Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersuchen derzeit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für  Evidenz in der Medizin am Universitätsklinikum Freiburg die Frage, ob sich durch nicht medikamentöse Verfahren die Symptome eines fortgeschrittenen Lymphödems lindern lassen.

Aus den recherchierten Studien konnten sie für drei Maßnahmen Anhaltspunkte für einen Vorteil im Hinblick auf einzelne patientenrelevante Endpunkte ableiten:

[*]Kompressionstherapie (Maßnahme, bei der enganliegende Bandagen Druck auf Arm oder Bein ausüben und es so den Lymphgefäßen erleichtern, die Lymphflüssigkeit abzutransportieren und die Schwellung zu reduzieren),
[*]Heimprogramm (Kombination aus „selbstangewendeter Lymphdrainage“, „Sport“, „Atemübungen“ und „Hautpflege“) und
[*]vaskularisierter Lymphknotentransfer (Transplantation von Lymphknoten aus einer anderen Region des Körpers in die betroffene Region).

Zu diesem vorläufigen  HTA-Bericht bittet das Institut nun bis zum 09.09.2021 um Stellungnahmen. Es handelt sich dabei um eine  Gesundheitstechnologie-Bewertung (engl.  Health Technology Assessment = HTA) im Rahmen des IQWiG-Verfahrens ThemenCheck Medizin. Die Fragestellungen dieser HTA-Berichte gehen stets auf Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern zurück.

Anfrage einer Bürgerin als Ausgangspunkt des Berichts

Die Lymphe ist eine klare Flüssigkeit, die über das Lymphgefäßsystem bis in die Venen fließt und unter anderem eine wichtige Rolle im körperlichen Abwehrsystem spielt. Ein Lymphödem entsteht, wenn der Fluss der Lymphe durch Schädigung von Lymphgefäßen oder Lymphknoten gestört ist und sich Lymphflüssigkeit im Gewebe sammelt. Dann schwillt meist ein Arm oder ein Bein an, weil sich Lymphflüssigkeit darin staut.

Lymphödeme treten am häufigsten bei Frauen auf, die wegen einer Brustkrebs-Erkrankung operiert oder bestrahlt worden sind. Doch auch Menschen, die wegen einer anderen Krebsart operiert worden sind, können hiervon betroffen sein. Sehr selten tritt ein Lymphödem aufgrund von anderen Ursachen auf.

Ausgangspunkt des jetzt vorliegenden vorläufigen HTA-Berichts war die beim ThemenCheck Medizin des IQWiG gestellte Frage einer Bürgerin, ob sich die Symptome eines fortgeschrittenen Lymphödems durch nicht medikamentöse Verfahren lindern lassen.

Mögliche Vorteile bei drei nicht-medikamentösen Verfahren

Für ihre vorläufige Nutzenbewertung haben die Freiburger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 23 geeignete Studien identifiziert. In 20 davon litten die Betroffenen an Brustkrebs.

Die in den Studien untersuchten Verfahren zur Linderung von Lymphödemen waren eine manuelle Lymphdrainage, eine Kompressionsbehandlung, Heimprogramme, eine Sport- oder Bewegungstherapie, diverse Komponenten der komplexen physikalischen Entstauungstherapie, der Einsatz eines Kinesiotapes, eine intermittierende pneumatische Kompression, ein vaskularisierter Lymphknotentransfer, eine Lasertherapie, Akupunktur, eine Thermotherapie und eine Eigenbluttherapie. In den meisten Studien wurden dabei neben der Prüf- und Vergleichsintervention auch Co-Interventionen durchgeführt.

Einzig für die Kompressionstherapie, Heimprogramme und den vaskularisierten Lymphknotentransfer konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Studien jeweils Vorteile im Hinblick auf einzelne patientenrelevante Endpunkte ableiten. Die Betroffenen erfuhren beispielsweise Linderung durch einen Rückgang der Schwellung, durch geringere stauungsbedingte Schmerzen und/oder funktionelle Verbesserungen im Bereich der Extremitäten. Da mit Ausnahme der Studie zum vaskularisierten Lymphknotentransfer keine verwertbaren Daten zu unerwünschten Ereignissen präsentiert wurden, war eine abschließende umfassende Nutzen-Schaden-Abwägung für die genannten Maßnahmen bislang nicht möglich.

Unter anderem wegen des hohen Verzerrungspotentials, der kleinen Studiengrößen und der  Heterogenität der Studien sei die Aussagekraft der Studien zudem sehr unsicher, schreiben die Autorinnen und Autoren des vorläufigen HTA-Berichts.

Das IQWiG bittet um Stellungnahmen

Zu dem nun vorliegenden vorläufigen  HTA-Bericht bittet das IQWiG bis zum 09.09.2021 um Stellungnahmen. Alle interessierten Personen, Institutionen und (Fach-)Gesellschaften können Stellungnahmen abgeben. Gegebenenfalls führt das IQWiG eine wissenschaftliche Erörterung zur Klärung von weitergehenden Fragen aus den schriftlichen Stellungnahmen durch. Die Ergebnisse aus der  Anhörung können zu Änderungen und/oder Ergänzungen des vorläufigen HTA-Berichts führen.

Die HTA-Berichte im Rahmen des ThemenCheck Medizin werden nicht vom IQWiG selbst verfasst, sondern von externen Sachverständigen. Deren Bewertung wird gemeinsam mit einer allgemein verständlichen Kurzfassung (HTA kompakt) und einem IQWiG-Herausgeberkommentar veröffentlicht.

Über Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.

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