Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 08.02.2017 – Az: 1 StR 483/16 entschieden, dass rechtsmissbräuchliche Abmahnungen als Betrug (§ 263 StGB) strafbar ist, wenn sich der Anwalt und der Mandant die erzielten Abmahngebühren teilen und dem Mandanten infolgedessen keine Kosten entstehen. Der Angeklagte Rechtsanwalt wurde zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt.

1. Worum ging es?

Ein Rechtsanwalt machte für seinen Mandanten, der einen Online-Shop betrieb, unberechtigte Abmahnungen wegen angeblicher Wettbewerbsverletzungen auf eBay geltend. Zusammen mahnten sie gut 1.600 eBay-Nutzer ab. Den Verkäufern wurde vorgeworfen, ihre Tätigkeit als Unternehmer auf der Auktionsplattform eBay zu verschleiern. Es wurden Abmahnkosten zwischen 555,60 EUR und 755,60 EUR pro Abmahnung geltend gemacht.

Beide Angeklagte hatten eine Vereinbarung getroffen, nach der die Abmahnkosten nicht durch den Mandanten getragen werden müssen, soweit die die Abgemahnten den Betrag nicht ausgleichen würden. Stattdessen wurden eingehende Zahlungen – letztlich (nur) ca. 13.000,- Euro – untereinander aufgeteilt

2. Was hat der BGH entschieden?

Der BGH bestätigte das Urteil des Landgerichts Amberg, das beide geständigen Täter wegen Betrugs (§ 263 StGB), versuchten Betrugs (§§ 22, 23, 12, 263 StGB) und Beihilfe zum Betrug (§§ 27, 263 StGB) verurteilt. Der BGH führt aus, dass die Täter ihre Opfer sowohl über die entstandenen Anwaltskosten, als auch über das angebliche wettbewerbsinteresse der Abmahnungen getäuscht hatten, da vorliegend ausschließlich finanzielle Ziele verfolgt worden. Damit war die Einstufung als Betrug zutreffend.

3. Wann ist eine Abmahnung zulässig?

Oberstes Ziel einer Abmahnung muss weiterhin die Beseitigung wettbewerbswidrigen Verhaltens des Mitbewerbers sein. Demnach kann, "insbesondere, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen" (Wortlaut § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG), die Geltendmachung eines solchen Unterlassungsanspruchs wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig sein. Die Abgemahnten werden (konkludent) über die Tatsache getäuscht, dass der Forderung ein wettbewerbsrechtlich bedeutsamer Abmahnvorgang zugrunde liegt und dass es nicht um die bloße Generierung von Rechtsanwaltsgebühren geht.

4. Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus?

Der BGH erteilt der früheren Rechtsprechung der Instanzgerichte (z.B. OLG Köln, Beschl. v. 14.05.2013 – Az.: III-1 RVs 67/13) eine Abfuhr, die die Geltendmachung von unberechtigten Abmahnkosten für einen Betrug nicht ausreichen ließen. Das Versenden von Abmahnungen, die ausschließlich wettbewerbsfremden Interessen des Abmahners dienen, stellt somit eine strafbare (Betrugs-)Handlung dar.

Der BGH hat insoweit einen weiteren Schritt unternommen, um diese Adressaten von Abmahnungen zu schützen. Hieraus kann jedoch keine generelle Unzulässigkeit von Abmahnungen geschlossen werden. Vielmehr muss – gerade in Anbetracht der erheblichen Kosten – jede Abmahnung zunächst ernst genommen werden. Beigefügte Unterlassungserklärungen sollten jedoch erst unterzeichnet werden, wenn der Hintergrund der Abmahnung geklärt werden konnte und der Inhalt der Unterlassungserklärung hinreichend überprüft wurde. Denn weitere Verstöße führen regelmäßig zu hohen Vertragsstrafen.

Gerne unterstützen wir Sie im Fall einer Abmahnung und klären Sie umfassend zu Ihren Rechten und Pflichten auf.

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