Im Ausstellungsraum stehen um einen imaginären Tisch achtzehn Stühle aus jeweils anderem Industriestahl. Den Stühlen aber fehlt die Sitzfläche. Diese nutzt Olu Ogunnaike als Trägermaterial für Siebdrucke aus Kohle, die Fotografien von sogenannten „Pionierpflanzen“ zeigen, die er auf dem Gelände der Zeche Zollverein aufgenommen hat. Pionierpflanzen sind Sträucher und Bäume, die als erste in zerstörten und kargen Umgebungen wachsen. Die bedruckten Sitzflächen befestigt er an den Ausstellungswänden. An der Wand vor dem Ausstellungsraum sind ganze, intakte Stühle montiert, deren Flächen Ogunnaike mit einer Fotografie mittels eines UV-Farbdruckverfahren bedruckt. Die Fotografie zeigt verschiedene Pflanzenarten vor den Schornsteinen der alten Kokerei auf der Zeche Zollverein.
Olu Ogunnaike befragt in seinen Installationen, Grafiken und Performances unter anderem die historischen und sozialen Eigenschaften von Materialen und Orten. Immer wieder gewinnt er Materialien eine komplexe Geschichte ab und schreibt ihnen zugleich neue ein. Er arrangiert die Werke konzeptuell und verbindet die einzelnen Elemente wie in einem Spinnennetz. In der Ausstellung „… I’d rather stand“ konzentriert er sich auf das Material Stahl, inspiriert von der regionalen Geschichte der Stahl- und Kohleproduktion im Ruhrgebiet. Zentrales Motiv ist der Tisch, der – gleichermaßen alltäglich und komplex kodiert – Symbol der sozialen Zusammenkunft ist: Der Tisch bietet einen Möglichkeitsraum für soziale Utopien, für die Auflösung von Hierarchien und die Verhandlung von neuen Sitzordnungen. Die Rauminstallation, die Ogunnaike im Museum Folkwang konstruiert, kreist um die Frage, was es bedeutet, sich dafür zu entscheiden, ‚lieber zu stehen‘ anstatt mit an einem Tisch zu sitzen, der ein bestimmtes gesellschaftliches System repräsentiert.
Olu Ogunnaike erwarb 2020 seinen Abschluss an der Royal Academy, London. Seine Arbeiten waren und sind unter anderem in den Gruppenausstellungen in der Halle für Kunst (Graz, 2021), der Galerie Timothy Taylor (New York, 2021), der Villa Lontana (Rom, 2020) und während eines Abends des Kollektivs „East London Cable“ in der Tate Modern (London, 2019) vertreten. Mit den Ausstellungen „London Plain“ im Cell Project Space (London, 2020) und „Crumbs“ im Capc Musée d’art contemporain de Bordeaux (2021) bespielt Ogunnaike Einzelpräsentationen. Das Werk „Nesting“ (2021), das er im Rahmen des Projekts „Sunken Ecologies, Margate Now21“ (Kent) schafft, ist seine erste dauerhafte Plastik im öffentlichen Raum.
Das Ausstellungsformat „6 ½ Wochen“ basiert auf kurzfristiger Planung und bietet jungen Kunstschaffenden die Möglichkeit, ihre Werke im Museum Folkwang zu präsentieren. Das Format bietet Platz für künstlerische und kuratorische Experimente und ermöglicht den Besucher:innen noch unbekannte Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen Ländern zu entdecken. „6 ½ Wochen“ wird von der Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West gefördert.
„Neue Folkwang Residence“
Im Rahmen des Residenzprogramms werden jährlich zwei Stipendien an internationale Künstler:innen für einen jeweils fünfmonatigen Arbeitsaufenthalt in Essen vergeben. Verbunden mit dem Stipendium ist eine Einzelausstellung im Neuen Essener Kunstverein bzw. im Museum Folkwang in der Reihe „6 ½ Wochen“. Die Stipendiaten 2021, Olu Ogunnaike und Min Yoon, wurden aus einem Bewerberpool von zwölf Künstler:innen ausgewählt. Die Ausstellung „A Scene for 210cm“ von Min Yoon im Neuen Essener Kunstverein wird am Freitag, 26. November, 19 Uhr, eröffnet und ist bis zum 13. Februar 2022 zu sehen. Das Residenzprogramm „Neue Folkwang Residence“ wird ermöglicht durch den Folkwang-Museumsverein e. V. und die Stiftung Olbricht. Gefördert von Vonovia.
Informationen
6 ½ WOCHEN
Olu Ogunnaike
… I’d rather stand
25. November 2021 – 9. Januar 2022
Die Eröffnung findet am Donnerstag, den 25. November, um 18:30 Uhr statt.
Eintritt frei.
Ab dem 23. November gilt die 2G-Regel im Museum Folkwang. Alle Informationen dazu unter: https://www.museum-folkwang.de/…
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
Telefon: +49 (201) 8845000
Telefax: +49 (201) 889145000
http://www.museum-folkwang.de
Telefon: +49 (201) 8845-160
E-Mail: yvonne.daenekamp@museum-folkwang.essen.de