Der Horst auf dem Dach des NABU-Naturschutzzentrums Storchenschmiede im brandenburgischen Linum ist leer. Der Jungstorch hat sich letzte Woche mit seinen Artgenossen auf den Weg in den Süden gemacht. Ein Happy End für Familie Storch – doch danach sah es lange nicht aus. „Dieses Jahr ist so ziemlich alles anders gelaufen als sonst“, sagt Lisa Hörig, Leiterin der Umweltbildung in der NABU-Storchenschmiede. „Dreimal kam es bei Vater Storch zum Partnerwechsel, dann schlüpften nur zwei von vier Eiern und der zweite Jungvogel verstarb wenige Tage später, und erst kürzlich drohte das Einzelkind durch die starken Regenfälle zu unterkühlen…Wir sind froh, dass am Ende alles gut gegangen ist!“

Storchensaison beginnt turbulent
Pünktlich zum 11. März kehrte das Storchenmännchen aus seinem Überwinterungsgebiet in Spanien zurück. Der Kennring an seinem Fuß identifizierte ihn als „unser“ Männchen, einen Storch, der in Protzen geschlüpft ist und seit 2019 seine Jungen auf dem Horst großzieht. Danach wurde es turbulent: Zuerst kam überraschend wenige Tage später eine Störchin zurück. Normalerweise lassen die Weibchen länger auf sich warten, da die meisten Linumer Störche traditionell die weitere und gefährlichere Route über den Bosporus nehmen. „Wir tippen darauf, dass die erste Dame eine ‚Westzieherin“ war, also über Frankreich aus ihrem Winterquartier in Afrika kam. Genau wissen wir das aber bis heute nicht“, sagt Hörig. Während die erste Störchin sich auf einem anderen Horst niederließ, wurde die Wiederkehr eines offenbar vertrauten Weibchens, vermutlich einer „Ostzieherin“ Mitte April vom Storchenmännchen mit lautem Klappern begrüßt. Schon bald wurden vier Eier im Nest bebrütet. Doch wenig später kam es zum Kampf auf dem Storchenschmiede-Horst. Ein weiteres Weibchen verscheuchte die brütende Storchendame und legte prompt zwei neue Eier. Letztendlich schlüpften zwei Küken, von denen nur eines durchkam.

Unwetter führt zum Tod einiger Jungstörche
Ende Juni zogen dann heftige Unwetter über Linum. Viele Jungstörche befanden sich zu diesem Zeitpunkt in dem kritischen Alter zwischen drei und fünf Wochen. „In dieser Entwicklungsphase ist das Deckgefieder der Störche noch nicht vollständig genug ausgebildet, um sie vor Regen zu schützen“, sagt Hörig, „Die Jungen sind aber auch nicht mehr so klein, dass die Altvögel sie unter ihrem Gefieder schützen können.“ Bei lang anhaltendem Regen kann das Gefieder der Jungstörche deshalb durchnässt werden, sodass sie an Unterkühlung sterben. In Linum sind auf diese Weise sieben Jungstörche  gestorben, sodass in diesem Jahr insgesamt nur sechs Jungvögel überlebt haben. „Das ist ein dramatisch schlechtes Brutergebnis“, so Hörig, „letztes Jahr sind noch ganze 19 Jungvögel flügge geworden!“ Doch zumindest auf dem Horst der NABU-Storchenschmiede überlebte der Jungstorch, weil er mit sieben Wochen bereits aus dem kritischen Alter heraus war.

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