Jeden Tag fällen wir mannigfach kleine und große Entscheidungen. Was koche ich heute? Was ziehe ich an? Vertröste ich die Freundin noch einmal zu Gunsten des Pflichtbesuches bei der Oma? Welche Aufgabe gehe ich zuerst an? Das kann anstrengend sein. Und in der Weihnachtszeit scheinen all diese Entscheidungen plötzlich eine viel größere Bedeutung zu bekommen, was sie zu noch kniffeligeren Herausforderungen machen kann. Schließlich möchte man an diesen besonderen Tagen im Jahr keine Fehler begehen. Niemanden verärgern, enttäuschen oder zurücksetzen. Doch das ist viel leichter gesagt als getan…
Wie es klappen kann mit den richtigen Entscheidungen, gerade jetzt in der (Vor-)Weihnachtszeit, klären wir mit Daniel Klein, Fachdozent für Entscheidungspsychologie an der SRH Fernhochschule – The Mobile University.
Zu mir oder zu dir? – Und wer kümmert sich um das Festessen?
Die Erwartungshaltung an Weihnachten ist hoch. Man möchte eine gute Zeit miteinander verbringen, strahlende Gesichter beim Auspacken der Geschenke und in vielen Familien besonders wichtig: Das Festessen. Allerdings können das vor allem die Personen so richtig genießen, die nicht ganz so stark in die Vorbereitungen involviert sind wie die Mama, die den ganzen Tag in der Küche steht, nur um dann abends von Onkel Hannes zu hören, dass der Vogel mal wieder zu trocken geraten ist, die versalzene Bratensoße es aber erträglicher macht. Man hat ja immerhin genug Hochprozentiges, um alles einigermaßen flüssig runterzuspülen. Das ist sicher nicht die Anerkennung, die man verdient, wenn man sich den ganzen Tag damit beschäftigt, Freunden oder Familie etwas Köstliches zu zaubern. Was also wäre die beste Entscheidung, um solche Situationen zu vermeiden?
Dazu sagt Klein: „Macht es dir Freude oder stresst es dich mehr, das Weihnachtsessen auf den Tisch zu zaubern? Falls Ersteres: selbst kochen. Dabei ist es aber immer eine gute Idee, die anderen ins Boot zu holen. Es ist das Fest der Liebe, des Entgegenkommens. Das Aufteilen der Aufgaben schafft Erleichterung für jeden Einzelnen. Und wenn das nicht geht: Tisch reservieren.“
533,20 Euro pro Kopf für Weihnachtsgeschenke: Je teurer, desto besser?
Größer, teurer, mehr. Die Ausgabebereitschaft für Weihnachtsgeschenke scheint kein Limit nach oben zu kennen. In den Jahren 2001 bis 2024 stiegen laut der Statistikplattform statista.com die geplanten Ausgaben der Deutschen von 338,90 Euro auf 533,20 Euro pro Kopf. Für den Einzelhandel sind November und Dezember die umsatzstärksten Monate des Jahres. Bei Spielwaren und im Buchhandel werden in dieser Zeit 24 Prozent des jährlichen Umsatzes erwirtschaftet, was gleichzeitig Aufschluss darüber gibt, was für Geschenke besonders häufig unterm Baum landen. Doch muss man da mitmachen?
Klein sagt klar: „Weihnachten ist gefährlich für den Geldbeutel. In aller Regel ist man limitiert, was die finanziellen Mittel betrifft. Und gerade jetzt ist die Gelegenheit, den Grundstein für die Zukunft zu legen, die Erwartungshaltung runterzuschrauben. Gerade für Kinder ist das auch eine Werteentwicklungszeit. Setzen Sie sich Ihre persönliche Obergrenze für Ausgaben. Ein gutes Geschenk muss nicht teuer sein. Zum Beispiel kann auch gemeinsame Zeit ein wirklich gutes Geschenk sein.“
Krach unterm Christbaum: Wie vermeiden wir Streit an Weihnachten?
Gerade wenn es besonders harmonisch zugehen soll, aber viele Menschen aufeinandertreffen, ist es definitiv da: Das gewisse Konfliktpotenzial… Zudem gibt es rund um Weihnachten statistisch gesehen auch die meisten Trennungen. Wie kann man das vermeiden?
„Der Vorteil an Weihnachten ist ja, dass man drei Tage zur Verfügung hat. Ich feiere auf jeden Fall mit meinen Eltern zusammen, weil wir auch einfach ein gutes Verhältnis haben. Man muss sich bewusst machen, wie es einem selber damit geht. Diese Zeit ist energetisch aufgeladen. Jede Entscheidung kostet Gehirnleistung, Energie. Das strengt an. Deshalb rate ich, rund um Weihnachten keine lebensverändernden Entscheidungen zu treffen und die wirklich großen Entscheidungen ins nächste Jahr aufzuschieben“, rät Klein deutlich.
20 Prozent weniger Stress & Orientierung am mittelbesten, jemals stattgefundenen, Weihnachtsfest
Insgesamt sollten wir an Weihnachten die eigenen Ansprüche herunterfahren. Es ist das Fest der Liebe und des Verzeihens und unbedingt dazu gehört auch die Selbstliebe. Daniel Klein erklärt: „Wie haben eine viel zu hohe Zielsetzung fürs Jahr, fürs Weihnachtsfest. Weihnachten ist quasi die letzte Chance im Jahr, alles richtig zu machen. Das ist zum Scheitern verurteilt, weil es eine absolute Verzerrung unserer Wahrnehmung ist. Nehmen Sie sich für dieses Jahr bewusst vor, 20 Prozent weniger Stress zu haben. Streichen Sie Faktoren, die sie mehr belasten als erfreuen. Orientieren Sie sich am mittelbesten, jemals stattgefundenen Weihnachtsfest. Das ist eine gute Ausgangslage für ein wirklich frohes Fest.“
Und am Ende noch: Nächstes Jahr ist auch noch ein Jahr. Vielleicht kann ja auch Onkel Hannes mal die Weihnachtsgans beisteuern. Und dann sagen Sie ihm mit freundlicher Mine liebe Grüße vom Entscheidungspsychologen: „Ehrlichkeit kann auch ein Geschenk sein, das man nicht kaufen muss.“
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