Der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI) habe leider Recht behalten, lautet das Fazit Ihres Bundes- und Landesvorsitzenden Harry Neumann. Zwei Drittel der in Krombach gelagerten mineralischen Abfälle seien mit grundwassergefährdenden Schadstoffen belastet. Es handele sich entgegen den früheren Behauptungen der Krombacher Brauerei, der Stadt Kreuztal und des Kreises Siegen-Wittgenstein nicht um „reinen unbelasteten“ Bodenaushub. Zum Teil müsse das Material sofort in einer Deponie der Klasse DK I entsorgt werden. Zum Teil sei das Material so belastet, das es im Hinblick auf den Grundwasserschutz nicht offen (ohne Abdeckung) gelagert werden dürfe.  Das hätten die nachträglich durchgeführten Untersuchungen ergeben, die ohne die Aktivitäten der Umweltvereinigung Naturschutzinitiative (NI), die auch gegen die Baugenehmigung Klage erhoben hat, niemals angeordnet worden wären.

Alles nur eine „Inszenierung für das Publikum“?

Der Naturschutzinitiative selbst lägen die Probenentnahmeprotokolle und die Laborberichte noch nicht vor. Sie habe lediglich über das Verwaltungsgericht Arnsberg eine Kopie des an die Krombacher Brauerei gerichteten Bescheides der Stadt Kreuztal vom 29.05.2020 erhalten, woraus sich ergeben würde, dass von den insgesamt in Krombach gelagerten ca. 45.000 m³ Abfällen ca. 30.000 m³ bis zum 15.06.2020 abgefahren werden müssen. Eigentlich müsste der Bescheid ein Anlass zur Freude für die Umweltschutzorganisation NI sein, weil sie damit einen wichtigen Teilerfolg erreicht hat. Dazu gibt es aus deren Sicht aber noch keinen Grund. Harry Neumann, der Bundes- und Landesvorsitzende der NI, begründet die Skepsis seines Verbandes so:

„Das belastete Material ist trotz oder gerade wegen der gesetzten kurzen Frist zur Beseitigung noch lange nicht weg! Die Krombacher Brauerei wird dagegen möglicherweise Klage erheben, weil es völlig unrealistisch ist, innerhalb von zwei Wochen über 51.000 Tonnen Bodenmaterial mit LKWs abzufahren. Da die Stadt trotz der Grundwassergefährdung keine sofortige Vollziehung des Bescheids im öffentlichen Interesse angeordnet hat, entfaltet eine solche Klage aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, die Beseitigungsverfügung muss für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens nicht vollzogen werden. Die Brauerei wird demzufolge bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache und in einem etwaigen Berufungsverfahren, also mehrere Jahre lang, vor Ort keinen Krümel des Abfalls beseitigen müssen, obwohl dieser unzweifelhaft umweltgefährdend ist! Ich kann nicht glauben, dass die Stadt hier eine normalerweise zum Standard gehörende Anordnung des Sofortvollzugs einfach so vergessen hat. Deshalb sieht hier alles nach einer Inszenierung aus, die der Öffentlichkeit suggerieren soll, man greife scheinbar hart durch. In Wirklichkeit bleibt aber alles so, wie es ist. Und man tut vor allem der Brauerei damit nicht weh. Diese könnte das Material nach diesem „Drehbuch“ dann planmäßig weiter bis zum Jahr 2025 weiter liegen lassen, als wäre nichts geschehen!“

Sofortige Abdeckung der Mieten gegen eindringendes Regenwasser vergessen!

Als ein Zeichen für die Überforderung oder die Willfährigkeit des Bauamtes der Stadt Kreuztal sei es anzusehen, dass die Brauerei noch nicht einmal mit sofortiger Vollziehung angewiesen worden sei, die Mieten mit den schadstoffbelasteten Aushubmassen unverzüglich, das heißt innerhalb von zwei Tagen, mit Kunststoffplanen abzudecken, um so wenigstens wirksam zu verhindern, dass bis zur Abfuhr des Materials weiter belastetes Sickerwasser entstehen und in den ungeschützten Boden eindringen könne.

