Den Auftakt zum Jubiläumsjahr bildet das Ausstellungshighlight Renoir, Monet, Gauguin – Bilder einer fließenden Welt. Die Sammlungen von Kojiro Matsukata und Karl Ernst Osthaus unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (6. Februar – 15. Mai 2022). Der bedeutende Bestand spätimpressionistischer Werke aus dem Museum Folkwang tritt in Dialog mit der Sammlung des National Museum of Western Art in Tokio. Die Schau verdeutlicht anhand von rund 120 Werken, u. a. von Cézanne, Gauguin, Manet, Monet, Renoir, Rodin und Van Gogh, wie sich der Impressionismus von einer zunächst kritisch beäugten Kunstrichtung zu dem Stil entwickelte, der heute als Beginn der modernen Kunst gilt. Erzählt wird dies anhand von zwei faszinierenden Sammlerpersönlichkeiten und Museumsgründern des frühen 20. Jahrhunderts: Kojiro Matsukata und Karl Ernst Osthaus. Zum ersten Mal seit den 1950er Jahren wird die Sammlung Matsukata aus dem National Museum of Western Art in Tokio wieder in einem größeren Umfang in Europa zu sehen sein. So treffen die berühmte Komposition Im Boot von Claude Monet oder das Gemälde Der Hafen von Saint-Tropez von Paul Signac, das einst zur Ursprungssammlung des Museum Folkwang gehörte, auf Pierre-Auguste Renoirs Lise mit dem Sonnenschirm oder Mädchen mit Fächer von Paul Gauguin. Neben Meisterwerken des Impressionismus werden auch zeitgenössische Installationen der japanischen Künstlerinnen Chiharu Shiota und Tabaimo zu sehen sein. Im Anschluss an die Essener Präsentation wird das National Museum of Western Art unter dem Titel People and Nature einen zweiten Teil der Ausstellung in Tokio zeigen.
Im Frühjahr eröffnet die Plakatausstellung We Want You! Von den Anfängen des Plakats bis heute (6. April – 28. August 2022) und nimmt die Präsentation, Anwendung und Wahrneh-mung des Plakats von seinen Anfängen bis heute in den Fokus: Beginnend mit dem „wilden Kleben“ etabliert sich Mitte des 19. Jahrhunderts die Werbung an den Litfaßsäulen; ab den 1920er Jahren entstehen Kampagnen und bis zur Einführung des Fernsehens Mitte der 1950er Jahre bleibt das Plakat das Leitmedium der Werbung. Mit der Großfläche gewinnt es in den folgenden Jahren eine neue, starke Sichtbarkeit. Fortan bestimmen technische Neuerungen den Wandel hin zu neuen Formaten und permanenter Präsenz. Durch die Digitalisierung und Vernet-zung, durch interaktive Elemente mit direkter Ansprache und zielgruppenorientierter Aus-steuerung wird der öffentliche Auftritt des Plakats erweitert. Von den ersten Erscheinungsformen des Plakats bis in seine digitale Gegenwart und Zukunft wirft die Ausstellung anhand von wichti-gen Exponaten der Plakatgeschichte, u. a. von Lucian Bernhard, Isolde Baumgart, Hans Hillmann, Alfons Maria Mucha, Henri de Toulouse-Lautrec und Charles Paul Wilp, einen kultur- und medi-enhistorischen Blick auf die Welt der Werbung.
Im Sommer begibt sich das Museum Folkwang mit dem Projekt Folkwang und die Stadt (21. Mai – 7. August 2022) in den urbanen Raum – ganz im Sinne der Folkwang-Idee von einer tiefen Verschränkung von Kunst, Stadt und Gesellschaft. Gemeinsam mit Initiativen, Vereinen, Communities und Entscheidungsträger:innen widmet sich das Museum wichtigen Zukunfts-themen und der Rolle von Kunst und Kultur in aktuellen Transformationsprozessen: Die Themen-schwerpunkte reichen von Integration, kultureller Vielfalt, über Stadtentwicklung und urbanes Leben, bis hin zu Nachhaltigkeit, Globalisierung und Digitalisierung. Die Ausstellung im Essener Stadtraum rund um den Berliner Platz präsentiert – begleitet von einem umfangreichen Veran-staltungsprogramm – ortsspezifische Kunstprojekte internationaler Künstler:innen, die eine neue Kooperation zwischen Kunst und Gesellschaft erlebbar machen und das Museum zur Stadt hin öffnen. Beteiligt sind u. a. Neil Beloufa, Anne Berlit, Alexandra Bircken, Phil Collins, Eva Kot’átková, Fari Shams und Simon Starling.
