Wirtschaftliche Lage und Stimmung der Unternehmen in der Region sind so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Von der leichten Stabilisierung im Frühsommer ist im 3. Quartal 2024 nichts mehr übrig. „Im Gegenteil“, so die Hauptgeschäftsführerin der IHK-Heilbronn-Franken, Elke Döring, zur jüngsten IHK-Konjunkturumfrage: „Wir erleben eine dramatische Verschlechterung: Die Inlandsnachfrage bricht ein, Investitionen bleiben aus und die Unzufriedenheit mit der Politik wächst.“

Die leichte Aufhellung am Konjunkturhimmel im Frühsommer ist einer tiefen Depression gewichen. Die Unternehmen in der Region Heilbronn-Franken bewerten laut der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Heilbronn-Franken für das 3. Quartal 2024 ihre aktuelle wirtschaftliche Lage so schlecht wie seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Herbst 2020 nicht mehr. 

„Die Entwicklung ist dramatisch. Trotz besser laufender Weltwirtschaft und sinkender Inflation kommen unsere Unternehmen nicht aus der Negativ-Spirale heraus. Energie- und Lohnkosten, hohe Steuern und Bürokratie würgen Investitionen ab und fördern Arbeitsplatzabbau, Werksschließungen und Produktionsverlagerungen“, kritisiert Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken: „Die strukturellen Probleme verfestigen sich. Besonders alarmierend ist der Vertrauensverlust in die Politik. Immer weniger Unternehmen erwarten, dass es auf absehbare Zeit wieder aufwärts geht.“

Ein Viertel der Unternehmen quer durch alle Branchen ist mit der aktuellen Geschäftsentwicklung unzufrieden (Vorquartal 18 Prozent). In der Industrie sind es fast 30 Prozent der Unternehmen, im Großhandel sogar mehr als ein Drittel (34 Prozent). Das ist per saldo der schlechteste Wert seit mehr als zehn Jahren.

Bei den Geschäftserwartungen überwiegt im 3. Quartal wieder die Skepsis. 27 Prozent der Betriebe erwarten eine schlechtere Entwicklung, nur 14 Prozent blicken zuversichtlich in die Zukunft. Im Vorquartal waren es noch 23 Prozent. Größtes Problem ist die schwache Inlandsnachfrage. Aber auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden von immer mehr Unternehmen als Geschäftsrisiko genannt (42 Prozent gegenüber 36 Prozent im Vorquartal).

„Wie eindringlich müssen die Signale aus der Wirtschaft eigentlich noch sein, damit sich spürbar etwas ändert?“, fragt Elke Döring: „Die bisherigen politischen Impulse und Maßnahmenpakete kommen bei den Unternehmen nicht an. Die strukturellen Probleme werden nicht angegangen. Kein Wunder, dass die Betriebe lieber im Ausland investieren, wo die Rahmenbedingungen besser sind.“

Besonders problematisch ist die Entwicklung in der Schlüsselbranche Industrie als wirtschaftlicher Motor der Region. Dort wird die aktuelle Situation erstmals seit 2020 per saldo wieder überwiegend negativ bewertet. 29 Prozent der Betriebe (Vorquartal 23 Prozent) sind mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden, ein Viertel (Vorquartal 28 Prozent) meldet eine gute Geschäftslage. „Die Industrieunternehmen müssen gleich mehrere Transformationsprozesse gleichzeitig stemmen – und das bei global schwacher Industriekonjunktur sowie wachsendem Druck aus China“, sagt Elke Döring. 44 Prozent der Industrieunternehmen beklagen einen Rückgang der Inlandsaufträge, bei den Auslandsaufträgen sind es 38 Prozent. Das sind jeweils zehn Prozent mehr als im Vorquartal. Nur noch 19 statt 26 Prozent glauben, dass sich daran etwas positiv verändert. Entsprechend planen bereits 36 Prozent der Befragten einen Stellenabbau.

