Im Fiat Dieselskandal hat mit dem LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 09.07.2021, 19 O 737/21, ein weiteres Gericht Fiat Chrysler bzw. inzwischen Stellantis zu Schadensersatz verurteilt. „Die aktuelle Entscheidung zeigt erneut, dass Besitzer von Wohnmobilen, die mit Motoren des FCA Konzerns ausgestattet sind, nicht blauäugig die weiteren Entwicklungen abwarten, sondern zeitnah Schadensersatz von allen in Betracht kommenden Beteiligten fordern sollten“, empfehlen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Verbraucherschutzrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg.

Für den FCA Konzern wird es im Fiat Dieselskandal vor den Gerichten immer enger. Nachdem bereits die Landgerichte Stade, Koblenz und Gera die FCA Italy S.p.A., die zum heutigen Konzern der Stellantis N.V. gehört, in der Verantwortung sahen, stellte aktuell auch das Landgericht Nürnberg-Fürth mit seiner Entscheidung vom 09.07.2021, 19 O 737/21, fest, dass die Stellantis N.V. auf Schadensersatz haftet. Streitgegenständlich war ein Wohnmobil des „Typs Sun Ti 650 MF Platinum Selection“ des Herstellers Knaus. Das Fahrzeug ist mit einem für das Basisfahrzeug Fiat Ducato typischen 2,3-Liter Multijet-Dieselmotor der Euronorm 6b ausgestattet.

Der Kläger berief sich auf mehrere illegale Abschalteinrichtungen. So wurde insbesondere vorgetragen, dass die Abgasnachbehandlung zur Verminderung der Stickoxidemissionen rund 22 Minuten nach jedem Motorstart abgeschaltet wird. „Da der Testzyklus nur circa 20 Minuten andauert, führt diese Deaktivierung dazu, dass ausschließlich auf dem Prüfstand die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten eingehalten werden“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Hoffmann. Demgegenüber kamen verschiedene Messungen immer wieder zu dem Ergebnis, dass die in Wohnmobilen des Fiat-Chrysler Automobiles (FCA) – Konzerns verbauten Motoren im Realbetrieb ganz massive Überschreitungen der gesetzlich zugelassenen Grenzwerte aufweisen und damit die Luft verpesten.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth erachtete die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch damit als schlüssig dargelegt. Da sich Fiat bzw. Stellantis zu den Vorwürfen nicht geäußert hatte, gilt der Klägervortrag nach den gesetzlichen Vorschriften als zugestanden. Das Landgericht stellte zudem fest, dass die Beklagte das Fahrzeug aus „reinem Gewinnstreben" manipuliert habe und verurteilte das Unternehmen daher wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung zu Schadensersatz.

Die aktuelle Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth vom 09.07.2021 zeigt erneut, dass betroffene Wohnmobilbesitzer nicht einfach zuwarten, sondern jetzt tätig werden sollten. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass sich das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ausweislich eines Schreibens vom 07.07.2021 die Untätigkeit anderer offizieller Stellen im Fiat Dieselskandal wohl nicht mehr länger gefallen lassen, sondern bald selbst tätig werden will. Obwohl bei „einigen Wohnmobilen hohe Stickoxidemissionen aufgrund von Unzulässigkeiten festgestellt“ worden seien, seien bisher keine Maßnahmen eingeleitet worden. Daher prüfe man derzeit weitere Schritte, damit die „Unzulässigkeiten in den betroffenen Fahrzeugen“ entfernt werden, heißt es in dem Schreiben des KBA. Nach Auffassung der Nürnberger Rechtsanwälte ist es damit nur eine Frage der Zeit, bis das KBA für Tausende Wohnmobile in Deutschland einen verbindlichen Rückruf anordnen wird. 

Zudem droht auch die Verjährung der Schadensersatzansprüche. Nachdem es bereits 2018 zu ersten Medienberichten über die Manipulationen bei Fiat kam, könnten Gerichte „auf die Idee kommen“ dies als Beginn für die Verjährung anzusetzen. Danach würden die Ansprüche bereits Ende 2021 verjähren. Inhaber von betroffenen Wohnmobilen sollten die Sache also nicht mehr auf die lange Bank schieben, sondern sich bald fachkundigen Rechtsrat einholen.

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