Mädchen und Frauen könnten nach Angaben der SOS-Kinderdörfer die großen Verlierer der Corona-Pandemie werden. "Wenn wir jetzt nicht aufpassen, wird alles, was wir in den letzten Jahrzehnten für die Mädchen erreicht haben, zunichtegemacht und bestehende Ungerechtigkeiten werden weiter verstärkt", sagt Katharina Ebel, Nothilfe-Koordinatorin der Hilfsorganisation. Die Auswirkungen reichten in alle Bereiche hinein: Bildung, gesundheitliche Versorgung bis hin zu einer befürchteten Zunahme von Kinderehen.

Bildung:

Weltweit sind inzwischen über 90 Prozent aller Schulen geschlossen. Betroffen sind fast 1,6 Milliarden Schüler. "Bereits jetzt werden Mädchen deutlich mehr im Haushalt eingespannt oder passen auf kleinere Geschwister auf, während ihre Brüder die Chance nutzen, von zuhause aus zu lernen", sagt Katharina Ebel.

Zu befürchten sei, dass Mädchen verstärkt im Haushalt eingespannt würden oder auf kleinere Geschwister aufpassen müssten anstatt lernen zu können, und dass es sie zuerst treffe, wenn sich Familien aufgrund wirtschaftlicher Probleme den Schulbesuch nicht mehr leisten können. "Genau das ist vielfach nach der Ebola- Epidemie in Westafrika passiert. Hier werden Biographien zerstört!", sagt Ebel

Häusliche Gewalt:

Wenn Familien auf unbestimmte Zeit auf engem Raum zusammenleben müssen und dazu Sorge und Stress kommen, fördert dies die häusliche Gewalt massiv. So seien in der Provinz Hubei in China im Februar dreimal so viele Fälle häuslicher Gewalt gemeldet worden, wie im Vorjahr. Mädchen und Frauen sind die Hauptbetroffenen.

Ebel sagt: "Es ist essentiell, dass die sozialen Versorgungsnetze weiter aufrechterhalten werden und Frauen im Ernstfall Unterstützung bekommen."

Kinderehe:

Die weltweite Pandemie mache einen Anstieg von Kinderehen höchst wahrscheinlich. "Wenn Gesellschaften in Not geraten, Familien wirtschaftliche Probleme bekommen und die Basisversorgung nicht gesichert ist, wie wir das aktuell weltweit erleben, ist das ein Nährboden für Kinderehen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass mehr Mädchen in Folge der Krise verheiratet werden, zum Beispiel, um ihr Überleben zu sichern oder und die Familie zu entlasten", sagt Katharina Ebel.

Versorgung von Schwangeren und Babys:

Die Hilfsorganisation sieht auch die Versorgung von werdenden Müttern und Neugeborenen in Gefahr, wenn Kliniken all ihre Ressourcen in den Kampf gegen Covid-19 steckten. So sei während der Ebola-Epidemie in Westafrika die Müttersterblichkeit um 75 Prozent gestiegen.

Katharina Ebel fordert: "Es ist jetzt wichtig, bei all unseren Entscheidungen die Situation von Mädchen und Frauen mit zu berücksichtigen und gerade auch in der Krise immer wieder zu überprüfen, wie wir sie besser schützen können. Wenn wir warten, bis die Krise vorbei ist, könnte es zu spät sein!"

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