm, Film- und Videokunst.

Regelmäßige Informationen über unseren Newsletter auf www.videonale.org

PROGRAMM

Mittwoch, 15. Dezember 2021

19.00 Uhr Kurzfilme #1 [Lichtspiele Kalk]

Widerständige Formen des Zusammenkommens neu denken: Themen sind die Umdeutung medialer Bilder umgedeutet, die für die Konstruktion von Norm/Abnorm und das Schüren von Angst gegenüber spezifischen Gruppen verwendet werden, die Rolle des medizinischen Industriekomplex in der Aufrechterhaltung von Ungleichheiten und als Form der Gewaltausübung sowie die Wahrnehmung von Körpern, die nicht physisch präsent sind.
In der zweiten Hälfte des Programms spekuliert die Schimpansen-Tierpsychologin Dr. Zira aus den Planet der Affen-Filmen über das aggressiv-individualistische Verhalten der Menschen.

• Tony Cokes, Black Celebration (A Rebellion Against the Commodity), US 1988, s/w, digital, 17’11’’ (ohne Dialog)

• Staff, Pure Means, US 2021, Farbe, digital, 4’37’’ (ohne Dialog)

• Martine Syms, SHE MAD: Laughing Gas, US 2016, Farbe, digital, 7’13’’ (engl. OF)

• Jacolby Satterwhite, We Are In Hell When We Hurt Each Other, US 2020, Farbe, digital, 24’20’’ (engl. OF, engl. UT)

• Coco Fusco, TED Ethology: Primate Visions of the Human Mind, US 2015, Farbe, digital, 49’35’’ (engl. OF)

Donnerstag, 16. Dezember 2021

19.00 Uhr Feature #1 [Filmforum im Museum Ludwig]

Tearoom basiert auf Polizeiüberwachungsaufnahmen einer Herrentoilette in Mansfield, Ohio, aus dem Jahr 1962. Das Material diente vor Gericht als Beweismittel, um die identifizierten Männer zu verurteilen. Die Mindeststrafe für Sodomie betrug ein Jahr Zuchthaus und psychiatrische Behandlung samt den damals gängigen Methoden wie Elektroschocks oder Drogenzufuhr. Die Appropriation der historischen Aufnahmen in William E. Jones‘ Film von 2007 erzählt von einer unterdrückten Geschichtsschreibung von Männern, die unabhängig ihrer Klasse, Alter oder Hautfarbe Verbindungen miteinander eingegangen sind, die die Ideologie der Mehrheitsgesellschaft zu destabilisieren schienen.

• William E. Jones, Tearoom, US 1962/2007, Farbe, 16mm/digital, 56’ (stumm)

Im Anschluss Gespräch mit William E. Jones

21.00 Uhr Kurzfilme #2 [Filmforum im Museum Ludwig]

Die Kurzfilme diskutieren, was als Denken und Sprache angesehen und wer hat die Entscheidungsmacht darüber hat. Sie reflektieren darüber, wie chronischer Schmerz oder seelisches Leiden kommuniziert werden und wie sich persönliche und kollektive Traumata bedingen. Und wie können sogenannte negative Emotionen und Gefühlsregungen nicht als individuell begründet und „lösbar“, sondern als kulturelle Phänomene und politische Symptome verstanden werden?

• Mel Baggs, In My Language, US 2007, Farbe, digital, 8’36’’ (engl. OF)

• Imogen Stidworthy, Iris [A Fragment], UK 2018-19, Farbe, digital, 14’30’’ (engl. und schwed. OF, engl. UT)

• Panteha Abareshi, UNLEARN THE BODY, US 2019, Farbe, 8mm/VHS video/digital, 4’56’’ (ohne Dialoge)

• Panteha Abareshi, NOT BETTER YET, US 2019, Farbe, 8mm/VHS video/digital, 5’58’’ (ohne Dialoge)

• Carolyn Lazard, Consensual Healing, US 2018, Farbe, digital, 14’43’’ (engl. OF)

• Barbara Hammer, X, US 1975, Farbe, 16mm, 7’03’’ (engl. OF)

• Karin Michalski und Ann Cvetkovich, The Alphabet of Feeling Bad (text-basierte Version), DE 2014, s/w, digital, 14’22’’ (engl. OF)

• Thirza Cuthand, Extractions, CA 2019, Farbe, digital, 15’12’’ (engl. OF)

• Stan Brakhage, Commingled Containers, US 1996, Farbe, 16mm, (stumm)

Freitag, 17. Dezember 2021

19.00 Uhr Feature #2 [Filmforum im Museum Ludwig]

Software Garden ist ein Musikalbum, dessen elf Titel Einflüsse aus Pop, Elektronik und Techno mit Streicherarrangements verweben. Seine filmische Ausformulierung erforscht die Schnittstellen zwischen Technologie und Fürsorgearbeit. Das kooperativ entstandene Werk wird mittels Gedichten der Poetin und Behindertenrechtlerin Carol R. Kallend strukturiert, in denen sie ihren Wunsch nach einem Robotor als Begleiter:in reflektiert, um die Lücke zu füllen, die die drastischen Kürzungen der britischen Regierung von Fürsorgeleistungen hinterlassen haben.