An dem Bescheid der Stadt Kreuztal kritisiert die NI weiter, dass er von der für das Abfalllager in jeder Hinsicht unzuständigen Behörde erlassen worden sei. Diese habe keinerlei Kompetenz, über den Verbleib oder die Beseitigung der gelagerten Abfälle zu entscheiden. Gleichwohl stehe im Bescheid der Stadt vom 29.05.2020, dass der vermeintlich unbelastete Rest der Erdhaushubmassen, also ca. 15.000 m³ der Abfälle, von der Krombacher Brauerei weiter gelagert werden dürfe.

Die ohnehin unzuständige Stadt – so die NI – sei angesichts des skandalösen Umweltverhaltens der Brauerei mangels eigener Umweltexpertise erkennbar nicht zu fachlich angemessenen Reaktionen in der Lage. Immerhin habe die Brauerei in den Antragsunterlagen für die Zwischenlagerung im vergangenen Jahr behauptet, bei dem gelagerten Aushub handele es sich um „unbelastete Erdmassen“, die im Jahr 2017 von der Firma Baugrund ständig beprobt und untersucht worden seien. Die von der Brauerei insoweit getäuschte Stadt Kreuztal tue jetzt so, als handele es sich bei dem Verkippen belasteter Abfälle, die zum Teil direkt auf eine Deponie gehört hätten, lediglich um einen leicht korrigierbaren geringfügigen Fehler bei der Bauausführung. Es sei aber völlig absurd, von einer „Mängelbeseitigung“ zu sprechen, wenn zwei Drittel eines errichteten Bauwerks wieder entfernt werden müssten!

Arno Wied, Umweltdezernent des Kreises, ist für die Missstände persönlich verantwortlich

Die NI sieht die Umweltverwaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein spätestens jetzt in der Pflicht, für den vorübergehenden Grundwasserschutz zu sorgen und die von Anfang an sachlich unzuständige Bauaufsichtsbehörde der Stadt Kreuztal nicht weiter gewähren zu lassen. Der Umweltdezernent des Kreises, Arno Wied, habe mit Schreiben an die NI vom 17.03.2020 angekündigt, selbst die notwendigen Schritte einzuleiten, wenn sich anhand der nachträglichen Untersuchungen ergebe, dass die bisherigen Entscheidungen der Stadt Kreuztal auf „Fehleinschätzungen“ bezüglich des Erdaushubs beruhen. Es sei daher absolut unverständlich, dass der Kreis in Kenntnis der Untersuchungsergebnisse den Fall immer noch nicht an sich gezogen hat, um die notwendigen Schritte einzuleiten, wozu er rechtlich nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet sei.

Jeder Tag, an dem weiter belastetes Sickerwasser in den Boden eindringen könne, weil die Brauerei nicht zur Abdeckung der Mieten aufgefordert wurde, gehe deshalb auf das Konto des Umweltdezernenten, der die Angelegenheit hausintern schon im Jahr 2017 zur „Chefsache“ erklärt habe. Mit Schreiben vom 14.09.2017 hätten die Mitarbeiter der Abfall- und Bodenschutzbehörde des Kreises der Stadt Kreuztal mitgeteilt, dass es sich um eine baurechtlich nicht genehmigungsfähige „Erddeponie“ handele, für die eine Planfeststellung erforderlich sei, die nicht in Aussicht gestellt werden könne. Diese Stellungnahme habe der Kreis ausdrücklich (bis heute) nicht zurückgezogen. Am 25.09.2017 habe ein Gespräch im Beisein des technischen Geschäftsführers der Brauerei Schaller und des Umweltdezernenten Arno Wied stattgefunden, in dem es unter anderem um die notwendige immissionsschutzrechtliche Genehmigung des geplanten Erdaushublagers ging. In diesem Gespräch erklärte Schaller, dass die sofortige Entsorgung des anfallenden Baugrubenaushubs zu vermeidende Mehrkosten von ca. 400.000 Euro erzeuge. Der Inhalt weiterer Gespräche, die der Dezernent Arno Wied sehr wahrscheinlich im Anschluss an den Termin vom 25.09.2017 persönlich mit der Stadt Kreuztal geführt habe, sei in den Akten nicht dokumentiert.