In der zweiten Jahreshälfte lässt die Ausstellung Expressionisten am Folkwang. Entdeckt – Verfemt – Gefeiert (20. August 2022 – 8. Januar 2023) eines der bedeutendsten Kapitel in der Geschichte des Museum Folkwang lebendig werden: Der Gründungsdirektor Karl Ernst Osthaus, aber auch sein Nachfolger Ernst Gosebruch pflegen enge Kontakte zu den wichtigsten Expressionist:innen. Früh stellen sie Werke u. a. von Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Paula Modersohn-Becker oder Emil Nolde aus und erwerben zentrale Arbeiten von ihnen. Umgekehrt finden die Künstler:innen Inspiration und Vorbilder in der museumseigenen Sammlung. Anhand von Meisterwerken aus den Bereichen Malerei, Skulptur und Grafik widmet sich die Schau diesem intensiven und fruchtbaren Austausch. Zugleich erzählt sie anhand von über 120 Kunst-werken die wechselvolle Geschichte des Expressionismus im 20. Jahrhundert, dessen Werke noch bis in die 1920er Jahre hinein in der Kunstwelt umstritten waren, in den 1930er Jahren verfemt und beschlagnahmt wurden, nach Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch rasch größte Anerken-nung fanden. Zur Ausstellungseröffnung findet ein großes 24h-Sommerfest statt.
Mit dem interdiziplinären Foschungsprojekt IMAGE CAPITAL der Fotografiehistorikerin Estelle Blaschke und des Künstlers Armin Linke beleuchtet das Museum Folkwang den Umgang mit Fotografien (9. September – 11. Dezember 2022). Während die Geschichte der digitalen Bild-praktiken erst in der Entstehungsphase begriffen ist, sticht heute die unaufhörliche Anhäufung von Fotografien in Suchmaschinen, Social Media oder in den Speichern unserer Smartphones hervor. Die Ausstellung zeigt historische und zeitgenössische Fotografien, Dokumente, Found Footage sowie virtuelle Animationen aus der Wissenschaft und kreist um verschiedene Infrastruk-turen des Fotografischen.
Zum Ende des Jubiläumsjahres zeigt das Museum Folkwang erstmals seit mehr als zwanzig Jah-ren wieder das farbgewaltige Werk Helen Frankenthalers (1928–2011) in Deutschland: Helen Frankenthaler. Malerische Konstellationen (2. Dezember 2022 – 5. März 2023). Die US-amerikanische Künstlerin ist bekannt für ihre Rolle als Vorreiterin am Übergang vom Abstrakten Expressionismus zum Colour Field Painting (Farbfeldmalerei). Ausgehend von Materialexperimen-ten auf Papier revolutioniert sie Anfang der 1950er Jahre mit der von ihr erfundenen soak stain-Technik, dem Durchtränken des Malgrundes mit Farbe, die abstrakte Kunst. „Paper is painting“ – Papier ist Malerei, so beschreibt Frankenthaler die Bedeutung des Mediums, das bei ihr den Gebrauch der Leinwand zeitweise vollkommen ersetzt. In Gegenüberstellung mit einer Auswahl an Gemälden zeigt das Museum Folkwang 75 großformatige Arbeiten auf Papier aus der Zeit zwischen 1949 und 2002. Sie verdeutlichen, wie Frankenthaler ihr Werk zu Lebzeiten jenseits aller vorherigen malerischen und gesellschaftlichen Konventionen konsequent weiterentwickelt.
Thomas Kufen, Oberbürgermeister Stadt Essen: „Das Museum Folkwang ist bis heute das kulturelle Herz von Essen. Hier treffen Tradition und Moderne sowie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Kunst und Gesellschaft aufeinander. Im kommenden Jahr blicken wir ge-meinsam auf 100 Jahre Tradition zurück und blicken gleichzeitig nach vorne in eine Zeit der Innovation und Moderne.“
Peter Gorschlüter, Direktor Museum Folkwang: „Wir freuen uns auf ein Jubiläumsjahr, in dem wir den Blick nicht nur auf die hundertjährige Geschichte in Essen richten, sondern einen Bogen spannen: von den Ideen unseres Museumgründers Karl Ernst Osthaus in die Gegenwart, vom Museum in die Stadt, von Essen in die Welt.“
Ulrich Blank, Vorsitzender Folkwang-Museumsverein e.V.: „Folkwang ist eine ungeheuer starke, verbindende Marke. Kulturgeschichte hat sie geschrieben mit der Idee, Kunst zum geisti-gen Eigentum aller Menschen zu machen. Der Folkwang-Museumsverein wird auch weiterhin zu diesem Mandat und seiner Mitverantwortung in Stadt und Museum stehen.“
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