Bürgerräte werden seit einigen Jahren verstärkt als Beteiligungsform zur Ergänzung der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie diskutiert – und inzwischen auch auf Bundesebene eingesetzt. In der neuen Publikation „Zukunftsmodell Bürgerrat?" geht die Konrad-Adenauer-Stiftung der Frage nach, welche Potentiale und Grenzen diese losbasierte Bürgerbeteiligung hat. Aus Sicht der Autorinnen und Autoren werden Bürgerräte in der öffentlichen Diskussion regelmäßig entweder unter- oder überschätzt. So sei die Wirksamkeit von Bürgerräten begrenzt: Positive Effekte ließen sich vor allem bei dem sehr engen Teilnehmerkreis ausmachen; Bürgerräte müssten deshalb in eine breitere öffentliche Kampagne oder einen allgemeineren Bürgerdialog eingebunden werden. Zudem stellt die Studie fest: „Bürgerräte und Parlamente können in eine Legitimationskonkurrenz zueinander treten. Sie wird verhindert, wenn das Parlament klarer Auftraggeber des Verfahrens ist." Bürgerräte, die mit Erwartungen an verbindliche Entscheidungskompetenz belastet würden, seien zum Scheitern verurteilt.

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Prof. Dr. Norbert Lammert, betonte anlässlich der Veröffentlichung der Publikation: „Für die einen sind Bürgerräte der Königsweg zur Revitalisierung der Demokratie, für die anderen untergraben sie das repräsentative Wahlverfahren unseres Parlamentarismus und sind deshalb fundamental abzulehnen. Wir wollen in dieser wichtigen Debatte einen Beitrag zur nüchternen Betrachtung leisten – und die Vorzüge, die Risiken, die erwünschten und auch unerwünschten Nebenwirkungen anhand konkreter Erfahrungen in anderen Ländern, auch auf kommunaler Ebene darstellen und einordnen. Bürgerräte können eine sinnvolle Ergänzung bestehender Beteiligungsformen sein, wenn man damit nicht zu viele, am Ende nicht erfüllbare Erwartungen weckt. Umso wichtiger ist es, dass sie klare Strukturen und Abläufe haben. Der erste vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat war eine gute Gelegenheit, diese Mechanismen einmal in der Praxis durchzutesten."

Der Ältestenrat des Deutschen Bundestages hatte im Juni 2020 einen Bürgerrat beschlossen, der Anfang des Jahres unter dem Titel „Deutschlands Rolle in der Welt" seine Arbeit aufgenommen hat. Losbasiert sollte er einen gesellschaftlichen Querschnitt der Bevölkerung Deutschlands abbilden. Seine in zehn Online-Veranstaltungen erarbeiteten Empfehlungen zur Außenpolitik wurden kürzlich vorgestellt und werden nun bis zum 19. März in ein Bürgergutachten gefasst und dem Parlament überreicht.

In der Studie „Bürgerräte als Zukunftsmodell?" untersucht die Konrad-Adenauer-Stiftung im Rahmen ihres längerfristigen Schwerpunktthemas „Repräsentation und Partizipation" die Fragen der konkreten Ausgestaltung des Prozederes, mögliche Umsetzungsprobleme und deren Lösungsansätze. Der erste Beitrag von Prof. Dr. Manuela Glaab nähert sich dem Thema aus demokratietheoretischer Perspektive, geht jedoch auch auf die Praxis ein. Der zweite Beitrag von Tobias Montag und Alexander Beribes untersucht vergleichend die beiden Bürgerräte auf nationaler Ebene in Irland und Frankreich sowie zwei regionale Fallbeispiele im österreichischen Bundesland Vorarlberg und in Ostbelgien. Den Abschluss bilden ausgewählte Thesen, die Anregungen für die Umsetzung und Weiterentwicklung von Bürgerräten enthalten.

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