Vom 26. bis 28. Juli laden die Vereinten Nationen nach Rom zu den Vorbereitungen des Welternährungsgipfels (UN Food Systems Summit, UN FSS) ein, der im September stattfinden wird. Für die Bundesregierung reist Bundesentwicklungsminister Gerd Müller nach Rom. MISEREOR, Brot für die Welt, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die Menschenrechtsorganisation FIAN und das entwicklungspolitische Netzwerk INKOTA befürchten, dass der Vorgipfel die Anliegen der von Hunger und Armut Betroffenen ignoriert und bestehende Probleme zementiert werden, statt menschenrechtlich verpflichtende Lösungsansätze endlich umzusetzen.

Die Zeit drängt: Die Zahl der Menschen, die weltweit Hunger leiden, steigt kontinuierlich an. Der Klimawandel zieht dramatische Folgen nach sich – im Globalen Süden und nun unübersehbar auch hierzulande. Für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen werden die aktuell bestehenden Ernährungssysteme verantwortlich gemacht – also die gesamte Kette von der Nahrungsproduktion bis auf die Teller. Zivilgesellschaftliche Organisationen mahnen deshalb schon lange, Alternativen zu stärken, statt an Bestehendem festzuhalten und Betroffene in die Entscheidungen mit einzubeziehen. Eine Chance, hier wichtige Weichen zu stellen, hätte der Vorgipfel in Rom bieten können. Diese droht nach Ansicht von MISEREOR, Brot für die Welt, AbL, FIAN und INKOTA, verspielt zu werden:

„Mit seiner Vielzahl an Diskussionsforen erweckt der Gipfel den Eindruck großer Inklusivität. Doch dieser Eindruck täuscht. Das Machtgefälle zwischen Agrarkonzernen und kleinen- und mittelständischen Lebensmittelerzeuger*innen wird nicht berücksichtigt“ kritisiert Paula Gioia, Beauftrage für internationale Fragen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Die Stimmen der Bäuerinnen und Bauern, die im Zentrum der Ernährungssysteme stehen und stehen müssen, drohen so überhört zu werden.“

Der Gipfel wurde bekannt gegeben, ohne das für Welternährungsfragen zuständige UN-Komitee (CFS) mit einzubeziehen. Schlüsselpositionen wurden mit Führungskräften der umstrittenen „Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika“ besetzt, die eng mit der Agrarindustrie zusammenarbeitet. Wiederholte Versuche der zivilgesellschaftlichen Organisationen im CFS, Struktur, Prozess und Ergebnisse des UN-Ernährungsgipfels demokratischer und auf Basis einer Verwirklichung des Rechts auf Nahrung zu gestalten, blieben ohne Erfolg.

Mangelnde Transparenz
 „Wir sehen in diesem Vorgehen mangelnde Transparenz, die zu Lasten der einfachen Produzent*innen und Konsument*innen gehen könnte“, erklärt Lutz Depenbusch, Referent für Landwirtschaft und Ernährung bei MISEREOR. „Der ganze Ansatz des UN Food Systems Summit birgt zudem die Gefahr, dass gegensätzliche Ernährungssysteme gleichberechtigt nebeneinandergestellt werden.“ Im CFS gefasste Beschlüsse für eine Priorisierung agrarökologischer Landwirtschaftsmodelle würden dadurch wieder in Frage gestellt und eine nachhaltige Transformation der Ernährungssysteme um Jahre zurückgeworfen.

Menschenrecht auf Nahrung entwertet
„Der aktuelle Prozess stellt die Interessen der Agrar- und Ernährungsindustrie über menschenrechtliche Verpflichtungen. Das ist fatal, weil das Menschrecht auf Nahrung damit entwertet wird“, sagt Astrud Lea Beringer, Koordinatorin bei der Menschenrechtsorganisation FoodFirst Informations- & Aktions-Netzwerk (FIAN), „Dies hat mehr als 500 Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen Welt dazu bewogen, dem UN Gipfel fernzubleiben und einen internationalen Gegengipfel zu organisieren.“

Auch MISEREOR, FIAN, AbL sowie Brot für die Welt und das INKOTA-Netzwerk haben sich entschieden, nicht am Vor-Gipfel in Rom teilzunehmen und den parallelen Protest des zivilgesellschaftlichen Prozesses (CSM) im CFS zu unterstützen, der großen Wert auf Partizipation und Lösungen unter Beachtung menschenrechtlicher Vorgaben legt.

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