Der Deutsche Städtetag ruft die Ampel-Parteien in Berlin dazu auf, in der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen bei großen Themen wie Klima, Wohnen und Verkehr die Rolle der Städte zu beachten und zu stärken. Zum Auftakt seiner Hauptversammlung in Erfurt forderte der kommunale Spitzenverband, den Aufbruch mit den Städten zu gestalten. Zur Hauptversammlung, die alle zwei Jahre stattfindet, werden rund 800 Delegierte und Gäste aus Städten aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet. Am Mittwoch werden zu ihnen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow sprechen. Das Motto der Hauptversammlung lautet: „Was das Leben ausmacht. Die Städte in Deutschland.“

Der Präsident des Deutschen Städtetages und Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung machte deutlich, dass sich die Städte zu ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bekennen und ihre Maßnahmen dafür verstärken wollen. Er forderte den Bund auf, ein Finanzierungs­programm für den kommunalen Klimaschutz und die Klimaanpassung aufzulegen – in zweistelliger Milliardenhöhe jährlich. Um den starken Rückgang der Zahl der Sozialwoh­nungen umzukehren, solle der Bund seine Mittel für den sozialen Wohnungsbau von derzeit 1 Milliarde Euro pro Jahr deutlich anheben.

Städtetagspräsident Burkhard Jung sagte an die Adresse der voraussichtlichen Koalitions­partner in Berlin: „Behaltet die Städte im Blick. Dort leben die meisten Menschen in Deutschland. Die Städte leisten das, was das Leben ausmacht. In den Städten werden Herausforderungen wie Klima, Wohnen, Verkehr, Energie und Digitalisierung angepackt. Städte sind Impulsgeber und Motor für Innovationen in den Regionen.“ Starke Städte machten erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Stadt und Umland möglich.

„Gemeinsam mit Bund und Ländern müssen wir es schaffen, die Lebensqualität in den Städten für die Menschen zu erhalten. Dafür brauchen wir Beinfreiheit und Handlungs­spielräume, auch finanzielle. Die städtische Perspektive muss sich angemessen im Koalitionsvertrag wiederfinden. Ohne Städte ist kein Staat zu machen“, so Jung.

Klimaschutz und Energiewende können nicht einfach vom Bund bestellt werden

Die Städte wollen ihren Teil leisten, um den Planeten Erde zu erhalten, betonte der Städte­tagspräsident: „Klimaschutz, Klimaneutralität und Klimaanpassung sind ein Megathema unserer Zeit. Das hat uns der Weltklimagipfel in Glasgow gerade wieder vor Augen geführt. Wir stehen dafür bereit, umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen. Aber Klimaschutz und Energiewende können nicht einfach vom Bund bestellt werden. Ohne Städte wird es keine Klimaneutralität geben in Deutschland. Wir sind die Treiber. Klimawende und Energie­wende gelingen nur dezentral. Wir in den Kommunen haben die Instrumente vor Ort: Wir wollen Gebäude energieeffizient sanieren, ohne dass die Mieten in die Höhe schnellen. Unsere Stadtwerke haben die Kraft, um über Wärmenetze große Teile des Gebäudebe­standes CO2-frei zu machen. Wir schaffen Ausgleichsflächen, Frischluftschneisen und die Schwammstadt.“

Außerdem benötigten die Städte viel größere Spielräume, selbst entscheiden zu können, also mehr Beinfreiheit: „Wir müssen beispielsweise Solaranlagen und Dachbegrünung vorgeben können.“ Deutschland und seine Städte müssten sich gegen Klimafolgen wie Extremwetter, Hochwasser und Dürren besser wappnen. Der Bund müsse die Klimaanpassung deshalb per Gesetz verankern.

Sozialen Wohnungsbau stärker fördern – Kappungsgrenze für Mieterhöhungen prüfen

Mit Sorge blickt Städtetagspräsident Jung auf den Wohnungsmarkt. „Wohnen wird immer teurer. Und für immer mehr Menschen mit niedrigen Einkommen fehlen Sozialwoh­nungen. Zwischen 2002 und 2020 ist der Bestand an Sozialwohnungen um rund 1,5 Millionen geschrumpft. Dieser Trend muss dringend umgekehrt werden. Das geht nur, wenn Bund und Länder deutlich mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau einsetzen. Die Ampelparteien sollten das für den Bund im Koalitionsvertrag festlegen“, sagte Jung: „Wir brauchen den sozialen Wohnungsbau in den Städten, um den Zusammenhalt der Stadtge­sellschaft zu stärken.“

Jung appellierte außerdem an die Ampelparteien, die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen zu überprüfen. Auch in Städten mit knappem Wohnraum gibt es noch günstige Wohnungen, deren Miete bislang unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Mieterhöhungen können hier derzeit auf 15 Prozent in drei Jahren beschränkt werden, bis die ortsübliche Vergleichsmiete erreicht ist. Der Städtetagspräsident sagte dazu: „Viele Haushalte in noch günstigen Wohnungen kommen mit Mieterhöhungen nicht mehr zurecht. Ihnen kann passieren, dass die Miete in drei Jahren um bis zu 15 Prozent steigt. Diese Kappungsgrenze sollte deshalb in den Koalitionsverhandlungen auf den Prüfstand. Hier geht es um soziale Gerechtigkeit am Mietwohnungsmarkt“.

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