Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute in einer wegweisenden Entscheidung die Rechte von Verbrauchern im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugleasing und -krediten präzisiert. Die Urteile C-38/21, C-47/21 und C-232/21 betreffen die Frage des Widerrufsrechts von Verbrauchern, die Leasing- oder Kreditverträge im Hinblick auf den Kauf eines Fahrzeugs abgeschlossen haben, ohne angemessen über ihre Rechte und Pflichten informiert worden zu sein.

Im Fokus stand die Klarstellung, dass im Falle eines Leasingvertrags über ein Kraftfahrzeug ohne Kaufverpflichtung kein Widerrufsrecht für den Verbraucher besteht, während dieser im Fall eines Kreditvertrags im Hinblick auf den Fahrzeugkauf sein Widerrufsrecht geltend machen kann, sofern ihm nicht vollständige und korrekte Informationen übermittelt wurden. Der Widerruf ist möglich, solange der Vertrag noch nicht vollständig erfüllt wurde.

Die Streitfälle vor dem Landgericht Ravensburg in Deutschland betrafen Verbraucher, die Leasing- oder Kreditverträge mit Banken von Automobilherstellern wie BMW Bank, Volkswagen Bank und Audi Bank wirksam widerrufen wollten. Insbesondere ging es um Leasingverträge ohne Kaufverpflichtung und Finanzierungen von Gebrauchtwagen.

Die Verbraucher argumentierten, dass sie nicht ausreichend über ihre Rechte und Pflichten informiert wurden und daher die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen begonnen habe. Die Banken hingegen bezeichneten einen Widerruf nach mehreren Monaten oder Jahren als rechtsmissbräuchlich.

Der EuGH stellte fest, dass bei einem Leasingvertrag, bei dem der Verbraucher nicht verpflichtet ist, das Fahrzeug am Ende der Leasingperiode zu kaufen, kein Widerrufsrecht besteht. Hingegen beginnt die Widerrufsfrist von 14 Tagen bei Kreditverträgen erst, wenn die vom Unternehmer bei Vertragsschluss erteilten Informationen vollständig und korrekt sind. Die Ausübung des Widerrufsrechts nach Ablauf dieser Frist gilt nicht als missbräuchlich, wenn die unvollständigen Informationen die Entscheidung des Verbrauchers beeinflusst haben.

Die Entscheidung des EuGH schützt somit die Verbraucher vor unzureichender Informationsbereitstellung seitens der Unternehmer und stärkt ihre Rechte im Zusammenhang mit Kredit- und Leasingverträgen.

Kommentar:

Die jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu den Urteilen C-38/21, C-47/21 und C-232/21 markieren einen bedeutenden Schritt zur Stärkung der Verbraucherrechte im Bereich der Kraftfahrzeugleasing- und -kreditverträge. Die Klarstellung, dass Verbraucher, die unzureichend über ihre Rechte und Pflichten informiert wurden, ihr Widerrufsrecht geltend machen können, ist ein wichtiger Schutzmechanismus.

Insbesondere die Unterscheidung zwischen Leasingverträgen ohne Kaufverpflichtung und Kreditverträgen im Hinblick auf den Fahrzeugkauf bringt eine dringend benötigte Klarheit in eine rechtliche Grauzone. Ein Verbraucher, der einen Leasingvertrag über ein Fahrzeug ohne Verpflichtung zum Kauf abschließt, hat demnach kein Widerrufsrecht. Hingegen kann ein Widerruf bei Kreditverträgen bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags erklärt werden, wenn die Informationen bei Vertragsschluss unvollständig oder fehlerhaft waren.

Diese Entscheidungen bieten einen Schutzmechanismus für Verbraucher, die oft in komplexen Vertragsverhältnissen mit Banken von Automobilherstellern involviert sind. Die Klarstellung, dass ein Widerruf nicht als missbräuchlich gilt, wenn unvollständige Informationen die Entscheidung des Verbrauchers beeinflusst haben, ist besonders wichtig.

Es bleibt abzuwarten, wie diese Urteile auf nationaler Ebene umgesetzt werden und welche Auswirkungen sie auf ähnliche Rechtsstreitigkeiten haben werden. Insgesamt jedoch signalisieren sie einen Schritt in Richtung einer ausgewogeneren Rechtsprechung im Interesse der Verbraucher.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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