"Am heutigen Jahrestag des EU-Türkei-Abkommens ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die EU verantwortlich für die Zustände in den griechischen Lagern ist. Sie macht die Politik, die all jene Bilder von verzweifelten Menschen in Zelten produziert, die man in Deutschland regelmäßig im Fernsehen sieht. Die Vorstellung, dass es sich bei den Zuständen auf Lesbos um eine humanitäre Katastrophe handelt, ist daher irreführend. Sie verdeckt, dass der "Moria-Komplex" Ergebnis politischer Entscheidungen ist und versperrt die Möglichkeit, die Rechte von Geflüchteten ins Zentrum der Auseinandersetzung zu stellen", so Maximilian Pichl.
"Es ist ein trauriger Jahrestag und es wäre schön, wenn es der letzte wäre, an dem der Deal in Kraft ist. Denn das Abkommen aus dem Jahr 2016 ist ein einziges menschen- und asylrechtliches Desaster", sagt Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration bei medico international. Dabei sei vollkommen egal, ob man auf die Zwecke des Abkommens schaue oder auf die Mittel seiner Durchsetzung: "Wir sehen Menschenrechtsverletzungen, soweit das Auge reicht. Und das ist politisch gewollt: Sie sollen Migranten abschrecken", so Lenz weiter.
Die Situation auf Lesbos sei ein politisches Problem, das auf politischer Ebene behandelt werden müsse, kritisieren auch die Helfer von der medico-Partnerorganisation Stand by Me Lesvos. "Keine noch so große humanitäre Anstrengung der Welt kann den fehlenden politischen Willen ausgleichen. Es gilt, endlich die Ursachen zu bekämpfen, die die Asylsuchenden derzeit ihrer Rechte berauben und ihnen Leid zufügen. Doch auch einige Hilfsorganisationen auf Lesbos befinden sich derzeit in einer paradoxen Situation. Sie sind von den Problemen abhängig geworden, die sie eigentlich beheben sollen. Man sollte daher die weiterhin katastrophale Situation im Lager hinterfragen und den massiven Summen an Geld und Arbeitskraft, die dafür mobilisiert wurden, gegenüberstellen", so Shirin Tinnesand von Stand by Me Lesvos.
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