Danach habe der Kreis jedenfalls trotz der erhobenen Bedenken seiner Fachleute nichts gegen die rechtswidrig erteilte Baugenehmigung vom 5.10.20217 und die Lagerung des Aushubs unternommen. Der Kreis sei regelrecht abgetaucht. Ein „Abtauchen“ des Fachamtes in dieser Situation könne nur auf Weisung des Umweltdezernenten, der die Sache an sich gezogen habe, geschehen sein, vermutet die Naturschutzinitiative. Vor der Erteilung der zweiten Baugenehmigung vom 03.04.2019 (Verlängerung des Zwischenlagers bis 2025) sei die Untere Abfall- und Bodenschutzbehörde des Kreises dann von der Stadt merkwürdigerweise nicht einmal mehr beteiligt worden, was völlig unüblich sei.

Hätte sich der Kreis entsprechend seiner Aufgabe als Untere Umweltschutzbehörde im Jahr 2017 rechtmäßig verhalten und konsequent den Beginn der  Lagerung des Aushubs in Krombach noch rechtzeitig gestoppt, bevor die Brauerei in Kenntnis der Illegalität damit begonnen hat, hätte es nach Auffassung der NI zu der erst jetzt in vollem Ausmaß erkennbaren Umweltgefährdung gar nicht kommen können.

Vermutlich habe der Umweltdezernent – als unberufener Wirtschaftsförderer – der Brauerei nicht zumuten wollen, kurz vor Baubeginn ein ordnungsgemäßes mehrmonatiges Genehmigungsverfahren bei der Bezirksregierung Arnsberg einzuleiten und damit vermeintlich ein wichtiges Investitionsvorhaben der Brauerei monatelang zu verzögern. Das sei – so die NI – aber völlig falsch gedacht und könne dessen Versagen nicht ansatzweise rechtfertigen. Denn das Investitionsvorhaben (Neubau der Hallen) hätte pünktlich realisiert werden können, wenn die überschüssigen Aushubmassen ohne Zwischenlagerung direkt von der Baustelle aus entsorgt worden wären. Die Brauerei hätte dann lediglich Mehrkosten gehabt, die jeder andere Bauherr in vergleichbarer Lage auch hätte tragen müssen. Eine Einsparung wäre nur dann legal möglich gewesen, wenn die Brauerei von Anfang an bei der Planung ihres Investitionsvorhabens die Dauer eines Genehmigungsverfahrens bei der Bezirksregierung Arnsberg für das Abfalllager einkalkuliert und den Antrag frühzeitig gestellt hätte. Wie so oft könne man auch hier das Umweltrecht nicht dafür verantwortlich machen, dass sich der Baubeginn für ein Investitionsvorhaben wie die neuen Hallen in Krombach wegen der fehlenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Aushubzwischenlager verzögert hätte. Vielmehr habe die Brauerei schlicht unprofessionell geplant und viel zu spät an die mögliche Einsparung von Entsorgungskosten gedacht. Dafür sei sie ganz allein verantwortlich gewesen.

Obwohl diese Zusammenhänge auf der Hand liegen würden, scheine es dem Umweltdezernent wichtiger gewesen zu sei, der Brauerei dennoch bei der Einsparung von Deponiekosten zu helfen, als einfach nur das geltende Umweltrecht durchzusetzen. Für die NI stelle sich daher nicht zum ersten Mal die Frage, ob der jetzige Umweltdezernent des Kreises der richtige Mann für diesen überaus verantwortungsvollen Job ist.

Über Naturschutzinitiative e.V. (NI)

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