Der dritte Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zeigt: Die „Apps auf Rezept“ kommen langsam in der Versorgung an. Im Berichtszeitraum vom 1. September 2020 bis 30. September 2023 wurden rund 374.000 DiGA in Anspruch genommen. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat dafür 113 Millionen Euro bezahlt. Damit haben sich im Vergleich zum Vorjahr Inanspruchnahme und Ausgaben mehr als verdoppelt. Bei der Mehrzahl der DiGA gelingt es jedoch nach wie vor nicht, einen positiven Effekt auf die Versorgung der Patientinnen und Patienten nachzuweisen. Gleichzeitig steigen die Preise weiterhin. Der durchschnittliche Herstellerpreis bei Aufnahme für eine DiGA im ersten Jahr erhöhte sich gegenüber dem ersten Berichtsjahr um knapp 46 Prozent auf 593 Euro. 

„Die Bilanz zu den DiGA ist von Ernüchterung geprägt. Auch im dritten Jahr nach ihrer Einführung lösen die Gesundheits-Apps nicht ihr Versprechen ein, die gesundheitliche Versorgung grundlegend zu verbessern. Dabei könnten DiGA Bindeglied sein zwischen Patientinnen und Patienten, Ärzteschaft, zwischen Sektoren und unterschiedlichen Fachrichtungen. Der Schlüssel für den Erfolg der DiGA ist ihr Nutzen. Aber der unverändert hohe Anteil von Anwendungen, die aufgrund ihres unklaren Nutzens nur zur Probe gelistet sind, sorgt für Unsicherheit und mangelnde Akzeptanz sowohl bei der verordnenden Ärzteschaft als auch bei Patientinnen und Patienten. Hinzu kommen die weiter steigenden Herstellerpreise. Es kann zudem nicht sein, dass ein Unternehmen für eine DiGA im ersten Jahr der Einführung 2.000 Euro und damit das Zehnfache des Durchschnitts der verhandelten Preise ab dem zweiten Jahr aufruft. Und das, obwohl nicht einmal nachgewiesen ist, dass die Anwendung den Patientinnen und Patienten überhaupt etwas nutzt. Das Geld der Beitragszahlenden soll in eine bessere Versorgung fließen und keine Wirtschaftsförderung finanzieren“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband.

Steigende Quote fehlender Nutzennachweise 
Es verfestigt sich die Entwicklung, dass bei der Aufnahme von DiGA in das DiGA-Verzeichnis durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) häufig der Nutzennachweis fehlt. Dadurch werden sie nicht dauerhaft, sondern nur zur Probe aufgenommen, müssen aber trotzdem von den Krankenkassen voll bezahlt werden.

Der Bericht zeigt, dass insgesamt der Anteil der DiGA, die bei ihrer Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog bereits einen Nutzen nachweisen konnten, stark gesunken ist. Während im ersten und zweiten Berichtsjahr jeweils ein Viertel der neu zugelassenen DiGA einen Nutzen vorweisen konnten, war dies im Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis 30. September 2023 lediglich eine einzige von 19 aufgenommenen DiGA. Im gesamten Berichtszeitraum konnte damit nur jede fünfte DiGA zu Beginn ihrer Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis einen Nutzen für die Patientinnen und Patienten nachweisen.

Steigende Preise
Trotz des hohen Anteils von DiGA mit fehlendem Nutzen steigen die Preise. Im ersten Jahr nach Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog können die herstellenden Unternehmen beliebig hohe Preise für die DiGA festlegen. Diese müssen von der gesetzlichen Krankenversicherung für diesen Zeitraum erstattet werden, unabhängig davon, ob ein Nutzen nachgewiesen wurde oder nicht. Im ersten Berichtsjahr vom 1. September 2020 bis 30. September 2021 waren die Herstellerpreise bei Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis im Durchschnitt bei 407 Euro gestartet. Die Startpreise der neu aufgenommenen DiGA lagen im zweiten Berichtsjahr bei durchschnittlich 557 Euro und im dritten Jahr bei 593 Euro. 

Dem gegenüber stehen die zwischen den Herstellern und dem GKV-Spitzenverband vereinbarten Vergütungsbeträge, die ab dem 13. Monat nach Zulassung gelten. Bis einschließlich September 2023 sind 16 Vergütungsbeträge in Kraft getreten. Sie liegen im Durchschnitt bei 221 Euro pro Quartal und damit bei weniger als der Hälfte der beliebig festgesetzten Herstellerpreise im ersten Jahr.

Der Bericht zeigt, dass die beliebige Preisfestsetzung bei den DiGA zu einer mangelnden Wirtschaftlichkeit führt. Insbesondere die Preishöhe von DiGA auf Probe ist unangemessen und unverhältnismäßig gegenüber der Vergütung anderer Leistungen der GKV und DiGA mit einem nachgewiesenen Nutzen. 

Update notwendig
Damit DiGA die Versorgung der Patientinnen und Patienten maßgeblich verbessern, braucht es drei zentrale Anpassungen bei den Rahmenbedingungen:

  1. Für einen klaren Patientennutzen muss eine hohe Qualität des Angebots gewährleistet sein. Es dürfen ausschließlich DiGA mit nachgewiesenem medizinischen Nutzen und echten Mehrwerten aufgenommen werden. Zulassungsregeln und Rahmenbedingungen müssen mit anderen Leistungsbereichen harmonisiert werden.
  2. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit muss gewahrt werden. Mit dem ersten Tag der Aufnahme in die Versorgung müssen angemessene, am Patientennutzen orientierte Preise gelten. Mit Beitragsgeldern darf keine Wirtschaftsförderung betrieben werden.
  3. DiGA müssen in die Versorgungspfade integriert werden. Dafür muss das Digitalisierungspotenzial bei der Behandlung und der Vernetzung über Leistungssektoren hinweg genutzt werden.
Über GKV-Spitzenverband

Der GKV-Spitzenverband mit Sitz in Berlin ist der Verband aller gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Als solcher gestaltet er den Rahmen für die gesundheitliche Versorgung in Deutschland; er vertritt die Kranken- und Pflegekassen und damit auch die Interessen der 73 Millionen Versicherten und Beitragszahlenden auf Bundesebene gegenüber der Politik und gegenüber Leistungserbringenden wie der Ärzte- und Apothekerschaft oder Krankenhäusern. Der GKV-Spitzenverband übernimmt alle nicht wettbewerblichen Aufgaben in der Kranken- und Pflegeversicherung auf Bundesebene. Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V.

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