Die Folgefragen, wie Anerkennung, Feststellung und Anfechtung der Mutterstelle sieht der djb allerdings nicht günstig gelöst, wie Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der zuständigen Fachkommission im djb, kritisch anmerkt. Denn das Nichtbestehen der Mutterschaft kann nur festgestellt werden, wenn ein „Mann Vater des Kindes ist“. Die gewählte Formulierung ist missverständlich und erhellt erst bei der Normierung der Anfechtungsfristen, was tatsächlich gemeint ist. So beginnt nämlich im Fall der Anfechtung der Mutterschaft die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die anfechtungsberechtigte Person von Umständen erfährt, die dafürsprechen, dass ein Mann während der Empfängniszeit der Frau, die das Kind geboren hat, „beigewohnt“ hat. Diesen Begriff und den damit zwangsläufig verbundenen „Blick ins Schlafzimmer“, hat sich der djb schon früher verbeten, so Meyer-Wehage weiter. Sinnvoller erscheint es, die Mutterschaft an das Vorliegen einer Einwilligung zur Zeugung des Kindes zu knüpfen.
Schließlich lässt der Entwurf Eltern mit „divers“-Eintrag und Eltern ohne Geschlechtseintrag außen vor, da er zwar eine zweite Mutterstelle ermöglicht, nicht aber eine weitere Elternbezeichnung. Auch die Diskriminierung von trans* Eltern wird nicht beseitigt, sondern fortgeschrieben. „Das ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich“, erläutert Wersig.
Damit der „Kessel“ auch „bunt“ ist, nimmt sich der Entwurf außerdem der elterlichen Sorge an, insbesondere bei nicht miteinander verheirateten Eltern. Mit der Vaterschaftsanerkennung soll zukünftig automatisch die gemeinsame elterliche Sorge verbunden sein. Das lehnt der djb ab! Denn der Entwurf bringt die Mutter in ein Dilemma: Will sie das gemeinsame Sorgerecht nicht, weil das Kind z.B. aus einer flüchtigen Beziehung oder einer Vergewaltigung hervorgegangen ist, muss sie ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung verweigern mit der Folge, dass ihr Kind vorerst keine Unterhalts- und Erbansprüche gegen den bekannten Vater hat und die Vaterschaft gerichtlich festgestellt werden muss. „Es kann nicht Ziel des Gesetzes sein, eine Mutter, die ihrem Kind Unterhalts- und Erbansprüche sichern will, dazu zu zwingen, mit dem Vater gemeinsam das Sorgerecht auszuüben.“, kritisiert Wersig daher.
Die dritte Zutat im Kessel ist – um im Bild zu bleiben – das Wechselmodell: Hier sind Regelungen im Kindesunterhalt vorgesehen, die man wieder „mit Fug und Recht als Insellösung beschreiben kann“, so Meyer-Wehage. Der Entwurf setzt – bezogen auf die gemeinsame Betreuung von Kindern – lediglich die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema Unterhalt um, ohne die Folgefragen im Sozialhilfe- und Steuerrecht zu regeln, die einer Klärung jedoch dringend bedürfen.
Zudem fängt der Entwurf die Benachteiligung von Frauen nicht ein, die sich dadurch ergibt, dass das Wechselmodell erst nach der Trennung der Eltern gelebt wird. Während in einer intakten Ehe immer noch häufig die Frauen eine eigene Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Familienarbeit einschränken, nimmt das Wechselmodell nach der Trennung auf die dadurch für sie entstandenen Belastungen keine Rücksicht, sondern normiert nach aktueller Rechtsprechung eine volle Erwerbsobliegenheit unter Hinzurechnung von Einkünften, die tatsächlich nicht erzielt werden.
Fazit
Auch wenn der „große Wurf“ im Abstammungsrecht weiter auf sich warten lässt und die ergänzenden Regelungen nicht immer überzeugen, ist es an der Zeit, Reformen, insbesondere zur Vermeidung einer Stiefkindadoption, endlich in Angriff zu nehmen und zwar noch in dieser Legislaturperiode. Alles andere ist nicht mehr vermittelbar.
Die ausführliche Stellungnahme des djb finden Sie hier.
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