Eine Stromabschaltung bedeute für viele Menschen, keine Möglichkeit zur Warmwasserbereitung, zum Kochen oder sogar zum Heizen zu haben. Gerade bei kleinen Kindern, alten, kranken oder behinderten Menschen sei diese Praxis überhaupt nicht hinnehmbar, kritisiert der Paritätische. Auch wenn die meisten Energieversorger derzeit während der Corona-Pandemie vorübergehend auf das Verhängen neuer Stromsperren verzichten, fehle noch immer eine dauerhafte Lösung für das Problem. „Stromsperren sind in unserer modernen Gesellschaft barbarisch. Energie gehört wie ein Dach über dem Kopf zum Existenzminimum“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Stromkosten lassen sich nicht pauschalieren und haben daher nichts im Regelsatz zu suchen. Klar und konsequent wäre es, wenn auch die Stromkosten genau wie die Heizkosten in tatsächlicher Höhe übernommen würden.“
Notwendig ist darüber hinaus aus Sicht des Verbandes eine deutliche Anhebung der Regelsätze. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste ein armutsfester Regelsatz 644 Euro (für alleinlebende Erwachsene) betragen. Bei den Berechnungen sind die umstrittenen und auch bereits von anderen kritisierten statistischen Manipulationen im Regelsatz herausgerechnet. Die direkten Mehrkosten zur Umsetzung des Vorschlags werden auf 14,5 Milliarden Euro geschätzt.
Der Paritätische begrüßt vor diesem Hintergrund die Vorstöße aus der Opposition im Bundestag zur Anhebung der Regelsätze auf über 600 Euro. „Alle Expert*innen sind sich einig, unter 600 Euro reicht es auf keinen Fall. Die Bundesregierung muss endlich ihre umstrittenen Methoden der Regelbedarfsermittlung korrigieren und zu einem Verfahren finden, das sich an der Lebensrealität orientiert. Es fehlt nicht an belastbaren Zahlen und Modellen. Was es braucht, ist den politischen Willen, Armut in diesem reichen Land wirklich zu verhindern“, so Schneider.
Die Expertise „Regelbedarfe 2021. Alternative Berechnungen zur Ermittlung der Regelbedarfe in der Grundsicherung“ kann hier heruntergeladen werden: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/regelbedarfe-2021-alternative-berechnungen-zur-ermittlung-der-regelbedarfe-in-der-grundsicherung/
Zur unzureichenden Höhe der Regelsätze siehe u.a. auch die Studie „Arm, abgehängt, ausgegrenzt. Eine Untersuchung zu Mangellagen eines Lebens mit Hartz IV“: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-arm-abgehaengt-ausgegrenzt-eine-untersuchung-zu-mangellagen-eines-lebens-mit-hartz-iv/
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