Die Fortschritte bei der Erforschung von Reparaturverfahren unter der Einwirkung von Umwelteinflüssen im Rahmen des Projektes stellen einen Meilenstein für die Reparatur von Windkrafträdern dar. Die Forschungsergebnisse haben dazu beigetragen, die Zuverlässigkeit von Reparaturen und damit die Lebensdauer der Blätter durch werkstoffmechanisch qualifizierte Reparaturverfahren signifikant zu erhöhen.
Die Windenergie spielt beim Ausbau der erneuerbaren Energien eine tragende Rolle und gibt somit eine Antwort auf die Herausforderungen des immer schneller fortschreitenden Klimawandels. Neben der Entwicklung immer leistungsfähigerer Windenergieanlagen sowohl im onshore- als auch im offshore-Bereich rückt zunehmend die Wartung und Instandhaltung der bestehenden Anlagen in den Blickpunkt von Betreibern, Versicherungen, Aufsichtsbehörden und Anlagenherstellern. In Deutschland gibt es mittlerweile eine weltweit tätige Branche, darunter fast ausschließlich kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich auf den Service von Windenergieanlagen und damit u. a. auf die Reparatur von Rotorblättern spezialisiert hat.
Die Rotorblätter gehören zu den am stärksten belasteten Bauteilen der Windenergieanlage. Abhängig von der Intensität der Belastung sowie vom Verfahren und der Qualität des Fertigungsprozesses treten früher oder später Abnutzungsmängel auf. Unter Umständen zeigen sich im Betrieb auch Konstruktions- oder Fertigungsmängel. Die auftretenden Schäden müssen schnell behoben werden, da sonst die Windkraftanlagen nicht die gewünschte Leistung bringen können oder sogar stillgelegt werden müssen – und Stillstand bedeutet enorme Kosten für die Betreiber. Fiedler erläutert: „Jeder Tag ohne Anlagenstillstand spart bares Geld: Die Einsparungen belaufen sich für eine 2,5 MW-Anlage je nach Standort auf etwa 4000 bis 5000 Euro pro Tag. Das Wirtschaftspotential in Deutschland liegt dadurch bei rund 2 Mio. Euro pro Monat. Darüber hinaus kann durch die besseren Möglichkeiten der Bewertung der Schäden das Risiko eines Ausfalls gesenkt werden. Ein Totalverlust eines Blattes oder gar der Anlage bedeutet für die Betreiber Kosten in Millionenhöhe. Durch die neuen Reparaturkonzepte kann die Lebensdauer von Rotorblättern signifikant erhöht werden. Dies spart Ressourcen und Geld für neue Rotorblätter, ca. 200.000 Euro für ein 60 m langes neues Blatt.“
Die Ergebnisse wurden zudem direkt in einem Projekt des zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) umgesetzt. Die Richtlinien der internationalen Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd „DNV GL“ (DNVGL-ST-0376: Rotor blades for wind turbines) erlauben eine Reparatur erst ab einer Mindesttemperatur von 16 °C. An vielen Standorten kann diese Vorgabe jahreszeitlich bedingt nur schwer erfüllt werden. Defekte Rotorblätter können deshalb oft mehrere Monate nicht repariert werden, was den Ausfall der kompletten Anlage in diesem Zeitraum zur Folge hat. Daher wurde parallel zum IGF-Projekt gemeinsam mit dem Industriepartner cp.max GmbH, Mitglied im projektbegleitenden Ausschuss (pbA) von WindRepAir, ein reproduzierbares Reparaturverfahren für Windkraft-Rotorblätter im Temperaturbereich von 5 °C bis 15 °C entwickelt. Der Kern des Verfahrens ist eine wiederverwendbare, elastische Heiz-Vakuumhaube, die nach der Reparatur direkt auf die betroffene Fläche des Rotorblattes aufgesetzt wird. Die Kombination aus Wärme und Vakuum garantiert eine gleichmäßige Aushärtung des Reparaturlaminats am Rotorblatt bei weitestgehender Unabhängigkeit von den Witterungsbedingungen. Dadurch war neben den wichtigen Handlungsempfehlungen zur Reparatur von Rotorblättern direkt eine Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis möglich. „Das erfolgreiche Projekt war in vielerlei Hinsicht äußerst wichtig für unser Unternehmen und die gesamte Branche“, hebt Dipl.-Ing. Thomas Heinecke, Projektingenieur bei cp.max GmbH hervor. Die Entwicklung der Haube ist mittlerweile abgeschlossen. Die Firma cp.max hat das Reparaturverfahren durch den Germanischen Lloyd (GL) zertifizieren lassen und hat somit eine GL-Zulassung erhalten.
Dr. Thomas Hochrein, Geschäftsführer am SKZ, betont: „Innerhalb von fünf Jahren konnten die Erkenntnisse aus der vorwettbewerblichen Forschung im Rahmen des IGF-Projektes in ein fertiges Produkt umgesetzt werden. Das ist genau das, was wir als Institut der Zuse-Gemeinschaft erreichen wollen: Forschung, die ankommt!“
Das SKZ ist Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Diese ist ein Verbund unabhängiger, industrienaher Forschungseinrichtungen, die das Ziel verfolgen, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere des Mittelstandes, durch Innovation und Vernetzung zu verbessern.
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