Der Geschäftsführer der Produzentenallianz, Christoph Palmer, sprach in seiner Begrüßungsrede zunächst über den Status der Branche und bilanzierte: „Betrachtet man die zwölf Kultur- und Kreativbranchen Deutschlands, gehört die Film- und Fernsehbranche leider zu den am stärksten durch die Corona-Krise betroffenen. Und auch die kommenden Aufgaben werden nicht weniger. Steuerliche Rahmenbedingungen des Produzierens in Deutschland, die Rolle und Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie die Plattformen als Auftraggeber sind nur einige Themen, die die Branche in den nächsten Monaten und Jahren beschäftigen werden.“ Die Branche stehe vor großen Herausforderungen, jedoch habe sich gerade in den Krisenmonaten ein besonderer Zusammenhalt gezeigt. Genau diesen gilt es nun auch für die kommenden Aufgaben zu nutzen, so der CEO.
Im Anschluss referierten nacheinander Uli Aselmann (stellvertretender Vorsitzender der Produzentenallianz und Vorsitzender der Sektion Kino, sowie Geschäftsführer die film gmbh) und Prof. Dr. Johannes Kreile (Justiziar des Verbands und Leiter Sektion TV-Fiktion der Produzentenallianz) zum Thema Handlungskosten (HUs) in Film und Fernsehen. Dabei wurde nicht nur die Bedeutung von Handlungskosten als zentrales Element der Finanzierung von Film- und Fernsehwerken betont, sondern auch deren besonderes Gewicht zur Vielfaltssicherung. Uli Aselmann verkündete zudem Erfreuliches: „Das lange Ringen um die Handlungskosten trägt Früchte. So wurde der HU-Satz auf Ebene von FFA und BKM erst vergangene Woche angepasst. Damit können bei Kinofilmproduktion mit einem Produktionsbudget von 5 Millionen Euro 10 Prozent HUs kalkuliert werden. Bei einem Produktionsbudget bis 8 Millionen Euro und darüber ist die Höhe der HUs bei 650.000 Euro gedeckelt.“
Unter der Moderation von Ulrich Höcherl (Blickpunkt:Film) diskutierten anschließend Uli Aselmann, Ewa Karlström (Geschäftsführerin SamFilm GmbH), Oliver Koppert (Geschäftsführer Verleih und Sales, Constantin Film Verleih GmbH) und Dr. Gregory Theile (Geschäftsführer Kinopolis Management Multiplex GmbH) über den deutschen Kinofilm und dessen aktuelle Lage. Auf dem Podium waren sich die Beteiligten einig, dass gerade der Kinofilm eine unfassbar schwierige Zeit durchmacht. Die Gefahr einer Kannibalisierung, die sich durch die Stauung von Filmen in den vergangenen Monaten ergibt, müsse durch eine abgestimmte Strategie aufgefangen werden. Die unterschiedlichen länderspezifischen Regularien, die mit den nun startenden Kinowiedereröffnungen einhergehen, seien dabei allerdings wenig hilfreich. Wichtig sei außerdem, dass die junge Zielgruppe, die sich gerade auch durch die Corona-Krise vom Kino abgekoppelt hat, wieder für die Faszination und Magie des Kinos begeistert wird.
Im letzten großen Programmpunkt des Fachkongresses stand das Thema Investitionsverantwortung von On-Demand-Diensten im Mittelpunkt. In Anlehnung an ein französisches Dekret, welches die globalen On-Demand-Anbieter zu mehr Investitionen in regionales und lokales Programm verpflichtet und, das in Frankreich – am Veranstaltungstag des Fachkongresses – in Kraft getreten ist, wurde auch für den Film- und Fernsehstandort Deutschland debattiert, wie Marktpluralität und Vielfalt in Zeiten eines rasant wachsenden On-Demand-Marktes gesichert werden kann. Möglich macht dies die Richtline über audiovisuelle Mediendienste der EU, die in ähnlicher Weise auch in Deutschland Anwendung finden könnte. Dabei – so der Vorschlag von Produzentenallianz und Produzentenverband – sollen Produzent*innen auch angemessen am Erfolg der eigenen Produktionen beteiligt werden. Nach einem Kurzvortrag von Prof. Dr. Oliver Castendyk (Mitglied der Geschäftsleitung der Produzentenallianz) sprachen Oliver Berben (Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Constantin Film AG), Janine Jackowski (Geschäftsführerin Komplizen Film GmbH), Marcus Wolter (Geschäftsführer Brainpool TV GmbH sowie CEO und Co-Gesellschafter Banijay Germany) mit Moderator Michael Hanfeld (F.A.Z.) über die Investitionsverantwortung für Marktpluralität in Deutschland und Europa. Janine Jackowski erklärte dazu: „Die Investitionsverantwortung würde zu einer wichtigen Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen On-Demand-Anbieter und Produzent*innen führen. Ziel muss es sein, Produzent*innen und Kreative mit den Plattformen auf Augenhöhe zu bringen.“ Oliver Berben ordnete ein: „Bezogen auf die Erlösbeteiligung ist die Situation eigentlich keine neue. Schon vor Jahren hat die Produktionswirtschaft auf dem nationalen Markt erfolgreich für die Abschaffung des TotalBuyOuts gekämpft. Auch bei den On-Demand-Anbietern gilt es jetzt, diese fairen Auftragsbedingungen einzufordern“. Marcus Wolter ergänzte: „Die lokale Produktionswirtschaft investiert kontinuierlich in Kreation und Entwicklung – auch ohne Auftrag. Daher ist es nur richtig, dass die Produktionsunternehmen auch am Erfolg der eigenen Kreationen fair beteiligt werden. Nur so bleibt auch der Anreiz hoch, kreative und innovative Produktionen zu entwickeln – in Deutschland und in Europa.“
Deutscher Produzententag 2021
Der seit über zehn Jahren stattfindende Deutsche Produzententag ist der zentrale Fachkongress der Film- und Fernseh-Produktionswirtschaft und findet gewöhnlich am Tag der Eröffnung der Berlinale in Berlin statt. In diesem Jahr wurde der Veranstaltungstermin aufgrund der Corona-Pandemie auf den Start des Münchner Filmfests gelegt und digital abgehalten. Die Produzentenallianz dankt als Veranstalter ganz besonders den Sponsoren, die den Fachkongress maßgeblich unterstützen. Zu den langjährigen Sponsoren gehören SIXT Mov(i)es, adag Payroll Services sowie B2B Trip.
Die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen (kurz: Produzentenallianz) ist die unabhängige Interessenvertretung der Produzentinnen und Produzenten in Deutschland von Film-, Fernseh- und anderen audiovisuellen Werken. Sie repräsentiert mit fast 300 Mitgliedern die wichtigsten Produktionsunternehmen und ist damit die maßgebliche Vertretung der Produktionswirtschaft in Deutschland. Im nationalen und internationalen Rahmen tritt die Produzentenallianz gegenüber Politik, Verwertern, Tarifpartnern und allen Körperschaften der Medien- und Kulturwirtschaft für die Belange der Produzentinnen und Produzenten ein.
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