Auf die steigende Zahl an Corona-Infektionen reagieren die niedergelassenen Haus- und Fachärzte in Baden-Württemberg mit weiteren Angeboten für die Patientinnen und Patienten. Darauf hat der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW), Dr. Norbert Metke und Dr. Johannes Fechner, am Freitag in Stuttgart hingewiesen.

Am Montag starten rund 100 zentrale Ambulanzen, die in niedergelassenen Praxen oder an anderen zentralen Orten eingerichtet werden, ausschließlich zur Versorgung von Patienten mit Atemwegserkrankungen. Dies soll insbesondere auch die übrigen hausärztlichen Praxen und die Krankenhäuser entlasten. Der Zugang zu den Zentren erfolgt in allererster Linien nach Kontakt mit einem Haus- oder Kinderarzt. Sollte dies nicht möglich sein, auch über die 116 117. Von diesen werden die Patienten dann, nur wenn erforderlich, an die zentrale Corona-Ambulanz weitervermittelt. Die KVBW weist ausdrücklich darauf hin, dass diese zentralen Anlaufstellen ausschließlich für Patienten mit Atemwegserkrankungen eingerichtet sind.

Erste von den niedergelassenen Ärzten getragene zentrale Corona-Ambulanzen sind bereits gestartet, so etwa in Emmendingen, Titisee-Neustadt, Karlsruhe oder Dornstetten im Landkreis Freudenstadt. „In den letzten zwei Wochen haben wir den Schwerpunkt auf die Diagnose der Infektionen gelegt und dafür ein nahezu flächendeckendes Netz an zentralen Abstrichstellen in Baden-Württemberg aufgebaut“, erläuterte der Vorstandsvorsitzende der KVBW Dr. Norbert Metke. „Nun geht es darum, den Blickwinkel verstärkt auf die mit vielen Stadt- und Landkreisen abgestimmte Versorgung der Patienten, besonders auf Risikogruppen zu legen, die entsprechende Symptome aufweisen. Wir gehen davon aus, dass wir innerhalb der nächsten Woche ein flächendeckendes Netz in Baden-Württemberg haben.“

Außerhalb der Sprechstundenzeiten stehen die 120 Notfallpraxen sowie ein Fahrdient mit 180 Fahrzeugen der niedergelassenen Ärzte in Baden-Württemberg zur Versorgung dieser Patienten zur Verfügung. „Um sich selbst zu schützen, die anderen Patienten und das Praxispersonal, bitten wir die Patienten eindringlich, bei Atemwegserkrankungen sich vorher telefonisch anzumelden. Ein Patient mit einer Corona-Erkrankung, der unangemeldet und ungesteuert die Praxis betritt, kann dazu führen, dass eine gesamte Praxis geschlossen werden muss! Auf keinen Fall sollen Patienten mit Atemwegserkrankungen daher einfach in eine Praxis gehen.“

Die KVBW hat die Einrichtungen mit ausreichend Schutzausrüstung ausgestattet, nachdem die ersten Lieferungen des Bundesgesundheitsministeriums eingetroffen sind, und bemüht sich auch selbst um die Beschaffung von Schutzausrüstung auf einem „nervösen“ Markt.

Dr. Johannes Fechner, stv. Vorsitzender der KVBW, hat darüber hinaus einen Überblick über die Maßnahmen der niedergelassenen Ärzte zur Aufrechterhaltung der Versorgung insgesamt gegeben.

  • Es ist der KVBW gelungen, in erheblichem, wenn auch derzeit nicht ausreichendem Umfang auch Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel selbst zu beschaffen und auszuliefern. Wir gehen davon aus, dass wir weiteres Material in Kürze zur Verfügung stellen können. Material ist millionenfach geordert, aber noch nicht eingetroffen. Ist das Material eingetroffen, wird es unmittelbar verteilt
  • Auch die Versorgung Corona-infizierter Dialyse-Patienten ist gewährleistet, Schutzausrüstung wurde diesen zur Verfügung gestellt. Die Praxen selbst haben zur Versorgung dieser Patienten vorbildliche Vorsorge getroffen und etwa eigene Geräte und Räumlichkeiten geschaffen
  • Die Notfallpraxen der KVBW bleiben weiterhin geöffnet, teilweise an anderen Standorten, da der Zugang zu den Kliniken begrenzt wurde. Patienten mögen sich bitte vor Ort informieren
  • Die KVBW hat die Kapazitäten in der zentralen Rufnummer 116 117 vervielfacht, um die Vielzahl der Patientenanrufe (bis zu 3,000 am Tag) entgegennehmen zu können und um die Patientenströme zu steuern. Aktuell liegt die Erreichbarkeit damit bei über 80 Prozent
  • Die Vielzahl an Infektionen wird weiteren Versorgungsbedarf zur Folge haben. Unter anderem wird es mehr Patienten mit einem schweren Verlauf geben, die stationär, teilweise intensivmedizinisch behandelt werden müssen. Dazu stellen die niedergelassenen Anästhesisten den Krankenhäusern personelle und materielle Kapazitäten (z.B. Beatmungsgeräte) zur Verfügung, die bei Bedarf abgerufen werden können
  • Die Fachärzte aller Fachgruppen haben den Kliniken ebenfalls Unterstützung angeboten, um die Patienten versorgen, die auch ambulant behandelt werden können, um somit das Krankenhaus zu entlasten.
  • Die Fachärzte gewährleisten weiterhin die Versorgung von Patienten mit dringendem Behandlungsbedarf. Routine- oder Vorsorgeuntersuchungen müssen meist aufgeschoben werden, um die Ansteckung der Patienten untereinander in den Praxen zu verhindern.
  • Viele niedergelassenen Ärzte haben die Möglichkeit geschaffen, die Patienten auch per Video zu beraten. Patienten wenden sich dazu bitte an den Haus- oder Facharzt vor Ort.
  • Derzeit können Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen („Krankmeldungen“) auch nach telefonischem Kontakt bis zu 14 Tagen ausgestellt werden. So müssen Patienten nicht eigens in die Praxis kommen

Metke erläuterte: „Die niedergelassenen Ärzte stehen an vorderster Front bei der Behandlung der Patienten. Ziel muss es sein, möglichst viele Patienten ambulant versorgen zu können, damit die Kliniken sich um die schweren Fälle kümmern können. Das betrifft zwar nur einen kleinen Teil der Infektionen, diese Patienten müssen aber sehr aufwändig behandelt werden. Anders werden wir die Situation nicht bewältigen können. Mit dem Dargestellten sind wir vorbereitet, mit einer klar definiert Struktur für das Land.“ Metke bedankte sich bei Sozialminister Manne Lucha für die Koordination aller an der Patientenversorgung Beteiligten im Land.

Sein Vorstandskollege Dr. Fechner betonte, dass mit all diesen Angeboten ein enormer Aufwand für die Verwaltung der KVBW und die niedergelassenen Ärzte verbunden ist. „Das sind Strukturen, die hier in kürzester Zeit aufgebaut wurden, für die wir keine Blaupause hatten. Zu realisieren ist das nur durch das Engagement der Ärzte und Psychotherapeuten vor Ort und die enge stets harmonische Kooperation mit den Landräten, Oberbürgermeistern und der Landesregierung und vielen anderen Beteiligten.“

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