Technik
Das Motorrad holt man am besten mit einer technischen Durchsicht aus dem Winterschlaf. Im Vordergrund sollte dabei ein gründlicher Check der sicherheitsrelevanten Bauteile stehen, der zumindest die folgenden fünf Aspekte berücksichtigt:
➡️ Bremsanlage:
Sind die Bremsleitungen frei von Beschädigungen, Rissen oder porösen Stellen? Wie steht es um die Bremsflüssigkeit? Haben die Bremsbeläge noch genug „Fleisch“? Sind die Bremsscheiben in Ordnung (Mindestdicke, Riefen, Risse)? Beim anschließenden Funktionstest (Motorrad schieben) sollte sich am Hand- und am Fußhebel umgehend Bremswirkung aufbauen und ein fester Druckpunkt zu spüren sein. Nach dem Lösen der Bremse muss das Motorrad sich wieder freigängig schieben lassen.
➡️ Elektrische Anlage:
Die Batterie ist frisch geladen? Dann weiter zur Prüfung von Stand-, Abblend- und Fernlicht sowie Rücklicht und Bremslicht inklusive der Betätigungsschalter. Blinker, Hupe, Killschalter und die Armaturenbeleuchtung nicht vergessen. Defekte sollten umgehend beseitigt werden.
➡️ Bereifung:
Die Reifen auf Beschädigungen und Risse an den Flanken und auf der Lauffläche untersuchen. Ist noch genug Profil vorhanden? Der Gesetzgeber verlangt mindestens 1,6 mm Profiltiefe, jedoch ist ein Reifenwechsel vor Erreichen des Minimums ratsam, da man sonst schnell unterhalb der Grenze unterwegs sein kann. Zudem können stark abgefahrene oder eckiggefahrene Reifen das Fahrverhalten merklich verschlechtern. Zuletzt noch den Reifenfülldruck (bei kalten Reifen) kontrollieren und bei Bedarf korrigieren.
➡️ Fester Sitz zentraler Bauteile:
Alle sicherheitsrelevanten Schrauben (Achsen, Bremsen, Lenker, Lenkerarmaturen etc.) sollten auf festen Sitz überprüft und im Zweifelsfall nachgezogen werden, dabei ggf. die empfohlenen Drehmomentwerte beachten!
➡️ Lenkung und Fahrwerk:
Vorderradgabel und hintere Federbeine mehrmals ordentlich einfedern. Es dürfen weder verdächtige Geräusche noch Undichtigkeiten auftreten. Auch darf kein Spiel spürbar werden. Letzteres gilt auch für die Lenkkopf-, Rad- und Schwingenlager, die zugleich auf Leichtgängigkeit überprüft werden. Den Kettenantrieb (falls vorhanden) auf Verschleiß prüfen und Kettenspannung sowie Kettenflucht kontrollieren.
Ergänzt bzw. begleitet werden sollte der Kontrollgang durch Reinigungs- und Pflegearbeiten wie das Ölen und Abschmieren beweglicher Bauteile. Dabei kommt man auch versteckten Funktionsfehlern auf die Spur. Je nachdem, ob das Motorrad gut eingemottet an einem trockenen Plätzchen überwintert hat, oder ob es draußen geparkt worden ist, kann der Aufwand dabei unterschiedlich hoch ausfallen.
Der Frühjahrscheck sollte sorgfältig vorgenommen werden, denn er stellt die Weichen für eine sorgenfreie Motorradsaison. Daher darf die technische Kontrolle gerne auch gründlicher ausfallen. Eine gute Orientierung, worauf dabei im Einzelnen zu achten ist, bietet das ifz mit der „Checkliste für den Saisonstart“, in der alles Wissenswerte kompakt und übersichtlich zusammengestellt worden ist. Die Checkliste ist als kostenloser Download abrufbar, kann wahlweise aber auch als Printversion bestellt werden. Noch bequemer geht es mit der ifz-App „MOTO“ (erhältlich bei Google Play oder im App Store). Damit hat man die komplette Liste gleich zum Abhaken zur Hand.
Touring
Nicht nur das Motorrad, auch der Fahrer sollte gut vorbereitet in die Saison starten. Dazu gehört zunächst eine gewisse Grundfitness – ein nicht zu unterschätzender Sicherheitsfaktor, denn ein trainierter Körper kann schneller reagieren, hält länger durch, bleibt entspannter und aufmerksamer. Hier lohnt es sich, kleinere Übungen für Zwischendurch in den Alltag einzubauen. Es müssen nicht immer die klassischen Sit-ups, Liegestütze und Kniebeugen sein. Das Internet bietet zahlreiche alternative Anregungen für Körpergewichts- und Sofatrainings.
