Sie sind zwischen sechs und 20 Stundenkilometer schnell, kleiner als ein Tretroller und seit 2019 auch auf deutschen Straßen offiziell zugelassen. Durch die Corona-Pandemie haben sie Hochkonjunktur. Die Rede ist von Elektrorollern oder zu neudeutsch E-Scootern. Die Befürworter preisen die Umweltfreundlichkeit der kleinen, praktischen Vehikel, die Gegner stellen nicht nur den ökologischen Vorteil in Frage, sondern weisen auf die Gefahren hin, die von Elektrorollern ausgehen. ARAG Experte Tobias Klingelhöfer beleuchtet beide Seiten und hat erste Unfallzahlen für eine (ernüchternde) Bilanz.

E-Scooter boomen. Was sagt die Unfallstatistik?
Tobias Klingelhöfer: Lange gab es keine aussagekräftigen Zahlen für Deutschland. Aber durch die Corona-Pandemie sind E-Scooter – oder Elektrokleinstfahrzeuge, wie sie auf Beamten-Deutsch heißen – absolut angesagt. Und damit sind auch die Unfallzahlen gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt gab es von Januar bis September in 2020 knapp 1.600 Unfälle mit Personenschaden. Und man muss bedenken, dass die Verleih-Firmen der Roller aufgrund des ersten Shutdowns nur eingeschränkt oder gar nicht arbeiten durften. Und trotzdem wurden rund 270 Fahrer sogar schwer verletzt. Das sind schlimme Zahlen, die die Frage nach der Helmpflicht aufwerfen, die es zurzeit noch nicht gibt.

Was muss man über die E-Scooter wissen?
Tobias Klingelhöfer:
Sie müssen bestimmte Normen erfüllen. So dürfen sie ein Gewicht von 55 Kilogramm ohne Fahrer nicht überschreiten. Sie dürfen außerdem höchstens 70 cm breit, 200 cm lang und mit Lenk- oder Haltestange bis zu 140 cm hoch sein. Die zugelassene Höchstgeschwindigkeit beträgt 20 Stundenkilometer.

Genau wie Fahrräder müssen E-Scooter zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen haben. Außerdem müssen die Steuerelemente für den Elektromotor sofort nach dem Loslassen in ihre Nullstellung zurückspringen. Sonst würde sich der Scooter bei einem ungewollten Absteigen ja selbstständig machen. Die Beleuchtung darf zwar abnehmbar sein, aber seitliche Reflektoren sind genauso Pflicht wie eine gut hörbare Klingel oder Glocke. Keine Hupe!

Wo dürfen E-Scooter fahren? Gehweg, Radweg, Fahrbahn?
Tobias Klingelhöfer:
Alle Roller dürfen auf Radwegen und Radfahrstreifen unterwegs sein. Gibt es die nicht, gehören die kleinen Flitzer auf die Fahrbahn. Die ursprüngliche Regelung, E-Scooter, die zwischen sechs und zwölf Stundenkilometer schnell sind, auf Gehwegen fahren zu lassen, wurde vom Bundesrat verworfen.

Braucht man einen Mofa-Führerschein?
Tobias Klingelhöfer:
Nein, eine spezielle Fahrerlaubnis ist nicht erforderlich. Jugendliche ab 14 Jahren dürfen E-Scooter fahren. Vorgeschrieben ist aber eine Haftpflichtversicherung. Die wird hinten am Fahrzeug durch einen Versicherungsaufkleber mit fälschungssicherem Hologramm dokumentiert.

Was ist mit Alkohol?
Tobias Klingelhöfer:
Das ist gar keine gute Idee! Anders als bei Fahrrädern oder auch E-Bikes gelten für E-Scooter die strengeren Promillegrenzen für Kraftfahrzeuge. Das heißt, für Fahranfänger gilt die 0,0 Promillegrenze, für alle anderen Fahrer ist mit 0,5 Promille Alkohol im Blut Schluss. Ansonsten drohen Bußgeld und Fahrverbot.

Mit welchen Bußgeldern muss man rechnen?
Tobias Klingelhöfer:
Wer einen Unfall mit einem nicht zugelassenen E-Scooter baut, haftet für alle verursachten Schäden. Zudem kostet es 70 Euro Bußgeld und die Polizei kann Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz verhängen. Dafür werden 150 bis 500 Euro fällig. In Summe also ein teurer Spaß, ohne Zulassung und Versicherung durch die Gegend zu düsen.

Auch Rotlichtverstöße sind übrigens auf dem elektrischen Roller kein Kavaliersdelikt: Geschieht beim Ignorieren der roten Ampel ein Unfall, wird ein Bußgeld von 180 Euro fällig. Zudem kostet es einen Punkt in Flensburg.

Auf welche Gefahren muss man sich einstellen?
Tobias Klingelhöfer:
Das Brett eines E-Scooters ist relativ kurz. Fahrer müssen sich mit beiden Händen am kurzen Lenker festhalten und haben keinen Arm frei, um anzuzeigen, wenn sie abbiegen wollen. Und da weder Blinker oder Bremsleuchten bei E-Scootern vorgeschrieben sind, werden Bremsvorgänge und Fahrtrichtungswechsel oft spät oder gar nicht von anderen Verkehrsteilnehmern erkannt. Wer auch bei winterlichen Temperaturen auf seinen E-Roller steigt, sollte sich besonders warm anziehen, weil man sich weniger bewegt, als auf einem Fahrrad. Auch glatte oder holprige Straßen sind für E-Scooter-Fahrer aufgrund der kleinen Räder eine besondere Herausforderung und nicht mit dem Fahrrad zu vergleichen. Anfängern rate ich daher unbedingt zu einigen Übungsrunden ohne Verkehr, z. B. auf einem leeren Parkplatz.

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