Die EU-Kommission arbeitet an einer Revision des EU-Gentechnikrechts. Die bisherigen EU-Gesetze regeln die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt sowie den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen in Lebens- und Futtermitteln. Bisher gelten Vorsorgeprinzip, Risikoprüfungen, Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Kennzeichnungspflicht. Obwohl der europäische Gerichtshof 2018 bestätigt hat, dass diese auch für neue Gentechnikverfahren gelten müssen, erwägt die EU-Kommission, das Gentechnikrecht aufzuweichen.
„Mit einer Aufweichung des Gentechnikrechts würden nicht nur unnötig Risiken eingegangen, sondern auch völlig gegen den Willen der Verbraucherinnen und Verbraucher gehandelt – denn eine Mehrheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger lehnt Gentechnik in Lebensmitteln ab. Eine Aufweichung des Gentechnikrechts ist riskant und überflüssig. Wir von Demeter fordern von den Politikerinnen und Politikern, die zukünftig unsere Bundesregierung stellen: Nehmt den Willen der Wählerinnen und Wähler ernst und setzt ein klares Zeichen für die Wahlfreiheit! Es darf nicht sein, dass Pflanzen, die mithilfe von neuer Gentechnik wie CRISPR/Cas erzeugt wurden, ohne Kennzeichnung unbemerkt auf unsere Teller kommen“, betont Demeter-Vorstand Alexander Gerber. „Die zukünftigen Regierungsparteien müssen daher im Koalitionsvertrag festlegen, dass sich die künftige Bundesregierung in Brüssel dafür einsetzt: Kennzeichnungs- und Zulassungsregeln müssen weiterhin auch für neue Gentechnik gelten!“
Auf die Wünsche der Verbraucher:innen und die heutige Rechtslage hat sich die Lebensmittelbranche eingestellt: Eine Lebensmittelproduktion ohne Gentechnik ist in der Mehrzahl der EU-Länder guter Standard – und klarer Wettbewerbsvorteil für die meisten Unternehmen der europäischen Lebensmittelwirtschaft. So haben sich Lebensmittelhandelsunternehmen aus der konventionellen sowie aus der Biobranche klar positioniert: Die Regeln zu Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Gentechnik müssen weiter gelten und durchgesetzt werden – auch für neue Gentechnikverfahren.
„Die neuen gentechnischen Verfahren wie CRISPR/CAS und TALEN können deutlich tiefer und umfangreicher als konventionelle Pflanzenzüchtung in das Erbgut eingreifen. Dies hat der Europäische Gerichtshof in seinem Grundsatzurteil 2018 betont – ebenso wie das jüngste Gutachten des Bundesamtes für Naturschutz“, ergänzt Antje Kölling, politische Sprecherin von Demeter, und warnt: „Die gentechnischen Manipulationen des Erbguts können zu unvorhergesehenen Effekten auf das Ökosystem führen. Daher fordern wir im Sinne des Vorsorgeprinzips eine umfassende Risikoprüfung und eine Ausweitung der Technikfolgenabschätzung – gerade für die neuen Gentechnikverfahren!“
Hintergrund:
Das Gentechnikrecht der EU gründet auf dem in den EU-Verträgen für die Umweltpolitik festgelegten Vorsorgeprinzip und stellt die Wahlfreiheit für Landwirt:innen und Verbraucher:innen sicher, die keine gentechnisch veränderten Organismen auf dem Acker oder Teller wollen.
Bereits im Mai 2021 haben 94 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Tier- und Naturschutz, Entwicklungspolitik, Kirchen, Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Züchtung, Lebensmittelwirtschaft und Imkerei sowie Jugendorganisationen darauf hingewiesen, dass das EU-Gentechnikrecht weiterhin auch auf die neuen gentechnischen Verfahren angewandt werden muss (Positionspapier): https://www.dnr.de/fileadmin/Positionen/2021-04-21-Positionspapier-Gentechnik.pdf
Ein breites Bündnis europäischer Lebensmittelhandelsunternehmen von Aldi, Lidl und Penny über Rewe und tegut bis Alnatura, Globus und Denn’s Biomarkt und vielen weiteren setzt sich gegen Gentechnik-Deregulierung ein: Anuga 2021: Einzelhandel stellt sich gegen Gentechnik-Deregulierungspläne: VLOG – Verband Lebensmittel ohne Gentechnik e.V.
Das Bundesamt für Naturschutz hat jüngst seine Einschätzung zu neuen Gentechniken und der Regulierung veröffentlicht, eine Zusammenfassung auf Deutsch finden Sie hier: https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/presse/2021/Dokumente/2021_10_15_Zusammenfassung_Deutsch_final.pdf
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