„Die Corona-Krise lässt den Zahlungseingang nach erbrachter Leistung für Lieferanten und Dienstleister immer unsicherer werden. Trotz staatlicher Hilfspakete und den zeitweisen Lockerungen der Insolvenzantragspflicht ist das Forderungsausfallrisiko erheblich gestiegen. Dies wirkt sich erheblich auf die Liquidität der Firmen aus und wird immer mehr zu einer Gefahr für ihre unternehmerische Existenz“, sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius. „Im kommenden Jahr wird das Forderungsrisiko aufgrund zunehmender Insolvenzzahlen noch größer sein. Immerhin: Dass mehr als die Hälfte der Unternehmen in Osteuropa ihre Forderungen seit Corona absichert, zeigt, dass sich die Firmen in dieser Region der Gefahr frühzeitig bewusst geworden sind und ihre Geldzuflüsse aktiv schützen wollen.“
Erhebliche Verkaufsrückgänge sorgen für Liquiditätsengpässe
In Osteuropa gaben 57 % der befragten Unternehmen an, dass sie während der Pandemie auf eine Absicherung ihrer Außenstände mithilfe einer Kreditversicherung gesetzt haben. 59 % der Befragungsteilnehmer berichteten aber auch, dass sie infolge der Pandemie erhebliche Umsatzeinbußen verzeichnen mussten.
Auch die Zahlungsverzögerungen haben deutlich zugenommen, wie die aktuelle Studie zeigt: In Osteuropa wurden nach Ausbruch der Corona-Pandemie im März 45 % der Außenstände erst nach dem Fälligkeitstermin bezahlt. In der Vorjahresbefragung von Atradius lag dieser Wert noch bei 24 % des Gesamtumsatzes. Im weltweiten Vergleich liegen die osteuropäischen Firmen damit im Mittelfeld: In Westeuropa waren laut Zahlungsmoralbarometer zuletzt 47 % der Rechnungen am Fälligkeitstag noch unbezahlt, in Nord- und Südamerika insgesamt 43 %. In Asien kam es infolge von Corona dagegen bei mehr als der Hälfte der Forderungen (52 %) zu Verzögerungen.
Aufwand, um offene Forderungen einzuziehen, nimmt stark zu
Außer häufigeren Liquiditätsengpässen verursachten die gestiegenen Forderungsrisiken auch steigende Einzugskosten für offene Zahlungen bei Europas Lieferanten und Dienstleistern. Darauf weist unter anderem der zuletzt gestiegene DSO-Wert (Days Sales Outstanding, durchschnittliche Forderungslaufzeit in Tagen) hin. Der DSO-Wert misst den Zeitraum zwischen der Rechnungsstellung und dem Zahlungseingang. Je kürzer diese Spanne ist, desto effizienter können Firmen ihre Außenstände einziehen und Liquidität generieren.
In Osteuropa liegt der DSO-Wert der Firmen aktuell bei 103 Tagen, 89 % der befragten Firmen berichteten hier zuletzt von einem Anstieg ihrer DSO. Auch der Wert der zu spät bezahlten Rechnungen nahm bei Osteuropas Firmen äußerst stark zu mit durchschnittlich 88 %.
Rückkehr auf die Erfolgsspur gelingt am besten mit gutem Forderungsmanagement
Trotz des erheblichen Anstiegs der verspäteten Zahlungen und der beträchtlichen Anzahl von Unternehmen, die angaben, zuletzt mit Liquiditätsproblemen konfrontiert gewesen zu sein, blicken die Firmen in Osteuropa insgesamt optimistisch ins kommende Jahr. „Ihre Liquiditätssituation ist ungeachtet der soliden Risikostrategie vieler Unternehmen aber insgesamt sehr angespannt und ihr Insolvenzrisiko erhöht. Fällt eine ungedeckte Forderung dann aus, droht ihnen schnell die Folgeinsolvenz, wenn sie eigene Verbindlichkeiten aufgrund von mangelnder Liquidität nicht mehr begleichen können“, sagt Dr. Thomas Langen.
Das Atradius Zahlungsmoralbarometer
Das Atradius Zahlungsmoralbarometer für Osteuropa enthält die Befragungsergebnisse zum Zahlungsverhalten im Firmengeschäft in sieben Ländern aus den vergangenen zwölf Monaten. Insgesamt 1.400 Firmen in Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei, der Tschechischen Republik, der Türkei und Ungarn wurden befragt.
Alle Analysen des Zahlungsmoralbarometers können auf www.atradius.de im Menüpunkt Publikationen heruntergeladen werden
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