Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt. Und das hat ganz unterschiedliche Gründe. Warum es immer besser ist, so früh wie möglich zu handeln, wenn das Unternehmen in Schieflage gerät, erklären die Ecovis-Experten.

Ging die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland in den vergangenen Jahren seit 2010 kontinuierlich zurück, zeigen aktuelle Daten wieder in eine andere Richtung: Im Jahr 2022 mussten 14.600 Unternehmen Insolvenz anmelden, das waren rund 600 mehr als im Vorjahr 2021. Und dieser Trend setzt sich fort: Seit Juni 2023 sind nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes durchgängig zweistellige Zuwachsraten bei der Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland im Vorjahresvergleich zu beobachten (etwa Dezember 2023 um 12,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat).

Warum Unternehmen in Schieflage geraten

Aber warum jetzt diese Trendumkehr? „Das hat ganz unterschiedliche Gründe“, erklärt Holger Fischer, Unternehmensberater bei Ecovis in Nürnberg. „Zum einen gibt es noch immer Nachholeffekte aus den Coronajahren, in denen die Insolvenzantragspflicht zwischenzeitlich ausgesetzt war. Aber auch die weiter anhaltenden Lieferkettenprobleme, die steigende Inflation und neue Herausforderungen wie die Energiekrise oder der Personalmangel in einigen Branchen machen Unternehmen zu schaffen.“ Sein Kollege Armin Weber, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in München, ergänzt: „Auch branchenspezifische Probleme, anhaltende Preissteigerungen, Lieferengpässe, gestiegene Zinsen und ein restriktiveres Verhalten bei den Banken führen Unternehmen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit.“

Insolvenz: ein Zeichen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit

Von einer Insolvenz spricht man, wenn ein Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Dann muss ein Insolvenzantrag bei Gericht gestellt werden. Auf Grundlage der Insolvenzordnung gilt es, einen Ausgleich zwischen Schuldnern und Gläubigern zu schaffen. „Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es wichtig, dass insolvente Unternehmen möglichst schnell aus dem Markt ausscheiden, um den Schaden für andere Marktteilnehmer möglichst klein zu halten“, erklärt Unternehmensberater Fischer.

Was auch immer die Gründe für eine mangelnde Liquidität sein mögen: „Letztendlich zeigt sich, dass das Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist“, stellt Fischer nüchtern fest. „Für den einzelnen Unternehmer ist das oft eine bittere Erkenntnis.“ Umso wichtiger aber sei der Zeitpunkt dieser Erkenntnis: „Denn wer rechtzeitig erkennt, dass sein Unternehmen in Schieflage gerät, kann auch gegensteuern.“

Vorsorge treffen

Voraussetzung dafür ist in erster Linie eine ordentliche Planung sowohl für das laufende Geschäftsjahr als auch längerfristig. Gründliche Analysen ermöglichen es, rechtzeitig auf Abweichungen vom Plan zu reagieren. Fischer betont dabei auch die wichtige Rolle einer transparenten Kommunikation: „Sprechen Sie mit Lieferanten, Kunden und Ihren Angestellten über den Ernst der Lage. So lassen sich häufig Lösungen finden, die im Interesse aller sind.“ Ist das Unternehmen in einer Schieflage, kann eine Restrukturierung, also eine grundlegende Überarbeitung des Geschäftsmodells, helfen. „Nicht zu handeln, ist keine Option“, sagt Ecovis-Steuerberater Weber. Auch, weil sich Unternehmer sonst im schlimmsten Fall der Insolvenzverschleppung schuldig machen.

Am besten ist es allerdings immer, es gar nicht so weit kommen zu lassen – da sind sich die Ecovis-Experten einig: „Wer das Heft in der Hand behält, fährt stets besser“, sagen beide Berater. Denn in einer Insolvenz geht es immer darum, die guten Teile zu verkaufen und in ein neues Unternehmen zu überführen. Und das kostet Geld. „Wer Zugang zu solchen finanziellen Mitteln hat, sollte sie lieber früher einsetzen“, rät Fischer.

Verkauf aus der Insolvenz

Übernimmt der Insolvenzverwalter, bestimmt er nach Rücksprache mit den Gläubigern über den Verkauf. „Ein Share-Deal, also der Verkauf von Unternehmensanteilen, gleicht aus Käufersicht eher dem Kauf einer Wundertüte. Das scheidet also in den meisten Fällen aus“, erklärt Wirtschaftsprüfer Weber. In der Regel kommt es deshalb zu einem Asset-Deal. Das bedeutet, dass Wirtschaftsgüter (Assets) wie Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen, Rechte oder Patente einzeln verkauft werden

Bei der Insolvenz in Eigenverwaltung bleibt dem Unternehmer zwar noch die Möglichkeit, die Insolvenzmasse selbst zu verwalten – allerdings ebenfalls nur unter Aufsicht eines Sachverwalters. Voraussetzung hierfür ist, dass der Unternehmer den Antrag selbst stellt und ein eigenes Konzept vorlegt. „Wir können bei der Anfertigung eines Sanierungsgutachtens unterstützen, machen das aber lieber, solange der Unternehmer tatsächlich noch das Heft ganz in der Hand hält – also vor einer Insolvenz“, resümiert Ecovis-Wirtschaftsprüfer Weber.

Worauf Käuferinnen und Käufer von (insolventen) Unternehmen achten sollten

  • Prüfen Sie die Risiken im Rahmen einer Due Diligence gründlich.
  • Lassen Sie sich vor einem Kauf von Steuerberatern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern beraten.
  • Behalten Sie Einzelrisiken aus Verträgen und Vermögenswerten im Blick.
  • Auch ein geringer Kaufpreis hat seinen Grund: Analysieren Sie gründlich, ob es einen Markt für das Wirtschaftsgut gibt.
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