• Rory Pilgrim, Software Garden, UK/NL 2016-18, Farbe, digital, 51’29’’
(engl. OF)

Im Anschluss Gespräch mit Rory Pilgrim und Carol R. Kallend

21.00 Uhr Feature #3 [Filmforum im Museum Ludwig]

Das dokumentarische Porträt über R.D. Laing (1927–1989) von Luke Fowler bietet Einblick in Leben und Werk des als Vorreiter der antipsychiatrischen Bewegung geltenden, berühmt-berüchtigten schottischen Psychiaters, der das Verständnis der sozialen und politischen Dimension mentaler Differenz, seelischer Not und Leidens nachhaltig geprägt hat. Fowlers poetische Collage, dessen Titel an Laings bekanntestes Werk, The Devided Self (1960) angelehnt ist, verwebt Archivmaterial aus der Zeit der sozialen und kulturellen Revolutionen der 1960er Jahre mit eigenen sensiblen filmischen Beobachtungen.

• Luke Fowler, All Devided Selves, UK 2011, s/w und Farbe, 16mm/digital, 93’ (engl. OF)

Samstag, 18. Dezember 2021

18.30 Uhr Feature #4 [Filmhaus]

"Photographie und jenseits – Teil 26" – das Kapitel 3 der Streetscapes-Serie des deutschen Filmemachers Heinz Emigholz ist deren großmeisterliches Kernstück: Ein zum Film gewordener Dialog zwischen einem Analytiker und seinem Patienten, einem besessenen, jedoch blockierten Filmemacher, über Architektur und Trauma.

• Heinz Emigholz, Streetscapes [Dialogue], DE 2017, Farbe, Digital, 133’ (engl. OF, dt. UT)

Veranstaltungsorte

Filmforum im Museum Ludwig
Bischofsgartenstr. 1
50667 Köln
S+U-Bahn: Dom/Hbf

Filmhaus Köln
Maybachstraße 111
50670 Köln
S+U-Bahn: Hansaring

Lichtspiele Kalk
Kalk-Mülheimer Str. 130/132
51103 Köln
U-Bahn: Kalk Post / S-Bahn: Trimbornstraße

Gemäß der aktuellen Verordnung finden alle Veranstaltungen von VIDEONALE.scope als 2G-Veranstaltungen statt.

Eintritt

5 Euro / 3 Euro (ermäßigt)
Kombiticket (2 Progamme): 8 Euro / 4 Euro (erm.)
Scope-Ticket (alle Veranstaltungen): 24 Euro / 12 Euro (erm.)

Tickets gibt es an der Abendkasse.

Einzeltickets für die Veranstaltung am 18.12. im Filmhaus Köln können auch über das Online-Buchungssystem gebucht werden.

BEGLEITPROGRAMM

VIDEOABENDE in KÖLNER WOHNZIMMERN

Kölner:innen öffnen ihre Wohnzimmer und laden zu moderierten Videoabenden mit jeweils einem Video aus dem Programm von VIDEONALE.scope ein.

Die Videoabende werden von Privatpersonen in ihren Wohnungen oder Häusern in Köln ausgerichtet und sind öffentlich zugänglich.

Weitere Informationen zum jeweiligen Abend und alle weiteren Termine findet ihr auf videonale.org.

Einlass ist jeweils eine halbe Stunde vor Beginn. Der Eintritt ist frei, der Platz begrenzt – eine Anmeldung ist erforderlich unter videoabende@videonale.org.

Do, 9.12.2021, 19.00 Uhr | Köln-Kalk, Adresse folgt bei Anmeldung
Gastgeber*innen: Martina Höfflin und Tilmann Reiff, brauchbarkeit

Video: In My Language von Mel Baggs
Sa, 11.12.2021, 19.00 Uhr | Köln-Innenstadt, Adresse folgt bei Anmeldung
Gastgeber*innen: Beatrice Pattas und Axel Schmidt

Video: Iris [A Fragment] von Imogen Stidworthy

Alle Videoabende finden als 2G+ Veranstaltungen statt (Geimpft oder Genesen zzgl. tagesaktueller Test von einem Testzentrum)

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Videonale e.V. im Kunstmuseum Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 2
53113 Bonn
Telefon: +49 (228) 6928-18
Telefax: +49 (228) 9085817
http://www.videonale.org/

Ansprechpartner:
Sophia Bauer
Telefon: +49 (228) 692-818
E-Mail: bauer@videonale.org
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