Noch dramatischer ist Entwicklung im Großhandel: So schlecht wie im 3. Quartal 2024 fiel die Lageeinschätzung der Unternehmen zuletzt 2010 aus. Besonders der produktionsverbindende Großhandel beklagt schwache Geschäfte. Aber auch im konsumnahen Großhandel bleiben die Bestellungen aus. 62 Prozent der Großhändler (Vorquartal 42 Prozent) melden einen Bestellrückgang in den zurückliegenden drei Monaten. Mit 54 Prozent mehr als verdoppelt hat sich die Zahl der Unternehmen, die pessimistisch in die Zukunft blicken.

Auch im Einzelhandel hat sich die Situation nicht verbessert. Elke Döring: „Löhne und Kaufkraft steigen, die Inflation sinkt – und trotzdem sind die Menschen so verunsichert, dass sie ihr Geld weiter zusammenhalten.“ In Zahlen heißt das: Kein einziger Einzelhändler der Umfrage bezeichnet das Kaufverhalten der Kundschaft als kauffreudig, während es mehr als die Hälfte als zurückhaltend einstuft. Entsprechend bewertet nur noch ein Fünftel (Vorquartal 24 Prozent) den aktuellen Geschäftsverlauf als gut. Hauptrisiken sind neben der mangelnden Nachfrage der Fachkräftemangel und die hohen Energiepreise.

Einigermaßen stabil geblieben ist das Stimmungsbild im Baugewerbe. Obwohl nur noch sechs Prozent der Betriebe (Vorquartal 19 Prozent) von steigenden Auftragseingängen berichten, bezeichnet ein Drittel (Vorquartal 24 Prozent) den Geschäftsverlauf als gut. Dabei gibt es innerhalb der Branche zwei unterschiedliche Entwicklungen. Während im öffentlichen Hochbau und im Wohnungsbau die Auftragseingänge nicht mehr ganz so schwach wie im Vorquartal ausfallen, gehen die Zahlen im Straßen- und Tiefbau sowie im gewerblichen Hochbau nach unten. Insgesamt hat sich mit Blick auf die künftige Entwicklung die Zahl der Pessimisten von 49 auf 28 Prozent verringert.

Im Branchenvergleich am positivsten bewerten die Dienstleister ihre Lage, auch wenn mehr Dienstleister als im Vorquartal von einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage berichten. Ein Fünftel ist unzufrieden (Vorquartal 14 Prozent). Auch im Dienstleistungssektor fehlen Aufträge: Bei 38 Prozent der Dienstleister geht das Auftragsvolumen zurück, im Vorquartal waren es nur 19 Prozent. Dabei schätzen die Unternehmens- und ITK-Dienstleister ihre Lage positiver ein als das Verkehrsgewerbe und die Arbeitnehmerüberlassung.

Das Hotel- und Gaststättengewerbe leidet anhaltend unter hohen Kosten und Fachkräftemangel. Abhilfe ist nicht in Sicht: Entsprechend hat sich die Zahl der Betriebe, die gut besucht werden, gegenüber dem Vorquartal mehr als halbiert (auf zwölf Prozent). Allerdings sind auch nur noch 19 statt 26 Prozent mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden. Knapp ein Drittel (31 Prozent) geht davon aus, dass sich die Geschäftsentwicklung weiter verschlechtert.

„Unsere Unternehmen sind krisenfest und standorttreu. Aber das hat seine Grenzen, wenn sie nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Das können sie aber nur sein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und sie sich auf eine klare wirtschaftspolitische Agenda verlassen können. Die gibt es nicht – und wenn sie nicht schnell kommt, dann gefährdet das den Standort Heilbronn-Franken von Monat zu Monat mehr“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin abschließend.  

Info: An der Konjunkturumfrage der IHK Heilbronn-Franken haben sich 343 Betriebe aller Branchen und Größen mit rund 80.500 Beschäftigten beteiligt.

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