Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim heutigen "World Leaders Summit" zum Auftakt der Weltklimakonferenz – ihrem vermutlich letzten Auftritt auf großem internationalen Parkett – nach Ansicht von Germanwatch den klimapolitischen Erfolgsdruck auf die kommende Bundesregierung erhöht. Die Kanzlerin, die 1995 als Umweltministerin den ersten Klimagipfel in Berlin geleitet hatte, zog zunächst Bilanz. Sechs Jahre nach Paris würden die Reduktionsziele zusammen nicht ergeben, was seinerzeit erhofft worden sei. Sie hob die jüngsten Fortschritte Deutschlands bei Klimaschutz und Klimafinanzierung hervor und rief dann eine „Dekade des Handelns“ aus.

„Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass sie nach 16 Jahren zu langsamer Fortschritte jetzt der kommenden Regierung eine so klare Aufforderung zum Handeln vor die Tür legt“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. Sie legte dabei den Finger in die kritische Flanke der Koalitionsverhandlungen. Die Verhandler:innen tun sich bisher schwer damit, bei den drei zentralen Instrumenten für die Transformation Ernst zu machen: beim Ordnungsrecht, beim CO2-Preis und  bei finanziellen Anreizen. Merkel legte nun den Fokus auf Fortschritte beim CO2-Preis.

Durch die Beschlüsse beim G20-Gipfel in Rom hatte die Kanzlerin auch den Druck beim Tempo des Kohleausstiegs erhöht, denn dieser soll sich am Zeitplan von Paris orientieren. „Die Internationale Energieagentur hat vor kurzem die Eckpfeiler klar gesetzt: Der Kohleausstieg in den OECD-Ländern muss bis spätestens 2030 erfolgen. Auch neue Investitionen in Öl- und Gaslagerstätten darf es nicht mehr geben“, so Bals weiter.

Merkel kündigte zudem in ihrer Rede eine neue Partnerschaft mit Südafrika zur Unterstützung eines sozial gerechten Kohleausstiegs dort an. „Solche transformative Paris-Partnerschaften beschleunigen den globalen Abgesang der Kohle. Deutschland sollte die Initiative zeitnah auf weitere kohleabhängige Schwellenländer wie Indien und Indonesien ausweiten“, fordert Bals. Merkel erkannte an, dass das 100 Mrd. Dollar-Versprechen der Industrieländer erst mit dreijähriger Verzögerung erreicht werden wird. „100 Milliarden US-Dollar Klimafinanzierung sind kilometerweit vom tatsächlichen Bedarf der Ärmsten und Verletzlichsten gegenüber der Klimakrise entfernt – die Debatte um Klimafinanzierung müssen wir neu denken“, so Bals. Der tatsächliche Bedarf an Finanzierung für Klimaschutz und –anpassung im globalen Süden müsse bis 2025 die Grundlage der Beschlüsse werden.

Die Bundeskanzlerin nahm trotz der von ihr betonten verheerenden Auswirkungen des Klimawandels und dem Fokus auf dieses Thema durch die britische COP-Präsidentschaft leider nicht Bezug auf den Bedarf an Unterstützung für durch Folgen der Klimakrise erlittene Schäden und Verluste in armen Ländern. Bals: „Die schottische Regierung hat heute als erste die ewige Abwehrhaltung der Industrieländer gegen Unterstützung bei Schäden und Verlusten abgelegt. Deutschland muss es den Schotten gleich tun und andere Industrieländer mit ins Boot holen – spätestens bei der anstehenden G7-Präsidentschaft Deutschlands."

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