Die zunehmende Trockenheit ist nur ein Punkt auf der Liste, die Landwirte in vielen Diskussionen ins Feld führen. Die neue Düngeverordnung, ein Wust an Regeln und Verordnungen, fehlender Rückhalt und Verständnis in Teilen der Bevölkerung sowie niedrige und stark schwankende Preise für ihre Erzeugnisse sind nur einige der Probleme, die Landwirten zu schaffen machen. Der Betrieb des „Bauern mit Leib und Seele“, wie Walter Lang sich selbst nennt, sei den Herausforderungen kaum gewachsen. Als Bio-Betrieb habe man auch finanziell zurzeit etwas mehr Spielraum, als die konventionellen Berufskollegen. Denn die aktuelle Milchmenge, die alle zwei Tage an eine Bio-Molkerei geliefert wird, sorgt bei gegenwärtig relativ stabilen Preisen für kalkulierbare Zahlen. Trotzdem seien Investitionen immer mit sehr vielen Risiken behaftet. Es fehlt die Investitionssicherheit. Als Beispiel führt Landrat Görig Ferkelerzeuger ins Feld: noch bis vor drei bis vier Jahren wurden Bauvorhaben genehmigt, die heute schon nicht mehr gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechen“, sagt Landrat Görig und berichtet, dass Maßnahmen auf Bundesebene oft das nötige Fingerspitzengefühl vermissen ließen. Denn politische Prozesse und Entscheidungen müssten sich – bei allem Fokus auf Agrarproduktion in EU-Nachbarstaaten und darüber hinaus – auch mit den Problemen der Erzeuger vor Ort auseinandersetzen. „Strenge Rahmenbedingungen sind für viele Betriebe nur mit großen Investitionen umzusetzen. Die Konsequenz daraus ist, dass Betriebe schließen und wenige große Betriebe bleiben. Ein Markt, der die Regionalität aushebelt“, sagt der Landrat. Auch Sabine Lang sieht eine Gemengelage, die an vielen Stellen problematisch ist: „Lieber wäre es uns, wir bekämen nicht die Ökoprämie, sondern einen angemessenen Preis für das Produkt, das wir an die Molkerei liefern“, sagt Lang und fügt an: „Alle Betriebe auf ‚bio‘ umzustellen, kann nicht die Lösung sein.“ Erst ein Umdenken in der Bevölkerung, ein Mentalitätswechsel sei nötig. Ob gute Lebensmittel biologisch oder konventionell produziert werden sei zweitrangig – gute Arbeit müsse entsprechend entlohnt werden.
„Gut füttern ist teuer, schlecht füttern ist noch viel teurer.“ Ein Zitat, das Teil der Betriebsphilosophie geworden ist, denn gutes Futter sei ein Eckpfeiler für eine gesunde Herde. 150 Kühe sind Teil der Herde, um die sich ein Großteil der Arbeit auf dem Hof von Familie Lang dreht, denn „allein die Zeit, die wir jede Woche im Melkstand verbringen, reicht für eine 40-Stunden-Woche“, sagt Lang. Der erste und zweite Schnitt Silage sei „ganz passabel“ gewesen, aber ein Blick über die Stockhäuser Gemarkung verheißt für den dritten Schnitt wenig Gutes. Für einen sehr Grünland-betonten Betrieb sei das ein großer Unsicherheitsfaktor, denn hohe Futterqualität und die entsprechende Futtermenge sind Bedingung für die erfolgreiche Bewirtschaftung des Hofes.
Die Düngeverordnung ist ein weiteres Problem, dem sich viele Betriebe auch im Vogelsbergkreis stellen müssen. Walter Lang stört dabei besonders, dass das Gesetz per Gießkannenprinzip umgesetzt wird. „Entscheidend ist die Frage, woher diese Regelungen kommen und warum sie nun auch für uns in Hessen gelten“, sagt Lang. Er müsse nun mit relativ wenigen Großvieheinheiten pro Hektar die gleichen strengen Regelungen einhalten, die für Landstriche mit wesentlich größerer Viehdichte gemacht seien. „Wir werden mit Vechta über einen Kamm geschert“, stellt er klar. Und wieder seien Investitionen in Ausbringtechnik und Lagervolumen für Gülle sowie komplizierte Aufbereitungsanlagen für den natürlichen Dünger nötig.
Rund 110 Rinder, Kälber und trockenstehende Kühe sind in den Sommermonaten zusätzlich zu den 150 Kühen des Betriebs auf den Wiesen rund um Stockhausen unterwegs. Auf einer Tafel über dem Küchentisch werden die Flurnamen und der Standort der jeweiligen Rindergruppe dokumentiert, wann ein Wasserfass gefahren und wo neuer Zaun gezogen werden muss. „Als Biobetrieb ist die Weidehaltung für uns selbstverständlich“, sagt Walter Lang – das Wolfs-Thema ist zwar noch nicht so akut, allerdings wirft es seine Schatten voraus. „Mindestens 25 Kilometer Zaun haben wir in der Gemarkung stehen“, sagt Lang. Würde er diesen wolfssicher machen wollen, wäre einer der Mitarbeiter den ganzen Tag mit Kontrolle, freischneiden und Pflegen beschäftigt, schätzt er.
Familie Lang hat einen reflektierten Blick auf die Probleme der Branche. Sie möchten informieren, sich Gehör verschaffen und in der Öffentlichkeit für Verständnis werben. Die vier Kinder helfen auf dem Hof mit, zwei festangestellte Mitarbeiter sorgen für Flexibilität in den Betriebsabläufen und im Alltag. „Allerdings stehen viele Betriebe mit dem Rücken zur Wand und damit regionale Landwirtschaftsstrukturen zur Debatte“, mahnt Landrat Görig. Politische Entscheidungen müssten immer auch an den kleineren Betrieben in der Branche gemessen werden, fordert Görig.
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