Die Covid-19-Krise hat die weltweite sozioökonomische Ungleichheit und die Diskussion über soziale Risiken für Unternehmen und Investoren ins Rampenlicht gerückt. Während sich die Bedeutung des Klimawandels im Laufe der Jahre auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und des steigenden Interesses der Marktteilnehmer aufgebaut hat, entwickelte sich das zweite große weltweite Thema der sozialen Gerechtigkeit schneller. Es ist allgemein anerkannt, dass eine zu hohe gesellschaftliche Ungleichheit eine reale Bedrohung für die Finanzstabilität und das Wirtschaftswachstum darstellt. Andererseits gibt es keinen wirklichen Konsens für soziale Risiken auf mikroökonomischer Analyseebene. Welche sozial bedingten Faktoren beeinflussen Unternehmen und damit auch ihren finanziellen Wert wesentlich? Was können Investoren tun?

Moody’s schätzt, dass acht Billionen US-Dollar der von ihr bewerteten Gesamtverschuldung wesentlichen sozialen Risiken ausgesetzt sind, d.h. viermal so viel wie den Risiken des Klimawandels; Tendenz steigend. Investoren sollten daher damit beginnen, soziale Risiken entlang ihrer gesamten Investment-Wertschöpfungskette zu betrachten und zu integrieren, um auf deren Auswirkungen auf die finanzielle Performance eines Unternehmens vorbereitet zu sein.

Soziale Risiken: eine Kategorie, die mehr Beachtung verdient

Konkret verstehen wir unter sozialen Risiken alle Probleme, die von sozialen Faktoren ausgehen und einen wesentlichen Einfluss auf ein Unternehmen und seine Stakeholder haben können. Und es geht darum, wie das Unternehmen selbst das soziale Umfeld (positiv oder negativ) verändern kann. So gelten Arbeit und Kapital heute als die wichtigsten Faktoren, auf denen wirtschaftliche Aktivität beruht. Ein Unternehmen, das in die Motivation und das Wohlbefinden der Mitarbeiter investiert, kann so zu einer besseren Börsen-Performance beitragen. Ein daran anknüpfender Aspekt ist die Einhaltung der Menschenrechte. Es liegt auch in der Verantwortung von Investoren und Asset Managern, diese sicherzustellen. Das ist außerdem aus Sicht des Risikomanagements sinnvoll. Hier geht es um politische Verpflichtungen, eingehende Unternehmensprüfungen in Bezug auf die Identifizierung, Prävention und Überwachung von Menschenrechtsverletzungen und um den Zugang der Betroffenen zu Rechtsmitteln. Ein weiteres soziales Risiko ist das Verbraucherverhalten. Konsumenten verlangen von den Unternehmen zunehmend, dass sie die soziale Lage nicht verschärfen, oder sogar einen positiven Einfluss nehmen.

Darüber hinaus ist es auch die Gesellschaft, die quasi ein soziales Unternehmensrisiko für Sektoren wie Bergbau und Versorgungsunternehmen darstellt, wie die Kohleabbaudiskussion zeigt. Es betrifft aber auch Branchen wie den Getränkesektor, der wegen seiner intensiven Nutzung von Wasser kritisch betrachtet wird. Nicht zuletzt gehören Regulierungsbehörden und Regierungen gewissermaßen zu den sozialen Risiken, da sie den Betrieb, das Geschäftsmodell und die Rentabilität eines Unternehmens massiv beeinflussen können. Hierzu zählen Steuern, wie die Erhöhung der Körperschaftssteuer, das Lieferkettengesetz, Arbeitsgesetze wie Mindestlohn, oder auch spezifische branchenbezogene Regulierungen, wie die Zuckersteuer.

Was Investoren tun können

Investoren sind mächtige Stakeholder, die soziale Risiken von der Analyse der Auswirkungen sozialer Risiken bis hin zu den Aktivitäten für Engagement und Abstimmungen in ihren Entscheidungsprozess einbeziehen sollten. In Bezug auf ESG-Analysen können Investoren mit Unterstützung von Asset Managern und Beratern die wesentlichsten sozialen Faktoren identifizieren, die ihre Portfolios beeinflussen. Dazu gehören Arbeitsbedingungen und Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Sicherheit, Kunden-/ Lieferantenbeziehungen, Produkt- und gesellschaftliche Verantwortung (einschließlich Steuerpraktiken) sowie Menschenrechte. Der Umfang der sozialbezogenen Daten, die über Unternehmen verfügbar sind, nehmen aktuell dank der Offenlegungsanforderungen von Regierungen und Regulierungsbehörden zu.

Es gibt die Möglichkeit Filter anzuwenden, der Emittenten mit schlechten sozialen Praktiken aus dem Anlageuniversum ausschließt. Anleger könnten etwa nur in solche Strategien investieren, die Emittenten ermutigen, ihre Geschäftsmodelle in Richtung einer höheren sozialen Wirkung zu verändern. Sozialanleihen können eine Finanzierung auf sozial nützliche Projekte beschränken, während sie gleichzeitig ein attraktives Risiko-Rendite-Profil erhalten, etwa durch Sustainability-Linked Bonds, also spezielle nachhaltige Anleihen, mit sozialem Fokus. Die Stimmabgabe auf Hauptversammlungen ist eine effektive Möglichkeit, Unternehmen klare Vorgaben zu machen, was von ihnen in Bezug auf soziale Verantwortung erwartet wird.

Wir gehen davon aus, dass soziale Risiken an Bedeutung gewinnen werden. In der Tat hat die Covid-19-Krise den Blick auf das S innerhalb von ESG geschärft. Firmen mit positiven sozialen Praktiken dürften in den kommenden Jahren attraktive Investitionsmöglichkeiten darstellen.

Quelleninformationen und weitere Informationen finden Sie im aktuellen Shifts & Narratives Paper #7 “ Opening the Pandora’s box of social risks: Consequences for investors ” und im Amundi Research Center.

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