Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie haben sich im März zunächst 40 namhafte Musik-Festivals aus ganz Deutschland zusammengefunden, um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten. Mittlerweile ist der Kreis auf über 100 Festivals angewachsen.

Das Fazit der letzten Monate, das das Forum anlässlich seines letzten Plenums zog, fällt allerdings durchwachsen aus. Während viele Musikfeste mit großem Engagement und mit viel Kreativität unter schwierigsten Bedingungen zahlreiche Ersatzprogramme erfolgreich durchgeführt und dabei auch schon früh wieder intensive Musikerlebnisse live angeboten haben, gibt es weiterhin ein Chaos unterschiedlicher Bestimmungen und nur bedingt Planungssicherheit. Jede Forderung des Forums hat nach wie vor ihre Gültigkeit:

„Gleichbehandlung von Kultur mit Sport, Religionsgemeinschaften und Wirtschaft!“ Während in Zügen, Flugzeugen und Biergärten längst wieder Volllast gefahren wird und Kontaktsportarten erlaubt sind, dürfen je nach Bundesland Kulturveranstaltungen nur 10 bis 50 % ihrer Plätze füllen, für musikalische Ensembles gelten zum Teil groteske Sicherheitsabstände. Die wohlmeinenden Bekundungen der verschiedenen Landes- und Kommunalpolitiker resultieren noch zu selten in echter pragmatischer Hilfe. Einzelne Politiker*innen scheinen sogar zugunsten der eigenen Profilierung unsere gesamte Branche aufs Spiel zu setzen und verkennen dabei völlig den wirtschaftlichen Faktor der Kultur.

„Einheitliche Regeln schaffen“ „Europäisch denken“ bleibt unsere Devise. Die aktuellen Gespräche der Kulturstaatsministerin sind ein wichtiges Signal. Innerhalb Deutschlands brauchen wir einheitliche Regelungen auf Bundesebene, die lokalen Gegebenheiten (Kommunen, Landkreise) individuell angepasst werden können. Denn in Zeiten der Krise wird der Föderalismus oft zum Problem. Unterschiedliche Regelungen für einzelne Bundesländer greifen zu kurz und sind nicht vermittelbar.

„Klare Sprache in den Verfügungen!“ Noch immer rätseln Festivals landauf, landab über schwammige Formulierungen, die von Gesundheitsamt zu Gesundheitsamt unterschiedlich ausgelegt werden. Pars pro toto: Gelten die geforderten Sicherheitsabstände zwischen den Nasenspitzen oder den Stuhlkanten?

„Planungssicherheit für die nahe Zukunft!“ Willkommene, gut ausgestattete und weitestgehend gut strukturierte Programme wie „Neustart“, „Kultur.Gemeinschaften“ oder „Dive In“ blicken auf zukünftige Jahrgänge und fördern meist ein Zusatzprogramm. Dass sich die Musikfeste durch viele Jahre erfolgreicher Arbeit ein eigenständiges und besonderes Profil geschaffen haben, das es im Sinne ihrer begeisterten Besucher als Kernprogramm weiterhin zu pflegen gilt, wird dabei leider häufig vernachlässigt. Ebenso wenig können zurückliegende Verluste der jeweiligen Festivals damit finanziert werden. Vor dem Hintergrund schwächelnder kommunaler Haushalte und wegbrechender und auf einen Bruchteil zusammengeschrumpfte Ticketeinnahmen können diese Programme nur ein Mosaikstein der Hilfe sein. Aufgrund ihrer Größe und Struktur sind viele Festivals nicht antragsberechtigt. Ergänzende Programme auf Landesebene oder von Kommunen und Landkreisen gibt es nur punktuell. Entweder müssen Kommunen, Landkreise und Länder nun schnell nachlegen, oder der Bund muss seine Kriterien lockern. Aktuell berichten über die Hälfte der Mitglieder des Forums, dass sie (noch) nicht von Corona-Hilfen der öffentlichen Hand profitieren oder coronabedingte Mehrkosten bei der regelmäßigen Förderung nicht anerkannt werden.

„Hilfe für die Essenz aller Festivals: die Künstler*innen!“ Es bleibt trotz löblicher lokaler Maßnahmen zur Gegensteuerung weiterhin zu befürchten, dass selbst international erfolgreiche Künstler*innen unverschuldet mit dem Wegbrechen ihrer gesamten Einkünfte konfrontiert sind.

Neben diesen Kernforderungen der Gründungszeit gibt es allerdings auch neue Themenfelder, die durch die Corona-Krise auf die Spitze getrieben werden:

Wie gestalten wir rechtssichere Verträge mit Künstler*innen und Dienstleistern, die der unsicheren Perspektive Rechnung tragen und die Risiken gerecht verteilen?

Im ländlichen Raum schlagen strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel oder Mobilitätsprobleme sich verstärkt auch im Bereich der Festivals nieder. Ehrenamtlich Kulturschaffende werden durch erhöhte bürokratische Anforderungen und hohe Verantwortung im Sicherheitsbereich an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht.

Die Diskussionen um die Erhöhung der Rundfunkbeiträge lassen einen Kulturkahlschlag ungeahnten Ausmaßes innerhalb der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten befürchten. Hier sieht das Forum großen Handlungsbedarf, gerade wenn man die Musikfeste zukünftig dazu auffordert, ihre Veranstaltungen multimedial an die Öffentlichkeit zu bringen.

Fazit: Das enorme Engagement der Kolleg*innen und Kollegen in ganz Deutschland und im europäischen Ausland bei der Realisierung von Veranstaltungen trotz schwierigster Rahmenbedingungen verdient Respekt. Positive Botschaften und Erlebnisse sind für unser Publikum der erste Schritt zurück in eine Veranstaltungsnormalität. Erfolgreich durchgeführte Festivals beweisen außerdem, dass wir als Veranstaltungs-Profis unser Metier beherrschen. Allerdings beweisen sie auch, dass Mehrkosten für Hygiene- und Sicherheitskonzepte entstehen sowie drastische Mindereinnahmen durch die Reduzierung der Sitzplätze. Eine Reduzierung des Programms auf Kosten der Künstler*innen oder eine Erhöhung der Mittel (und zwar nicht nur für neue digitale Formate, sondern auch für das Kernprogramm) sind die einzigen Optionen.

#verspieltnichtdiemusik war damals der Hashtag. Der Appell gilt auch heute noch. Denn der befürchtete Schaden ist längst da – das volle Ausmaß wird wohl erst im kommenden Jahr sichtbar.

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