Empfehlenswert sind darüber hinaus auch ein paar mentale Einstiegsübungen, bei denen man sich typische Verkehrssituationen vergegenwärtigt. Mit Hilfe des geistigen Vorwegnehmens von möglichen Gefährdungslagen, des Durchdenkens von dabei wahrscheinlich auftretenden Handlungsabläufen und des Durchspielens von darauf reagierenden Fahrmanövern lassen sich über den Winter verblasste Fertigkeiten schneller wieder aktivieren.
Zur mentalen Fitness und der Rückkehr zu alten Routinen gehört auch das bewusste Zurückfinden in den öffentlichen Verkehrsraum. Motorrad- und Rollerfahrer sollten sich klarmachen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer in den vergangenen Monaten größtenteils ohne Kontakt zu motorisierten Zweirädern unterwegs gewesen sind und sich erst wieder auf die veränderte Verkehrslage einstellen müssen. Die Gefahr, übersehen zu werden, ist zu Saisonbeginn besonders groß. Ihr begegnet man mit einer vorausschauenden und defensiven Fahrweise, aber auch dadurch, dass man durch ein erkennbares Fahrverhalten die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wer im Zweifelsfall einer unübersichtlichen Verkehrslage vom Gas geht, bremsbereit ist und mit den Fehlern der anderen rechnet, hat beste Chancen, einer Gefahrensituation bereits im Vorfeld aus dem Weg zu gehen.
Da auch die praktischen Fahrfertigkeiten in den vergangenen Monaten eingerostet sind, sollte der Saisonstart ruhig und gelassen angegangen werden. Die vertrauten Handlungsabläufe sitzen noch nicht richtig und müssen erst wieder eingeübt werden. Gerade auf den ersten Touren ist die Gefahr groß, sich vom Gefühlsüberschwang mitreißen zu lassen. Wer es stattdessen zu Beginn ruhig angehen lässt und sich an Schräglage, Beschleunigungs- und Bremsvermögen der Maschine langsam herantastet, ist nicht nur sicherer unterwegs, er wählt so auch den kürzesten Weg zur Wiedererlangung des alten Fahrkönnens.
Training
Für das erwähnte Wiedererlangen wie auch für die Verbesserung des eigenen Fahrkönnens hat sich gezieltes Training als sehr effektiv erwiesen. Besonders erfolgversprechend ist dabei die Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining unter professioneller Anleitung. Solche Roller- und Motorradtrainings gibt es in vielen verschiedenen Varianten. Ob Anfänger, Wiedereinsteiger, Fortgeschrittener oder Routinier, jeder kann sein passendes Training finden. Besonders schnell und effektiv geht dies mit dem Online-Trainingsportal, das das ifz in Kooperation mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) und dem ADAC organisiert. Damit ist die gewünschte Trainingsvariante in der passenden Region nur wenige Mausklicks entfernt. Zur regelmäßig aktualisierten Trainingsdatenbank geht es => hier.
Wer nicht bis zum Trainingstermin warten möchte, kann vorher schon aktiv werden, um an seinen Fähigkeiten zu feilen. Bereits ein leerer Großparkplatz reicht hier als Voraussetzung, um sich in Eigeninitiative wieder mit den Fahrzeugreaktionen vertraut zu machen und Fahrtechniken zu verbessern. Folgende Übungen sind dabei empfehlenswert:
➡️ Schritttempo:
Eine längere Strecke so langsam wie möglich zurücklegen. Das schult das Gespür für die Balance.
➡️ Trialstopp:
Langsam fahren, möglichst bis zum Stillstand (oder kurz davor) abbremsen, ohne die Füße von den Rasten zu nehmen. Kurz verharren, dann vorsichtig dosiert wieder anfahren.
➡️ Achten fahren:
Der Fahrschulklassiker baut Vertrauen in die Schräglage auf und vermittelt ein gutes Gefühl für das Handling der Maschine. Dabei auf die Blickführung achten.
➡️ Bremsen:
Nichts ist wichtiger als gutes Bremsen. Aus verschiedenen Geschwindigkeiten heraus punktgenaue „Zielbremsungen“ machen. Dabei einen bestimmten Anhaltepunkt fixieren.
Wer sich und seine Maschine auf diese Weise frühjahrsfit gemacht hat und mit einer vernünftigen Selbsteinschätzung an den Start geht, der ist in puncto Sicherheit gut gerüstet. Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen, dann steht einem gelungenen Saisonauftakt nichts mehr im Wege.
Weiteres Bildmaterial finden Sie im Online-Pressebereich des ifz.
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